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Spendenaffäre
23.02.2001 (GE 4/2001, 228) Daß Klaus-Rüdiger Landowsky, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus und gleichzeitig Vorstand der BerlinHyp, von welcher Landowskys Parteifreunde Klaus Wienhold und Christian Neuling (Aubis-Gruppe) überwiegend die Kredite für ihre Plattenbaukäufe erhielten, nun ausgerechnet über eine Spende dieser beiden Parteifreunde ins Straucheln gerät, entspricht einer inneren Logik, dem gleichsam natürlich angelegten Drehbuch eines solchen Stückes.
Mit den bekannten und den unbekannten Details von Spendenübergabe und -verwendung wird sich demnächst wohl ein Untersuchungsausschuß befassen, mit dem Komplex Bankgesellschaft die Aufsichtsgremien der Bank, externe Prüfer und das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. Und ebenso wird manches, weil eben nicht mit Papier und harten Fakten belegbar, für immer im Halbdunkeln bleiben. Aktuell interessanter ist die Situation in der Berliner CDU, und ob es dem Fraktionsvorsitzenden der CDU gelingt, den Kopf noch einmal aus der Schlinge zu ziehen, die wohl vor allem eigene Parteifreunde ihm geknüpft haben.

Klaus Landowsky sagte auf all die Vorgänge und Berichte zunächst einmal A und kündigte an, auf der Hauptversammlung der BerlinHyp im Mai aus der Bank auszuscheiden, was ihn jedenfalls finanziell nicht zum armen Mann macht, dürften doch allein seine in 28jähriger Tätigkeit erworbenen Ruhegeldansprüche ihm ein sorgenfreies Leben ermöglichen. Außerdem ist der Mann Rechtsanwalt, alles andere als auf jenen Kopf gefallen, der so vollgestopft ist mit Wissen über dies und das und mit Kontakten, daß er sich vermutlich die Firmen aussuchen kann, die er freundlicherweise zu beraten geruht. Da wird es ihn wenig stören, wenn die linken Grabenkämpfer wie der SPD-Landesvize Klaus-Uwe Benneter fordern, die Aufsichtsräte von Bankgesellschaft und BerlinHyp dürften keine Entscheidungen über üppige Ruhestandsvereinbarungen für Landowsky treffen, sondern müßten die Möglichkeit erhalten, von Landowsky Schadensersatz zu fordern. Damit würden die Aufsichtsräte ja einräumen, ihre Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen zu haben.

Daß die derzeitige Situation in Berlin so eskaliert, daß es zu einer anderen Koalitionsbildung kommt (SPD, PDS und Grüne hätten eine rechnerische Mehrheit) oder zu Neuwahlen, ist praktisch ausgeschlossen. Für Neuwahlen braucht man eine Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus, die man nicht kriegt, weil die Hälfte aller Abgeordneten fürchten muß, nach Neuwahlen nicht mehr im Landtag zu sitzen. Und bei einer Rot-Rot-Grünen Koalition braucht sich die SPD bei der nächsten Wahl nicht einmal mehr die Karten zu legen, sondern kann sich gleich bei der F.D.P. erkundigen, wie sich’s denn so außerhalb des Preußischen Landtags lebt. Freilich bietet die Situation für die Sozialdemokraten die Möglichkeit, Eberhard Diepgen, die politische Ikone der Stadt, ein stückweit zu demontieren. Wie heißt doch eine Lebensweisheit kämpferischer Israeliten? „Den besten der Gojim töte!“ Und deshalb ist die eigentliche strategische Frage: Bleibt Diepgen so unbeschädigt, daß man mit ihm in die Wahlen 2004 gehen kann? Oder wechselt man im Fluß die Pferde? In beiden Fällen spricht viel dafür, daß Klaus Landowsky auch B sagen, also den Fraktionsvorsitz niederlegen muß. Entweder als - da muß man schon sagen: - Damenopfer für Eberhard Diepgen oder als Opfer eines kompletten Neuanfangs. Die Strategie der SPD scheint darauf hinauszulaufen, einen Pferdewechsel bei der CDU mitten im Fluß zu verhindern und statt dessen eine Demontage nach Salamitaktik zu versuchen. Peter Strieders Motto: „Sticheln, aber nicht zündeln“, denn langsam weichkochen bringt mehr als ein Big Bang. Wozu auch zählt, daß das Gas am Herd zwischendurch mal wieder etwas höher gedreht wird, wenn SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit Eberhard Diepgen auffordert, endlich eine lückenlose Aufklärung zu liefern und nicht nur das zuzugeben, was andere schon herausgefunden hätten. Ob und wie lange die CDU diese politische Grillparty durchhält, ist offen. Keiner in der CDU scheint bislang den Königsmörder spielen zu wollen. Lediglich der Bundestagsabgeordnete Diethard Schütze aus Reinickendorf, früher einer der Wortführer der Diepgen-kritischen Initiative CDU 2000, empfahl Landowsky halbherzig, zurückzutreten oder doch zumindest einen Termin für Neuwahlen zum Fraktionsvorstand bekanntzugeben - was einem gestreckten Rückzug gleichkäme. Aus Reinickendorf kommt übrigens auch Frank Steffel, eine der ganz großen Nachwuchshoffnungen der CDU, der sowohl das Zeug zur Nachfolge Eberhard Diepgens als auch Klaus Landowskys hat. Daß „Parteifreunde“ das Gerücht streuten, Steffel habe die Spendengeschichte um Landowsky in die Presse lanciert, was Steffel fassungslos mit „unverschämt“ kommentiert, wirft ein bezeichnendes Licht auf die innerparteiliche Situation der Berliner Christdemokraten.

Natürlich ist in der Familie Onkel Klaus, der ab und zu was in die gemeinsame Kaffeekasse tut, beliebter als Opa Richard, der was von Staat und Beute der Parteien grummelt. Landowskys Art, mit der Aubis-Spende umzugehen, hat schon was mit Helmut Kohlscher Strickart zu tun. Der Übervater, der hilft, wenn es irgendwo klemmt und knirscht. Aber das schafft auf der anderen Seite auch den - so hat es der Soziologe Helmut Schelsky genannt - betreuten Bürger, in diesem Fall den betreuten Parteifreund. Machtausübung durch Verteilung von Lehen und Wohltaten. Kein neues Rezept. Und auch keines, das auf Dauer funktioniert, in einer Demokratie sollte es überhaupt nicht mehr zur Anwendung kommen. Gelingt es Klaus Landowsky, das jetzige innerparteiliche Schlachtgemenge zu überstehen, kann er die nächste CDU-Generation nach eigenen Gnaden bestallen, und die wird dann eher blutleer sein. Und wenn keine neuen harten Tatsachen auf den Markt kommen, wird Klaus Landowsky die Situation überstehen. Denn wenn der Frohnauer Frank Steffel ihn nicht beerben will, ist trotz der zwei, drei Namen, die genannt werden, niemand sonst da, der auch nur halb in die Schuhe des Alten passen würde.

Natürlich werden solche Umsturzzeiten auch von Heckenschützen genützt, die entweder alte Rechnungen begleichen wollen oder als Meuchler von der einen oder anderen Bürgerkriegspartei eingesetzt werden. Und da in solchen Zeiten die Kriegsberichterstatter aufgeregt wie ein Bienenvolk hin und her schwirren und eben auch wie im richtigen Krieg mal auf die feindliche und auch mal auf die eigene Propaganda hereinfallen, gibt es auch unschuldige Opfer. Wie zum Beispiel Berlins Finanzsenator Peter Kurth. Daß der in den letzten Monaten als neuer Hoffnungsträger und Diepgen-Nachfolger gehandelt wurde, machte ihn natürlich zu einem besonders begehrenswerten Ziel. Da fügte es sich schon gut, daß Kurth von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW für 390.000 DM gekauft und zwei Jahre später für 510.000 DM weiterverkauft hat. Und natürlich finden sich dann immer auch ein paar journalistische Büchsenspanner, die diese - vermutlich sogar aus CDU-Kreisen stammenden - Informationen weitergaben. Ohne zunächst zu erwähnen, daß Kurth in die sanierungsbedürftige Behausung 120.000 DM für u. a. ein neues Bad und eine neue Küche steckte. Das war ja so schön, behaupten zu können, Kurth habe sich um 120.000 DM „bereichert“, weil in seinem Kaufvertrag nicht die übliche GSW-Klausel über die Abführung des Mehrerlöses bei einem Verkauf binnen sechs Jahren enthalten gewesen sei. Nicht erwähnt wurde, daß selbige Klausel von der GSW nur beim Verkauf von Wohnungen an die aktuellen Mieter verwendet wird, denn nur die kriegen überhaupt einen Rabatt. Und vergessen wurde natürlich auch, daß bei einem Kauf unwiederbringlich Grunderwerbsteuer zu zahlen ist. Und wie schön war es, daß Kurth seine jetzige Wohnung in Berlin Mitte von einem Herrn Mike Uwe Hinkel kaufte, Geschäftsführer einer Immobiliengesellschaft, dem vom Senat für eine Gebühr von 200.000 DM die Option auf das Grundstück Friedrichstraße/Unter den Linden eingeräumt wurde, wo die Gesellschaft ein Medienzentrum bauen wollte. Schönheitsfehler nur: Die Anbahnung lief über die SPD-Schiene. Hinkels Partner, der Kieler SPD-Abgeordnete Klaus-Dieter Müller, wandte sich an die damalige Finanzsenatorin und Parteifreundin Annette Fugmann-Heesing, die den Vorgang ihrem damaligen Staatssekretär Kurth auf den Tisch legte. Also wieder nichts. Im übrigen: Wer Peter Kurth auch nur ein wenig kennt, weiß, daß der vielfach unterschätzte Ex-Banker Fallen sogar dort riecht, wo keine sind und im übrigen unter allen Berliner Politikern derjenige ist, der für eigennützige Anfechtungen am wenigsten anfällig ist.

Unter Feindbeschuß im Rahmen der Affärenberichterstattung geriet auch unversehens der Rechtsanwalt, Ex-Senator und SPD-Landesschatzmeister Dr. Klaus Riebschläger. Er war zusammen mit dem Insolvenzspezialisten und Berliner Zwangsverwaltungskönig Peter Leonhardt ein Jahr lang bis Ende 2000 von der BerlinHyp, der Aubis-Gruppe und der Bavaria als Treuhänder eingesetzt, damit nach dem Scheitern des Aubis-Konzeptes die tausend kleinen Ausgaben getätigt werden konnten, was in diesem Zwangskartell des Mißtrauens von Aubis und Bankgesellschaft nicht möglich gewesen wäre. Ob Riebschlägers Engagement klug war, wo er doch Sozius in der Kanzlei Knauthe Paul Schmitt ist und ein anderer Sozius, Dr. Karl-Heinz Knauthe, die Aubis-Gruppe vertritt, steht auf einem anderen Blatt - aber wenn alle Beteiligten in Kenntnis aller Umstände den Treuhänder Riebschläger eingesetzt haben, ist das ein Akt der Privatautonomie, und wohin kommen wir, wenn so etwas als politische Mistkübelfüllung benutzt wird?

Ganz unversehens in die Zeitungsspalten geriet im Strudel um Klaus-Rüdiger Landowsky auch der Leiter der Kommunikation der BerlinHyp, Detlef Untermann. Der habe nämlich für das Landowsky-Ziehkind und CDU-Nachwuchshoffnung Monika Grütters (MdA) Wahlkampf betrieben und 30.000 DM Spenden für die Partei gesammelt. Was sollte der Mann auch tun, ist er doch Schatzmeister eines Wilmersdorfer CDU-Ortsverbandes, in dem auch Monika Grütters beheimatet ist. Wie sehr es stimmt, daß die Steigerungsformen von „Feind“, „Todfeind, Parteifreund“ sind, mußte Untermann erfahren, als das Magazin „Focus“ einen CDU-Abgeordneten mit der Bemerkung zitierte, Untermann habe gegenüber Bankkunden geklagt, er „käme wegen des Wahlkampfes zu nichts anderem mehr“. Was Untermann bestreitet und „ungeheuerlich“ findet, denn Wahlkampf habe er nur in seiner Freizeit gemacht.

Zu denen, die die vermeintliche oder tatsächliche Gunst der Stunde nutzen wollen, gehört auch der grüne Dauerlinke Christian Ströbele, der die Spendenaffäre der Berliner CDU gerne vor den derzeitig vor sich hindümpelnden Bundestagsuntersuchungsausschuß bringen und dort neben Eberhard Diepgen, Klaus Landowsky auch den früheren CDU-Schatzmeister Dankward Buwitt, den CDU-Fraktionssprecher Markus Kaufmann und die beiden Spender Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling (Aubis) ausquetschen würde. Man kennt diese Art von Trittbrettfahrerei auch von anderen Vorgängen mit begleitender öffentlicher Aufgeregtheit.