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Privatkunden aus dem EU-Ausland: Maklercourtage kann nicht immer in Deutschland eingeklagt werden
Bei Ausrichtung auf grenzüberschreitende Grundstücksgeschäfte
14.09.2015 (GE 15/2015, S. 947) Grenzüberschreitende Grundstücksgeschäfte kommen immer häufiger vor. Kommt es dann zu einem Rechtsstreit, ist es nicht unwesentlich, in welchem Land man das Gericht aufrufen muss. Für Makler, die im Internet gezielt um private Kunden aus anderen EU-Staaten werben, gilt nun, dass sie für Klagen auf Provisionszahlung das Gericht im Wohnsitzland des Kunden anrufen müssen und nicht das deutsche. Dies gilt vor allem, wenn der Internetauftritt Flaggen sowie Hinweise auf Informationen und Kontaktformulare in der Sprache der potentiellen Kundschaft enthält.
Der Fall: Eine Maklerin aus der Grenzstadt Kleve hat mit ihrem Internetauftritt Kunden aus den Niederlanden angesprochen. Der Internetauftritt der Vermittlerin war vornehmlich in deutscher Sprache verfasst, enthielt jedoch u. a. auch eine holländische Flagge, unter der Informationen in niederländischer Sprache abgerufen werden konnten. Darüber hinaus wurden die Informationen in niederländischer Sprache mit der holländischen Nationalfarbe „Orange“ dargestellt. Nachdem Kunden aus den Niederlanden einen Ende 2009 geschlossenen Vertrag über den Kauf eines Grundstücks in Deutschland rückabwickelten, wollte die Maklerin von ihnen mehr als 10.300 € Provision erstreiten. Dafür zog sie vor ein deutsches Gericht.

Das Urteil: Der BGH entschied nun, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausscheide, da es sich um ein Geschäft mit einem Verbraucher handele. Die Maklerin hätte ihre Klage auf Provisionszahlung stattdessen in den Niederlanden einreichen müssen. Diese Entscheidung basiert auf EU-Recht. Bei einer Klage auf Zahlung des Maklerlohnes wäre grundsätzlich gemäß Art. 5 Nr. 1 Brüssel-I-VO a. F. ein deutsches Gericht unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes zuständig, wenn der Makler seine Leistung in Deutschland erbracht hat.
Anders verhält es sich jedoch, wenn der Makler seine berufliche Tätigkeit auf den Mitgliedsstaat hin ausgerichtet hat und ein Maklervertrag mit einem Verbraucher im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c Brüssel-I-VO a. F. geschlossen wurde. Dann ist der Gerichtsstand gemäß Art. 16 Abs. 2 Brüssel-I-VO a. F. nach dem Wohnort zu bestimmen. Da der niederländische Kunde der Maklerin ein Verbraucher war, d. h. das Geschäft wurde nicht im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen, und die Maklerin ihre Webseite auf den Nachbarstaat durch Verwendung der Nationalflagge und der orangefarbenen niederländischen Texte hin ausgerichtet hatte, hätte sie das niederländische Gericht am Wohnsitz des Verbrauchers anrufen müssen.

Anmerkung der Redaktion: Wie zu erwarten, ist die Entscheidung des BGH verbraucher- und europafreundlich ausgefallen. Wesentliches Ziel der Europäischen Union ist es schließlich, den EU-Binnenmarkt zu stärken und den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu fördern. Makler sollten sich durch die Entscheidung des BGH jedoch vergegenwärtigen, dass ein möglicher Rechtsstreit vor den ausländischen Gerichten geführt werden muss, wenn sie ihren Internetauftritt auf ausländische EU-Kunden ausrichten. Dies kann neben sprachlichen Hürden auch höhere Rechtsverfolgungskosten im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat für den Makler bedeuten. Die Entscheidung des BGH betrifft im Übrigen nicht nur das Maklergeschäft, sondern ist für alle Unternehmen relevant, die im Ausland Marketingaktivitäten einsetzen.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 965 und in unserer Datenbank)
Autor: RA Axel Lipinski-Mießner


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