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Kündigungsandrohung und Fristen ernst nehmen!
Werkverträge: Warnfunktion muss erhalten bleiben
14.11.2014 (GE 20/2014, S. 1319) In einer Reihe von Urteilen beschäftigten sich die Gerichte in den letzten Jahren mit den Anforderungen an die Androhung der Kündigung von Werkverträgen (etwa OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Juni 2010 - 12 U 21/10 - zur letztmaligen Leistungsaufforderung). Der Kündigungsberechtigte sollte die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Androhung unbedingt im Blick behalten, da andernfalls die Kündigung unwirksam sein kann.
I. Warnfunktion der Kündigungsandrohung durch den Auftraggeber

In einem aktuellen Fall beauftragte der Auftraggeber einen Unternehmer mit der Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems. Bereits während des Baus zeigten sich Mängel an der Wärmedämmung. Der Auftraggeber forderte den Unternehmer zur Beseitigung der Mängel innerhalb einer näher bestimmten Nacherfüllungsfrist auf und drohte andernfalls mit der Kündigung des Werkvertrages. Nach Ablauf der Frist verlängerte der Auftraggeber auf die Bitte des Unternehmers hin die Frist „aus Kulanz“. Der Unternehmer behob Mängel dennoch nicht fristgerecht. Daraufhin kündigte der Auftraggeber den Werkvertrag und verklagte den Unternehmer vor dem Landgericht Limburg auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung. Das LG Limburg gab der Klage statt. Die Berufung des Unternehmers gegen dieses Urteil wies das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 15. Juni 2012 - 2 U 205/11 - zurück, was der BGH nunmehr bestätigt hat (Beschluss vom 6. März 2014 - VII ZR 196/12).
Ein Kündigungsgrund war wegen der mangelhaften Wärmedämmung gegeben. In seiner Entscheidung betonte das Gericht aber ausdrücklich, dass der Auftraggeber grundsätzlich zur Kündigung unmittelbar nach Ablauf der Frist gehalten ist. Die Fristsetzung, die mit der Kündigungsandrohung verbunden ist, hat für den Unternehmer Warnfunktion zu erfüllen. Sie soll ihm die letzte Möglichkeit geben, die Leistung vertragsgemäß zu erbringen. Die Warnfunktion kann immer dann verloren gehen, wenn der Unternehmer davon ausgehen kann, dass der Auftraggeber nicht an der Kündigung festhalten will. Dies kann sich aus dem Verhalten des Auftraggebers ergeben, etwa wenn er die Kündigung nach Ablauf der Frist nicht ausspricht. Im vorliegenden Fall war die Fristverlängerung – so das Gericht – für den Unternehmer erkennbar nur aus Kulanz erfolgt. Daher ging die Warnfunktion nicht verloren und der Auftraggeber konnte den Vertrag ohne erneute Androhung und Nachfristsetzung kündigen. In der Folge stand ihm ein Anspruch auf Zahlung des Kostenvorschusses zu.


II. Grundsätze auch bei
§ 648 a BGB beachten

Diese Grundsätze sollte im umgekehrten Fall auch der Unternehmer beachten, der ein Kündigungsrecht gegenüber dem Auftraggeber, z. B. nach § 648 a Abs. 4 BGB (Bauhandwerkersicherung) oder § 9 VOB/B (Kündigung durch den Auftragnehmer), geltend machen will (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - VII ZR 18/03): Wer als Werkunternehmer trotz Fristablaufs weiterarbeitet, suggeriert seinem Auftraggeber, dass er trotz fehlender Bauhandwerkersicherung bzw. Vertragserfüllung nicht mehr an der Kündigung festhalten will.
Autor: Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Dr. JOACHIM WRASE und Assessor FELIX ZIMMERER, Anwaltsbüro [GGSC], Berlin


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