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Baumschutz
Ersatzbäume zu pflanzen?
26.05.2008 (GE 10/2008, 630) Fragen & Antworten Sie fragen - Wir antworten!
Frage:
Wir haben für die Fällung eines Baumes einschließlich Ersatzpflanzung im Jahr 2007 rd. 1.800 € gezahlt, wobei das Umweltamt knapp 95 € mehr verlangte, als die eigentliche Baumfällung einschließlich der Wurzelbeseitigung gekostet hat.
Wir sind der Ansicht, dass wir als Grundstücksbesitzer mit zu hohen Kosten belastet werden und die Kostenrechnung der Naturschutzbehörde nicht nachvollzogen werden kann, weil ihre Wertberechnungstabelle nicht veröffentlicht wurde. Was halten Sie davon?
                                           Rosemarie B., Brandenburg/Havel

Antwort:
Grundstückseigentümer, die zur Ersatzpflanzung oder zu einer Ausgleichsabgabe im Zusammenhang mit einer Fällgenehmigung herangezogen werden, sollten nicht vorschnell klein beigeben. Baumschutzverordnungen oder Baumschutzsatzungen, die entsprechende Regelungen enthalten, sind nämlich keineswegs immer gültig. So hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg durch Urteil vom 26. Januar 2006 (GE 2006, 515) entschieden, dass die Grundlage für die Bemessung der Höhe der Ausgleichsabgabe nach der Berliner Baumschutzverordnung 1982 unwirksam war, weil sie mit den Rechtsstaatsgeboten der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht vereinbar war. Hier war die Ausgleichsabgabe im Einzelnen nur in einer verwaltungsinternen Vorschrift konkretisiert, was nicht ausreicht. Inzwischen hat sich das geändert, ohne dass jedoch grundlegende Bedenken ausgeräumt sind (vgl. dazu Königer, GE 2006, 495).
Neben der Berliner Baumschutzverordnung gibt es die Brandenburgische Baumschutzverordnung (HE 2004, 282 f.), die in § 2 Satzungen der Gemeinden zum Baumschutz ausdrücklich zulässt, also nur subsidiär gilt, wenn solche Satzungen fehlen. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
1. Eine Ausgleichsabgabe kommt nur in Betracht, wenn eine Ersatzpflanzung nicht möglich ist. Ein Vorrang der Ausgleichsabgabe wie in der Berliner Baumschutzverordnung 2004 dürfte unzulässig sein.
2. Ob eine Ausgleichsabgabe überhaupt durch eine Rechtsverordnung oder Satzung vorgeschrieben werden kann, ist zweifelhaft, weil es an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt (vgl. VGH Kassel, BRS 60, Nr. 220, Urteil vom 29. Oktober 1998 - IV UE 2082/96 -). In Gebieten mit Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich ist § 19 Abs. 4 Bundesnaturschutzgesetz unanwendbar und scheidet damit als Ermächtigungsgrundlage für eine Baumschutzsatzung aus.
3. Zu prüfen ist immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Königer, GE 2004, 401). Wenn für vier zu fällende Bäume 29 Bäume als Ersatzpflanzungen vorgesehen sind, ist es durchaus zweifelhaft, ob der Grundsatz gewahrt ist (vgl. Königer, GE 2006, 496).
4. Ersatzpflanzungen und eine Ausgleichsabgabe dürfen nicht für abgestorbene Bäume oder Totholz festgesetzt werden (vgl. Baumschutzverordnung Brandenburg § 5 Abs. 4). Nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Bundesnaturschutzgesetzes gedeckt sind deshalb Regelungen wie die in der Satzung der Gemeinde Rangsdorf (§ 7), wonach eine Ersatzpflanzung auch bei abgestorbenen Bäumen vorzunehmen ist. Zumindest bedenklich – wenn nicht gar unwirksam – ist auch die Regelung in § 6 Abs. 3 Baumschutzverordnung Berlin, wonach zwar Mängel oder Schäden an den beseitigten Bäumen bei der Berechnung der Ausgleichsabgabe zu berücksichtigen sind, nicht jedoch bei einer Ersatzpflanzung.
Besser geregelt ist das in der Baumschutzsatzung der Gemeinde Glienicke/Nordbahn, wo es in § 10 Abs. 3 heißt, dass für die Bemessung der Ersatzpflanzung die zu beseitigenden Bäume einer Betrachtung mit der anerkannten Methode für Baumkontrollen VTA (Visual Tree Assessment) unterzogen werden, und dass nach dieser Methode ermittelte relevante Defekte zur Minderung der Ersatzpflanzung führen können (richtigerweise: führen müssen). Das Ganze dürfte auch für Sturmschäden („Kyrill“) zutreffen, da auch hier der Eigentümer nicht geschützte Bäume beseitigen will, sondern nur Sturmschäden zu beheben sind. Eine Baumschutzverordnung kann dann nicht eingreifen.
Eine Vielzahl der Baumschutzsatzungen in Brandenburg können im Internet über den NABU (‹ [GE100803]) abgerufen werden. Zuverlässige neuere Rechtsprechung zu diesen ganzen Fragen gibt es, von dem erwähnten Urteil des OVG Berlin-Brandenburg abgesehen, allerdings nicht, so dass für eine Anfechtungsklage im Verwaltungsprozess schon eine gewisse Risikobereitschaft bestehen muss.