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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Kein Anspruch auf unmittelbare Erstattung der Aufwendungen für das gemeinschaftliche Eigentum
Heillos zerstrittene Zweier-WEG ohne bestellten Verwalter
22.02.2021 (GE 2/2021, S. 94) Auch in einer (zerstrittenen) Zweier-WEG ohne Verwalter, in der wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, kann ein Eigentümer vom anderen Eigentümer keine unmittelbare (anteilige) Erstattung von für das Gemeinschaftseigentum getätigten Aufwendungen verlangen. Entsprechendes gilt, wenn der andere Eigentümer zwischenzeitlich aus dem Verband ausgeschieden ist und er für während seiner Zugehörigkeit zur WEG entstandene oder während dieses Zeitraums fällig gewordene Verbindlichkeiten der WEG in Anspruch genommen werden soll.
Der Fall: Der Kläger gehört einer aus drei Einheiten bestehenden WEG an. Zwei Einheiten gehören ihm; die weitere Einheit mit 41,6 % Miteigentumsanteilen steht seit Dezember 2015 im Eigentum der an der Revision nicht beteiligten Beklagten zu 1 und 2. Sie haben die Wohnung im Oktober 2015 von der Beklagten zu 3 gekauft. Laut Kaufvertrag müssen sie ihr Stimmrecht für Angelegenheiten aus der Zeit vor dem Kaufdatum einvernehmlich mit dem Beklagten zu 3 ausüben. Seit 2013 ist die WEG ohne Verwalter. Über ein Konto verfügte die Gemeinschaft seitdem bis zu dem Erwerb der Beklagten zu 1 und 2 nicht. Ein vom Gesetz abweichendes Stimmrecht ist nicht vereinbart. Das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3 ist heillos zerrüttet. Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten zu 3 nach dem Verhältnis ihres früheren Miteigentumsanteils Ersatz von 41,6 % seiner Zahlungen, die er im Jahre 2014 auf Verbindlichkeiten der WEG gegenüber Versorgungsunternehmen geleistet hat. Von dem geltend gemachten Zahlungsbetrag von 1.625,24 € hat ihm das AG unter Klageabweisung im Übrigen 110,67 € zugesprochen. Die von dem Kläger in Höhe der Differenz von 1.514,57 € eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben, ebenso die zugelassene Revision.

Das Urteil: Ein anteiliger Ausgleichsanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 3 als frühere Miteigentümerin für die Aufwendungen, die er im Jahre 2014 während der Zugehörigkeit der Beklagten zu 3 zur Gemeinschaft getätigt hat, kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Es handelt sich um Verbindlichkeiten der WEG.
Erfüllt der Wohnungseigentümer eine gesamtschuldnerisch zu tragende Abgabenschuld aus eigenen Mitteln, steht ihm ein Erstattungsanspruch nur gegen die Gemeinschaft zu. Auch in einer Zweiergemeinschaft, in der ein Verwalter nicht bestellt ist und in der wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind, kann der Eigentümer, der Verbindlichkeiten des Verbands getilgt hat, von dem anderen Eigentümer nicht unmittelbar anteilige Erstattung seiner Aufwendungen verlangen. Wird ein aus Sicht eines Wohnungseigentümers erforderlicher Beschluss nicht gefasst, ist hier die Beschlussersetzungsklage die richtige Klageart.

Anmerkung: Wenn ein Wohnungseigentümer eigenmächtig Arbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführen lässt, steht ihm kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu. Dies gilt selbst dann, wenn die vom Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen. Die Wohnungseigentümer haben nämlich im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung einen Gestaltungsspielraum. Auch in dem jüngsten (am 1. Dezember 2020) in Kraft getretenen Reformgesetz hat eine Sonderbehandlung von Zweiergemeinschaften keinen Ausdruck gefunden. Ein Direktanspruch des die Verbindlichkeiten des Verbands tilgenden Wohnungseigentümers scheidet auch dann aus, wenn der andere Eigentümer zwischenzeitlich aus dem Verband ausgeschieden ist. Auch wenn es künftig noch nachträglich zu einer Beschlussfassung für das Abrechnungsjahr 2014 käme, in dem die Aufwendungsersatzansprüche des Klägers nach seinem Vorbringen entstanden sein sollen, hätte dies nicht die anteilige Haftung der Beklagten zu 3 für diese Ansprüche zur Folge. Eine Ausgabe entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verbindlichkeit bewirkt. Da dies bezogen auf die Ansprüche des Klägers im Jahre 2014 nicht der Fall war, scheidet eine Aufnahme in die entsprechende Jahresabrechnung aus. Erst wenn der Verband zahlen würde, entstünde eine Ausgabe, die in der aktuellen Jahresabrechnung zu verbuchen wäre und für die nach der Fälligkeitstheorie die Erwerber (nämlich die Beklagten zu 1 und 2) hafteten, nicht jedoch die Beklagte zu 3.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 128 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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