Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Mietendeckel  →  Informationen


Keine konkludente Zustimmung „unter Vorbehalt“
Mietendeckel tangiert kein Erhöhungsverlangen vor dem Stichtag
10.09.2020 (GE 16/2020, S. 1025) Leistet der Mieter nach Zugang eines auf § 558 BGB gestützten Mieterhöhungsverlangens die erhöhte Miete „unter Vorbehalt“, liegt darin regelmäßig keine konkludente Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung. Das Gesetz über den „Mietendeckel“ (MietenWoG Bln) hat nach seinem Sinn und Zweck auf die gerichtliche Entscheidung über ein vor dem Stichtag des 18. Juni 2019 ausgebrachtes Mieterhöhungsverlangen keine Auswirkungen.
Der Fall: Die Vermieterin klagt auf Zustimmung zu einer vor dem Stichtag des Mietendeckels verlangten Mieterhöhung. Der Mieter (Beklagte) hat zwar gezahlt, aber „unter Vorbehalt“. Noch in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2020 hat er außerdem ausdrücklich erklärt, dass er mit der Zahlung der erhöhten Miete unter Vorbehalt keine Zustimmung zu dem Erhöhungsverlangen erteilen wollte. Das AG hatte den Beklagten zur Zustimmung verurteilt. Das LG sah das in einem Hinweisbeschluss auch so.

Der Beschluss: Es liege weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Zustimmung des Beklagten zum Mieterhöhungsverlangen vor. Aus den erfolgten Zahlungen der erhöhten Miete lasse sich vorliegend aufgrund des erklärten Vorbehalts keine konkludente Zustimmung entnehmen, auch wenn die Mietzahlungen bereits zuvor über einen längeren Zeitraum unter Vorbehalt erfolgt seien.
Das erst am 23. Februar 2020 in Kraft getretene Gesetz über den „Mietendeckel“ (MietenWoG Bln) stehe dem Zustimmungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Die von der Zivilkammer 67 in ihrem Vorlagebeschluss vom 12. März 2020 vertretene Gesetzesauslegung (vgl. GE 2020, 468 ff. [juris]) messe dem MietenWoG Bln eine echte Rückwirkung bei, die vorliegend zur Folge hätte, dass der Klägerin eine bereits zur Anwartschaft erstarkte Rechtsposition entschädigungslos entzogen würde. Die Klägerin habe formwirksam und fristgerecht den Anspruch auf Erhöhung der Miete geltend gemacht, dem sich der Beklagte nach den geltenden Gesetzen nicht mehr entziehen konnte, und zwar zu einem Zeitpunkt, der nicht nur lange vor Inkrafttreten des Gesetzes lag, sondern auch vor dem Stichtag des 18. Juni 2019, an dem Eckpunkte des Gesetzesvorhabens bekannt gemacht wurden. Eine solche echte Rückwirkung habe aber der Berliner Landesgesetzgeber, schon wegen des allein daraus fließenden zusätzlichen Risikos, dass das Gesetz einer verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht standhalten werde, ganz sicher nicht beabsichtigt. Vielmehr habe der Landesgesetzgeber nur nach dem „Stichtag“ gestellten Mieterhöhungsverlangen entgegenwirken wollen, ohne bereits erworbene Eigentumspositionen zu entziehen oder in schon zu deren Durchsetzung laufende Gerichtsverfahren einzugreifen.
Aus der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, GE 2020, 798) folge weiterhin, dass auch ein vor dem gesetzlich festgelegten Stichtag des 18. Juni 2019 erklärtes und zum 1. September 2019 wirksam werdendes Mieterhöhungsbegehren nicht unter den zeitlichen Anwendungsbereich des MietenWoG Bln falle.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 1069 und in unserer Datenbank.


Links: