Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Streitwert bei mehreren Klägern
WEG-Prozesse können teuer werden
05.08.2019 (GE 13/2019, S. 836) Der Streitwert in Wohnungseigentumssachen ist auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten und in keinem Fall den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen. Bei mehreren Klägern entspricht der Verkehrswert des Wohnungseigentums, der die absolute Obergrenze bildet, der Summe der Einzelverkehrswerte der Wohnungseigentumsrechte aller klagenden Wohnungseigentümer.
Der Fall: Mit Beschluss vom 24. Oktober 2018 hat der BGH die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LG Dortmund vom 28. Februar 2017 auf deren Kosten als unzulässig verworfen und den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens auf 167.200 € festgesetzt. Hiergegen erhebt der Kläger zu 1 eine Gegenvorstellung mit der Begründung, der Beschwerdewert sei lediglich auf 5.000 € festzusetzen.

Die Entscheidung: Die zulässige Gegenvorstellung ist unbegründet. Es besteht kein Grund, den Beschwerdewert herabzusetzen. Dieser beruht auf den sich aus dem angegriffenen Urteil des LG Dortmund ergebenden Werten zu den einzelnen Streitgegenständen, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren, wobei auch die Obergrenze des Fünffachen des Wertes der Einzelinteressen der Kläger nicht überschritten worden ist.
Die Frage, wie die Obergrenze des § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG bei mehreren Klägern zu bestimmen ist, wird zwar unterschiedlich beantwortet. Der BGH hat die Frage bislang offengelassen, beantwortet sie aber jetzt dahin, dass die Summe der Einzelverkehrswerte der Wohnungseigentumsrechte aller klagenden Wohnungseigentümer ausschlaggebend ist. Der in der Gesetzesvorschrift verwandte Begriff des Klägers meint nicht den speziellen individuellen Kläger, sondern ist im Sinne von Klagepartei zu verstehen. Schon in der genannten Norm wird ausdrücklich in kumulativer Form auch das Wohnungseigentum der auf der Klägerseite Beigetretenen genannt. Wenn die auf diese entfallenden Verkehrswerte des Wohnungseigentums hinzuzurechnen sind, muss dies erst recht bei mehreren Klägern gelten. Dass die Summe der Einzelverkehrswerte der Wohnungen der Kläger zu 1 und 2 niedriger ist als der vom BGH festgesetzte Gegenstandswert, lässt sich nicht feststellen. Das Gericht muss diesen schätzen, wobei es Sache der Partei ist, die für die Schätzung erforderlichen Tatsachen vorzutragen. Ausführungen zu dem Wert der Wohnung der Klägerin zu 2 hat der Kläger zu 1 überhaupt nicht gemacht und den behaupteten Verkehrswert seiner eigenen Wohnung in Höhe von 5.000 € lediglich mit der Einschätzung eines Sachverständigenbüros belegt.

Anmerkung: Unter sorgfältiger Auswertung der Gesetzesmaterialien zur WEG-Reform 2007 wägt der BGH die abweichenden Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur dahin ab, dass weder der höchste Einzelverkehrswert noch der niedrigste maßgebend ist. Der einzelne Kläger wird bei einer Addition der Einzelinteressen wie auch bei der Addition der Verkehrswerte des Wohnungseigentums aller klagenden Wohnungseigentümer nicht mit einem Kostenrisiko belastet, das außer Verhältnis zu seinem Interesse an dem Verfahren steht. Das Kostenrisiko wird durch die Gebührendegression bei einem steigenden Streitwert, die Möglichkeit einer Mehrfachvertretung durch einen Prozessbevollmächtigten sowie durch die Verteilung der Kosten im Innenverhältnis der Kläger abgefedert. Wichtig ist ferner der Hinweis des BGH, dass es Sache des Klägers ist, dem Gericht die für die Schätzung erforderlichen Tatsachen substantiiert zu unterbreiten, wobei vage Hinweise nicht ausreichen. Kurioserweise hat der Kläger auch vorgetragen, dass vom Streitwert die Kosten für die Fertigstellung der relativ kleinen Ferienwohnung abgezogen werden müssten, weil es an einem Balkon fehle, und dies den Wert entscheidend mindere.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 862 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Anwaltskanzlei Dittert


Links: