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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Angemessene Abrechnungsfrist nach Mietende und Verwertungsbefugnis wegen streitiger Ansprüche
Mietkaution: BGH klärt einen weiteren mietrechtlichen Streitpunkt
30.09.2019 (GE 17/2019, S. 1074) Nach Ende des Mietverhältnisses muss der Vermieter über die erhaltene (Bar-) Kaution abrechnen. Gibt es hierfür feste Fristen? Wie kann die Abrechnung erfolgen, und dürfen auch streitige Forderungen verrechnet werden? Hiermit befasst sich die BGH-Entscheidung und klärt einen weiteren mietrechtlichen Streitpunkt.
Der Fall: Nachdem die Beklagten die Miete wg. zahlreicher von ihnen behaupteter Mängel gemindert hatten, kündigten sie das Mietverhältnis fristlos zum 28. Februar 2015 und verließen die Wohnung. Der Kläger leitete daraufhin ein selbständiges Beweisverfahren ein und vermietete die Wohnung anderweitig ab Juni 2015. Mit der Klage verlangt er, der über die zu Mietbeginn erhaltene Barkaution in Höhe von 1.680 € ausdrücklich bisher nicht abgerechnet hat, u. a. teils unstreitige, teils bestrittene Nebenkostennachforderungen in Höhe von 1.087,33 €. Nach Berufungseinlegung gegen das AG-Urteil machten die Beklagten wegen der nicht abgerechneten Kaution ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Nebenkostennachforderungen geltend mit der Folge, dass das LG die Forderungen insoweit als durch Aufrechnung erloschen ansah und die Klage unter Abänderung des AG-Urteils abwies. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in Höhe von 1.087,33 € weiter.

Die Entscheidung: Die Revision hatte keinen Erfolg. Auszugehen sei davon, dass sich der Vermieter nach Ende des Mietverhältnisses innerhalb angemessener, nicht allgemein bestimmbarer Frist gegenüber dem Mieter zu erklären habe, ob und welche Ansprüche er aus dem beendeten Mietverhältnis geltend machen werde. In einer solchen Erklärung liege zugleich die Abrechnung der Mietsicherheit, weil hierfür keine besondere Art und Weise vorgeschrieben sei und diese deshalb auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen könne. Hier sei die Abrechnung durch die klageweise Geltendmachung verschiedener Ansprüche erfolgt, weil der Kläger mangels eines entsprechenden Vorbehalts hierdurch zum Ausdruck gebracht habe, dass mit weiteren Forderungen nicht zu rechnen sei und sein Verwertungsinteresse sich auf die klageweise geltend gemachten Forderungen beschränke. Zugleich mit Zugang der Abrechnung sei die von den Beklagten geleistete Kaution auch zur Rückzahlung fällig geworden, sodass eine Aufrechnung möglich geworden sei, und zwar auch, soweit es streitige Forderungen des Vermieters betreffe. Insoweit schließe sich der Senat der in Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung an, weil es dem beiderseitigen Interesse von Vermieter und Mieter entspreche, das beendete Mietverhältnis so schnell wie rechtlich und tatsächlich möglich zu einem endgültigen Abschluss zu bringen.

Anmerkung: Auszugehen ist wohl davon, dass der Kläger bei der klageweisen Geltendmachung seiner Forderungen in keiner Weise an eine hiermit zugleich erfolgende Abrechnung der Kaution gedacht haben wird, ihm also das für die Abrechnungserklärung notwendige Erklärungsbewusstsein gefehlt haben dürfte. Hierauf geht der BGH nicht ein; er folgt wohl der heute herrschenden Meinung, wonach dem Erklärenden das „Erklärungsrisiko“ angelastet wird: Ein Verhalten, dass sich für den Erklärungsempfänger als Ausdruck eines bestimmten Rechtsfolgewillens darstellt, muss dem Erklärenden auch bei Fehlen eines entsprechenden Erklärungswillens zugerechnet werden. Das gilt auch bei schlüssigem Verhalten, wenn der Handelnde bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen musste, dass sein Verhalten vom Erklärungsempfänger als Willenserklärung aufgefasst werden könnte. Der BGH geht offenbar davon aus, dass eine solche Konstellation hier vorlag.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 1105 und in unserer Datenbank.
Autor: Hans-Jürgen Bieber


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