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Viel Schattenmiete und wenige lichte Momente
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14.07.2020 Wäre Berlin tatsächlich der Nabel von Deutschland, für den es sich oft hält, hätte der Begriff „Schattenmiete“ das Potential, zum Wort (oder Unwort, je nach Sichtweise) des Jahres zu werden. Zwei der um die Gunst (das Geld) der Mieter buhlende Konkurrenten verwenden den Begriff besonders häufig: der Berliner Mieterverein und das sich ständig häutende Legal-Tech-Unternehmen wenigermiete.de (1), LexFox GmbH (2), jetzt als Conny GmbH firmierende Start-up des Rechtsanwalts Dr. Daniel Halmer. Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, lamentierte wiederholt darüber, dass beim Abschluss von neuen Mietverträgen „geschätzt 80 % aller Vermieter“ eine „sogenannte Schattenmiete“ verlangen. Während der Laufzeit des Mietendeckels werde nur die Mietendeckelmiete verlangt, parallel würden Mieter aber zu einer höheren Miete vertraglich verpflichtet, die zu zahlen sei, falls der Deckel verfassungswidrig ist oder das Gesetz ausläuft.
Der Mieterverein, so Wild, halte diese „Schattenmiete“ für unzulässig, „weil damit dem Mieter eine nach AGB-Recht unzumutbare Vertragsklausel aufgezwungen wird“. Nun ist der Mann kein Jurist, sondern Soziologe, aber auch die können lesen. Beispielsweise die BGH-Entscheidung vom 13. Juli 2005 - IV ZR 83/04 - oder die vom 3. Februar 2005 - III ZR 268/04 -, wonach eine Preisvereinbarung, die Ob und Umfang der hauptvertraglichen Vergütung unmittelbar bestimmt und damit eine sogenannte Preishauptabrede darstellt, keiner AGB-Inhaltskontrolle unterliegt und damit der gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist. Eine gerichtliche Überprüfung der vereinbarten Miete nach AGB-Recht gibt es also nicht, Abreden über den Kaufpreis oder die Miete sind nicht kontrollfähig, da sie Preisabreden über Hauptleistungen sind. Eine Überprüfung der vereinbarten Miete findet nur auf Basis einer gesetzliche Preisregelung statt. Die kommt allerdings in Form der BGB-Mietpreisbremse und des Berliner Mietendeckels als gemischtes Doppel daher. Beide regeln aber Unterschiedliches. Die (bundeseinheitliche) Mietpreisbremse untersagt die Vereinbarung einer Miete, die das gesetzlich definierte Maß (ortsübliche Vergleichsmiete plus 10 %, Vormiete etc.) übersteigt, der Mietendeckel (nur) das Fordern und Entgegennehmen einer die vom Mietendeckelgesetz definierten Obergrenze übersteigende Miete. Man kann beiden Herren dienen und das eine tun, ohne das andere zu lassen. Auch hier führt Lesen weiter. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 10. März 2020 - 1 BvQ 15/20 - (GE 2020, 389 ff.) seinen Segen dafür erteilt und entschieden: „Entgegen dem Vorbringen der Antragstellenden ist auch nicht erkennbar, dass Vermieterinnen und Vermieter jenseits des durch § 11 Abs. 1 Nr. 4 MietenWoG sanktionierten Forderns und Entgegennehmens einer unzulässigen Miete daran gehindert wären, sich für den Fall der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes oder Teilen desselben bei Neuvermietungen eine höhere Miete versprechen zu lassen, und ihnen deshalb ein insoweit irreversibler Schaden entstehen könnte.“ Rechtstreue Vermieter bewegen sich demgemäß nicht im Schatten, sondern in sicherem Fahrwasser, wenn sie mit künftigen Mietern die Marktmiete unter Beachtung der Mietpreisbremse für den Fall vereinbaren, dass der Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt wird, und gleichzeitig von Mietern nur die in Berlin gedeckelte Miete gefordert und/oder entgegengenommen wird. Der Mieterverein selbst schätzt, dass sich 95 % der Vermieter an den Berliner Mietendeckel halten. Mit der Verwendung des Begriffs „Schattenmiete“, der von den Medien erwartungsgemäß kritiklos übernommen wurde, will der Berliner Mieterverein dennoch suggerieren, dass es sich um etwas Unmoralisches, Verwerfliches handelt. Wie man es halt mit der Besetzung von Begriffen in der politischen Auseinandersetzung macht, um eine argumentative Auseinandersetzung zu unterdrücken. Während der Mieterverein den Begriff „Schattenmieten“ in der politischen Auseinandersetzung benutzt, setzt ihn Dr. Daniel Halmer von wenigermiete.de/LexFox GmbH/Conny GmbH als kommerzielles Werbemittel ein. Vermieter versuchten den Mietendeckel „zu umgehen. Die neue Masche heißt: Schattenmiete“, liest man auf seiner Website. Und: „Schattenmiete: Mit diesem Trick umgehen Vermieter den Mietendeckel.“ Wer allerdings weiterliest – Lesen hilft –, stößt auf Folgendes: „Es scheint jedoch, dass je nach Formulierung im Vertrag die festgelegten Schattenmieten rechtens sind. Auch die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hält die Methode grundsätzlich für zulässig.“ Benamsen wir die „Schattenmiete“ einfach um und nennen sie „Sonnenmiete“ in der Hoffnung auf bessere Zeiten. Das Namenschamäleon wenigermiete.de und seine erwerbswirtschaftlichen Kinder sollten Vermieteranwälte für Rückforderungsansprüche dieser im Auge bei den Farbwechseln behalten …
Autor: Dieter Blümmel


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