Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Auch bei ersatzlosem Gebäudeabriss?
Verwertungskündigung
17.03.2021 (GE 4/2021, S. 217) Die ordentliche Kündigung eines Wohnungsmietverhältnisses durch den Vermieter ist nur möglich, wenn ein berechtigtes Interesse nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Das ist nach Abs. 2 Ziff. 3 der Bestimmung „insbesondere“ dann anzunehmen, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werden würde. Hiermit befasst sich die Entscheidung des BGH in einem Fall, in dem es um den ersatzlosen Abriss eines maroden Nebengebäudes geht, in dem sich das Badezimmer der Mieter befindet.
Der Fall: Die Beklagten bewohnen seit Jahrzehnten eine in einem ehemaligen Landarbeiterhaus befindliche Wohnung, zu der ein im angebauten Seitenflügel liegendes Badezimmer gehört, zur Miete. Weil dieses nach der Behauptung des Klägers baufällig ist und aus statischen Gründen abgerissen werden müsse, kündigte er das Mietverhältnis ordentlich unter Hinweis darauf, dass der Anbau eines neuen Badezimmers etwa 26.000 € koste, was in Anbetracht der geringen Miete unwirtschaftlich und von ihm nicht „darstellbar“ sei. Das LG Braunschweig wies die Berufung des Klägers gegen das die Herausgabeklage abweisende Urteil des AG Braunschweig zurück; die zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Die Entscheidung: Soweit es die Verwertungskündigung als solche angehe, greife § 573 Abs. 2 Ziff. 3 BGB deshalb nicht ein, weil durch den beabsichtigten Abriss zwar Unkosten vermieden werden könnten, hierin aber keine für den Anwendungsbereich der Norm erforderliche Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Wertes liege. Das hindere aber nicht daran, die Wirksamkeit der Kündigung am Maßstab der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB (berechtigtes Interesse) zu beurteilen, wobei es allerdings darauf ankomme, ob das dort genannte berechtigte Interesse im konkreten Fall ebenso schwer wiege wie die in Abs. 2 der Bestimmung beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe (u. a. wirtschaftliche Verwertung). Insoweit sei eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls notwendig, wobei sich eine verallgemeinerungsfähige Betrachtungsweise wegen der Vielzahl möglicher Kündigungstatbestände verbiete. Diese Würdigung obliege in erster Linie dem Tatrichter, dessen Bewertungsergebnis vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden könne, ob es auf einer rechtsfehlerfrei gewonnenen Tatsachengrundlage beruhe, alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und den zutreffenden rechtlichen Maßstab angewandt habe. Das sei hier der Fall, weil das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt habe, dass dem Kläger bei Fortsetzung des Mietverhältnisses keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile entstünden. Zwar habe es nicht verkannt, dass die Kosten der Neuerrichtung des Bades nicht über die Miete amortisiert werden könnten. Es habe aber zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger nur einmalig einen in der Höhe überschaubaren Betrag aufwenden müsse und sich der Wert des Grundstücks nach Abriss des baufälligen Anbaus durch Anbau eines neuen Bades erhöhen werde. Dass er über entsprechende finanzielle Mittel nicht verfüge, habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 246 und in unserer Datenbank.


Links: