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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Gestattungen in der Teilungserklärung dürfen nicht ausgedehnt werden
Bauliche Veränderungen an Restaurant mit Terrasse
06.07.2016 (GE 12/2016, S. 765) Überschreiten Gewerbetreibende ihre baulichen Befugnisse aus der Teilungserklärung, können sie auf Rückbau in Anspruch genommen werden.
Der Fall: Die Beklagten betreiben in ihrem Teileigentum eine Pizzeria mit einem Vorgarten. Nach der Teilungserklärung dürfen sie eine Markise über die gesamte Hausfront erstreckt anbringen; ferner ist ihnen ein Sondernutzungsrecht an dem Kaminzug Nr. 5 eingeräumt. Sie haben jedoch den Vorgarten auch seitlich durch Fenster zum Schutz der Gäste eingefasst. Ferner haben sie einen überdimensionierten Pizzaofen an den Kaminzug Nr. 7 angeschlossen. Eine inzwischen aus der WEG ausgeschiedene Wohnungseigentümerin verlangt die Beseitigung dieser Umbauten. Das AG hat die Klage teilweise abgewiesen. Hiergegen die Berufung an das LG.

Das Urteil: Mit Erfolg! Die Rückbauansprüche bestehen. Insbesondere die Anbringung der Scheiben am Vorgarten und die Inanspruchnahme des ihnen nicht überlassenen Kaminzugs Nr. 7 stellen bauliche Veränderungen dar, die der Zustimmung durch die Wohnungseigentümer bedürfen, woran es hier aber fehlt.
Bei einer erheblichen optischen Veränderung des Gesamteindrucks ist, wie der BGH (BGHZ 196, 45 = GE 2013, 273) ausdrücklich betont, regelmäßig ein Nachteil anzunehmen.
Die in der Teilungserklärung enthaltene Befugnis, eine Markise anzubringen, deckt nicht die seitliche Einfassung des Vorgartens durch Fenster. Die Teilungserklärung hat den Beklagten lediglich ein Sondernutzungsrecht am Kaminzug Nr. 5 eingeräumt, den die Beklagten für ihre Pizzeria unbeschränkt nutzen könnten. Daraus folgende Beeinträchtigungen würden, weil sie von der Erlaubnis der Teilungserklärung gedeckt wären, keine Beeinträchtigungen im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG darstellen. Die Brennleistung des Pizzaofens mit 42,5 kW liegt aber deutlich über der Brennstoffleistung von normalen Kaminöfen. Der Anspruch ist nicht verjährt, weil die Verjährung mit dem Weiterbetrieb jeweils neu zu laufen beginnt.

Anmerkung: Das LG bestätigt die Rechtsprechung, dass die Verjährungsfrist jeweils neu zu laufen beginnt, wenn bauliche Veränderungen weitergeführt und noch ausgedehnt werden. Den überdimensionierten Pizzaofen werden die Beklagten nun freilich an den Kaminzug Nr. 5 anschließen, was ihnen durch die Teilungserklärung erlaubt
ist. Das LG hat ferner darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihr Wohnungseigentum zwar zwischenzeitlich verkauft hat und die Umschreibung im Grundbuch vollzogen ist. Nach § 265 ZPO ist sie aber weiterhin zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt. Nach § 266 ZPO hätten die Beklagten verlangen können, dass der Erwerber den Rechtsstreit als Hauptpartei übernimmt, wovon sie aber keinen Gebrauch gemacht haben.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 795 und in unserer Datenbank)


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