Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Anwendbar auch auf Gewerbemieter? Jein!
Räumungsverfügung im Rotlichtmilieu
06.05.2016 (GE 07/2016, S. 430) § 940 a ZPO lässt eine Räumungsverfügung ausdrücklich nur bei Wohnraum zu. Das bedeutet aber nicht – so das LG Krefeld –, dass eine einstweilige Verfügung auf Räumung gegen den Gewerbemieter (hier: aus dem ältesten Gewerbe der Welt) ausgeschlossen wäre.
Der Fall: Der Kläger hatte Räumlichkeiten an ein Unternehmen verpachtet, das dort einen Saunaclub betrieb. Nachdem das Pachtverhältnis beendet worden und im Juli 2015 ein Räumungsurteil gegen die Pächterin ergangen war, betrieb der Kläger die Räumungsvollstreckung auch gegen die Beklagte, die in einem der dortigen Zimmer ihr Gewerbe als Prostituierte ausübte. Die Zwangsvollstreckung wurde eingestellt, weil die Beklagte unter Vorlage eines als Wohnraummietvertrag bezeichneten Mietvertrages geltend machte, das Zimmer ab Januar 2015 angemietet zu haben. Der Kläger beantragte daraufhin den Erlass einer Räumungsverfügung mit der Behauptung, vom Mietverhältnis erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem Räumungsrechtsstreit erfahren zu haben.

Die Entscheidung: Das AG Kempen erließ die Räumungsverfügung nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Frage des Zeitpunkts der Kenntniserlangung durch den Kläger. Im Berufungsverfahren erklärten die Parteien den Rechtsstreit nach Räumung durch die Beklagte übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Das LG Krefeld legte der Beklagten die Kosten auf, weil diese im Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre. Ein Verfügungsanspruch
habe vorgelegen, weil die Beklagte nach Beendigung des Pachtverhältnisses zur Räumung nach § 546 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen sei.
Auch ein Verfügungsgrund habe vorgelegen, wobei dahinstehen könne, ob durch den Mietvertrag ein Wohnraum- oder Geschäftsraummietverhältnis begründet worden sei.
Sollte ein Wohnraummietverhältnis vorgelegen haben, folge der Verfügungsgrund ohne Weiteres aus § 940 a Abs. 2 ZPO. Sollte ein Geschäftsraummietverhältnis begründet worden sein, käme zwar § 940 a Abs. 2 ZPO weder in unmittelbarer noch analoger Anwendung in Betracht. Im Rahmen des § 940 ZPO könnten jedoch die in § 940a Abs. 2 ZPO enthaltenen Wertungen im Rahmen eines „Erst-Recht-Schlusses“ berücksichtigt werden: Wenn es gesetzlich möglich sei, dass ein Wohnraummieter seine grundgesetzlich geschützte Wohnung im Wege einer einstweiligen Verfügung verliere, müsse dies erst recht bei einem Gewerbemietverhältnis zulässig sein, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 940 a Abs. 2 ZPO vorlägen.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 461 und in unserer Datenbank)


Links: