Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Kein Verzicht des Erwerbers auf Eigenbedarf
Kündigung in „Ausnahmefällen“
16.09.2020 (GE 16/2020, S. 1025) Der Erwerber tritt als Vermieter zu den bisherigen Bedingungen in den Mietvertrag ein. Das AG Schöneberg meint, eine Vereinbarung, dass nur in „besonderen Ausnahmefällen“ gekündigt wird, stellt keinen vertraglichen Verzicht auf eine Eigenbedarfskündigung dar.
Der Fall: Im Mietvertrag mit dem Wohnungsunternehmen hieß es, dieses werde nur in besonderen Ausnahmefällen bei wichtigen berechtigten Interessen kündigen. Nach Umwandlung zu Wohneigentum wurde das Haus einem Treuhänder übergeben, der in die Verträge mit Enderwerbern einen Verzicht auf Eigenbedarfskündigung aufnehmen sollte. Die Wohnung der Beklagten wurde später an die Klägerin weiterverkauft, die wg. Eigenbedarfs kündigte.

Das Urteil: Das AG Schöneberg gab der Räumungsklage statt. Die Bestimmung im Mietvertrag, wonach das Unternehmen nur ausnahmsweise kündigen werde, sei kein vertraglicher Verzicht auf Eigenbedarfskündigung. Wenn entgegen dem Kaufvertrag mit dem Wohnungsunternehmen der Käufer die Verpflichtung zum Verzicht auf Eigenbedarf nicht bei der Weiterveräußerung weitergegeben habe, begründe dies allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen ihn, nicht jedoch Ansprüche gegen die Klägerin, die an dem Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen sei. Da sie ein konkretes Interesse an der Eigennutzung habe, sei die Räumungsklage begründet.

Anmerkung der Redaktion: Käufer einer Eigentumswohnung sollte sich nicht auf das Urteil verlassen, denn ist steht im Gegensatz zur herrschenden Rechtsprechung, die es noch nicht einmal erwähnt. Ausgehend von dem Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe (WuM 1985, 77) nehmen viele Gerichte, auch der BGH (GE 2012, 889; GE 2013, 1584), an, dass eine solche Klausel eine „normale“ Eigenbedarfskündigung ausschließt, und dass der Mieter hier einen erhöhten Bestandsschutz hat, so dass Eigenbedarf nur für Ausnahmefälle angenommen werden kann, wozu die Nutzung – wie hier – als Zweitwohnung hier kaum ausreichen dürfte. Diese Auffassung wird auch vom Landgericht Berlin (GE 2012, 65; GE 2015, 1405; Urteil vom 13. März 2019 - 65 S 204/18, juris) vertreten sowie vom LG Frankenthal (Urteil vom 27. Juli 2005 - 2 S 119/05, juris).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 1071 und in unserer Datenbank.


Links: