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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


10 % Mietminderung wegen Legionellenbefalls
Befürchtung wegen Gesundheitsgefahr entfällt erst nach nachvollziehbarer Entwarnung
05.05.2022 (GE 8/2022, S. 392) Die berechtigte Befürchtung, der Legionellenbefall des Trinkwassers stelle eine Gesundheitsgefahr dar, rechtfertigt eine Minderung der Miete um 10 %. Eine darüber hinausgehende Minderung wäre nur dann berechtigt, wenn der Legionellenbefall eine tatsächliche Gefahr für die Gesundheit darstellen würde.
Der Fall: Die Kläger verlangen von der Beklagten Teilmietrückzahlung. Seit 2014 hat die Beklagte die Kläger immer wieder darüber informiert, dass bei einer Legionellenuntersuchung des Trinkwassers der technische Maßnahmewert der TrinkwasserVO überschritten worden sei. Die maximal in der gesamten Trinkwasserversorgungsanlage gemessene Konzentration von Legionellen lag bei Werten zwischen 700 KBE/100 ml und 11.800 KBE/100 ml. Daher bat die Beklagte die Kläger um vorbeugende Maßnahmen. Sie sollten Tätigkeiten, bei denen Warmwasser fein zerstäubt wird, vermeiden, das Wasser vor dem Duschen ablaufen lassen und Duschköpfe und -schläuche regelmäßig entkalken. Mit Schreiben vom 16. September 2020 kündigte die Beklagte den Einbau eines Sterilfilters für die Dusche an. Mit Schreiben vom 18. August 2021 forderten die Kläger die Beklagte auf, eine Mietminderung von 25 % zu bestätigen, da der Mietgebrauch allein durch die Überschreitung des technischen Maßnahmewertes der Trinkwasserverordnung und die damit verbundene Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung nicht unerheblich beeinträchtigt sei.

Das Urteil: Das Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben und eine Mietminderung um 10 % anerkannt. Den Anspruch auf Mietminderung um 25 % hat es abgelehnt, da zwar die Befürchtung einer Gesundheitsgefährdung berechtigt war, eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung jedoch nicht bestand.
Für die Annahme eines Mangels genügt es, wenn die Mietsache nur mit der Befürchtung einer Gefahr benutzt werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Nutzung der Trinkwasserversorgung zu einer tatsächlichen Gesundheitsgefährdung geführt hat. Da der technische Maßnahmewert nach Anlage 3 Teil II der Trinkwasserverordnung in Höhe von 100 KBE/100 ml überschritten war, war die Befürchtung einer legionellenbedingten Gesundheitsgefahr berechtigt. Die Berechtigung zu der Befürchtung entfällt erst, wenn der Mieter nachvollziehbar entwarnt worden ist. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass die Kläger nach den Empfehlungen der Beklagten seit nahezu vier Jahren nicht unerhebliche vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Grundsätzlich ist der Mieter dafür beweispflichtig, dass eine Gesundheitsgefährdung vorliegt und diese auch erheblich ist. Werden die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenzen oder Richtwerte nicht überschritten, ist die Beeinträchtigung nach § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB „in der Regel“ nur als unwesentlich anzusehen. Aber auch die Sorge um die Gesundheit kann bereits eine ausreichende Beeinträchtigung darstellen, wenn diese berechtigt ist.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 413 und in unserer Datenbank.


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