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Die Ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren
Magere Beute für die SPD
25.11.2016 Sollte Berlins Regierender Bürgermeister in fünf Jahren am Ende der Legislaturperiode immer noch Michael Müller heißen, würde das an ein Wunder grenzen.
Nun ist der Mann so lange im politischen Geschäft und macht immer noch so unvorstellbare Fehler, denn angesichts seiner SPD-Mannschaft im neuen Senat kann altgedienten Sozialdemokraten nur noch der Satz einfallen, den Dante an das Höllentor seiner Göttlichen Komödie gemeißelt hat: „Lasciate ogni speranza, voi ch‘entrate!“ – Die Ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren. Anführer werden daran gemessen, wie viel Beute sie für das Rudel machen. Und sie werden argwöhnisch nach jedem Anzeichen von Schwäche beäugt. Michael Müller hat bei den Koalitionsverhandlungen weder ansehnliche Beute gemacht, noch hat er Stärke gezeigt. Seinen wichtigsten Gefolgsmann, den bisherigen Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, hat er fallen lassen (müssen) wie eine heiße Kartoffel. Nicht einmal das um die Bereiche Verkehr und Umwelt amputierte Bauressort konnte Müller für Geisel sichern. Stattdessen wird Geisel in das Innenressort abgeschoben, an dem schon Frank Henkel krachend gescheitert ist. Geisel wird es noch schwerer haben. Grüne und Tiefrote werden auf die Barrikaden gehen, sollte Geisel mal eine Hundertschaft in die Rigaer Straße schicken, um mit Pflastersteinen und Molotowcocktails bewaffneten Anarchos auf die Pelle zu rücken oder Amtshilfe zu leisten, wenn eine aufgebrachte Menge die gerichtlich angeordnete Räumung einer Wohnung oder von Gewerberäumen blockiert. Und den klassischen SPD-Wählern wird der Schaum vorm Munde stehen, wenn Geisels Polizei nicht in der Lage ist, Dealer aus den öffentlichen Parks und vor den Schulen zu vertreiben, Einbrüche und Autodiebstähle nicht nur aufzunehmen, sondern auch einmal aufzuklären. Das Zusatzpersonal, das der Innensenator braucht, muss er erst ausbilden. Und bis dahin ist die Rot-Rot-Grüne Koalition (R2G) vielleicht schon Geschichte. Es stimmt, dass den Sozialdemokraten Dr. Matthias Kollatz-Ahnen und das Finanzressort erhalten bleibt. Nur kann man mit diesem Ressort bei R2G nicht gestalten. Die SPD hat sich mit zwei Parteien ins Bett gelegt, die sich in erster Linie darin gefallen, möglichst viel Geld auszugeben, um sich Stimmen und Stimmung zu kaufen. Die Verschuldung des Landes – durch Senatoren wie Dr. Annette Fugmann-Heesing, Dr. Thilo Sarrazin, Dr. Ulrich Nußbaum und – ja, auch – Dr. Matthias Kollatz-Ahnen erst gebremst, dann gestoppt und schließlich sogar leicht zurückgefahren, wird wieder steigen, und zwar in Milliardenschritten. Kollatz-Ahnen wird die nächsten Jahre vor allem damit zu tun haben, das Wunschkonzert der roten und grünen Kollegen vom sinfonischen Großorchester auf die kleinere Besetzung der Wiener Klassik zurückzuschrauben. Gewinnen kann man mit diesem Ressort nicht, nur verlieren. Dann hat die SPD sich auch noch das Ressort „Bildung und Jugend“ gesichert, das möglicherweise von der bisherigen Amtsinhaberin Sandra Scheeres weitergeführt wird, obwohl ihr Staatssekretär Mark Rackles der deutlich schlauere und strategische Kopf ist (um aber Senator zu werden, müsste er sich wohl vorher einer Geschlechtsumwandlung unterziehen). Wer immer Chef dieses seit 20 Jahren SPD-geführten Ressorts wird oder bleibt, sieht sich in regelmäßigen Abständen damit konfrontiert, dass bei den Bildungsstudien der zweitletzte Platz unter den Bundesländern schon als Erfolg verkauft werden muss – nach dem erweiterten Wowereit-Motto: arm und ohne Schulabschluss, aber sexy. Die vielen Zuzügler und steigende Fertilität werden dafür sorgen, dass die Klassenfrequenzen wieder steigen (zusätzliche Lehrer lassen sich ebenso wenig backen wie Polizisten) und die Kita-Plätze knapp werden. Also auch kein Ressort, mit dem man glänzen kann, sondern an der Wand steht. Tja, und dann ist da noch die versteinerte Frauenquote namens Dilek Kolat. Die gelernte Bankerin war immerhin weitsichtig genug, dieses perspektivlose Berufsfeld gegen die Politik zu tauschen. Von Arbeit, Integration und Frauen wechselt sie wohl in das letzte den Sozialdemokraten zugestandene Ressort Gesundheit. Auch da ist nichts zu holen. Bei uns sind nicht nur die Kranken krank, sondern in erster Linie das gesamte Gesundheitswesen – Krankenwesen wäre wohl zutreffender. Wenn ein Berliner es schon mal nach vielen Wochen Wartezeit in die Charité oder ein anderes öffentliches Krankenhaus schafft, steht er oft am Ende der Schlange von reichen Russen oder Arabern, was dem Blutdruck und der Genesung auch nicht förderlich ist. Die Pflegeversicherung wird teurer (wofür Dilek Kolat nichts kann, aber sie muss es ausbaden), dafür wird es schwieriger, überhaupt in eine Pflegestufe (künftig heißt das „Pflegegrad“) zu kommen – es sei denn, man ist dement, dann wird es einfacher, nur können Demente nicht mehr wählen. Also auch kein Ressort zum Glänzen. Michael Müller haben die Koalitionäre die Kulturzuständigkeit weggenommen, weil er Kultur nach Meinung der Kulturschaffenden nicht kann. Das machen jetzt die LINKEN in Gestalt ihres bisherigen Landesvorsitzenden Klaus Lederer. Ins Bauressort wechselt voraussichtlich Katrin Lompscher. Sie hat jedenfalls einschlägige Erfahrungen damit, wie man völlig sinnlos die Mieten nach oben treibt. Wir erinnern uns alle noch an den letzten – möglicherweise angesichts der Klimaerwärmung für die nächsten Jahrhunderte wirklich letzten – harten Winter, den Katrin Lompscher zum Anlass genommen hat, die Winterdienstregelungen so zu verschärfen, dass die Kosten dauerhaft um ein Drittel gestiegen sind und den Mietern in Rechnung gestellt wurden. Nie hatte die Winterdienstbranche einen effektiveren Lobbyisten. Lompscher muss liefern. Sie wird schnell genug feststellen, dass Schneeschippen einfacher ist als Bauen. Von den Bauträgern ist zu hören, dass sie keine Grundstücke mehr in B-Plan-Lagen kaufen, sondern nur noch solche in unbeplanten Innenbereichen, wo § 34 Baugesetzbuch gilt und Bauherren weder auf Goodwill der Baubehörden angewiesen sind noch – es sei denn mit dem Risiko, Schadensersatz zahlen zu müssen – von den Baubehörden gezwungen werden können, eine bestimmte Quote an Sozialwohnungen mit Niedrigmieten zu bauen, dazu auch noch auf ihre Kosten Kindergärten, Schulen und Straßen. Dass die vielen versprochenen Sozialwohnungen nicht gebaut werden, wird den LINKEN aber niemand ankreiden, weil ihnen das sowieso keiner zutraut. Wer im Übrigen den Koalitionsvertrag gründlich gelesen hat, muss sowieso zu dem Schluss kommen, dass Grüne und Linke sich gegen die SPD zu einer kleinen Bauverweigerer-Koalition zusammengeschlossen haben. Wer sich noch einen scharfen Blick für scheinbare Nebensächlichkeiten bewahrt hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass auf dem großen Gemeinschaftsfoto, das die (Ver-) Handelnden nach Koalitions-Vertragsschluss getwittert haben, alle zu sehen sind – vom dicken Grünen Reinhard Bütikofer bis zum vor der Staatsanwaltschaft zitternden Senatskanzleichef Björn Böhning und mittendrin ein bemüht fröhlicher Michael Müller – bis auf einen: Raed Saleh. Die demonstrative Abwesenheit des SPD-Fraktionschefs ist eine deutliche Botschaft: Für diesen Koalitionsvertrag übernimmt er keine Verantwortung. Der ansonsten redselige und schreibfleißige Saleh war schon in den Koalitionsverhandlungen als großer Schweiger aufgefallen. Nicht wenige in der SPD rätseln, was Saleh und sein Alter Ego, der Abgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Thorsten Schneider, aushecken. Viele halten Schneider für den eigentlichen Urheber der von Saleh verbreiteten druckreifen Sätze, Gedanken und Mini-Aufstände gegen Michael Müller. Sie schreiben Schneider auch die im Tagesspiegel unter Salehs Namen veröffentlichte Wahlanalyse zu, die in der Partei für so viel Ärger gesorgt hatte. Aber gleichgültig, ob Schneider der Bauchredner ist und Saleh nur sein Medium – entscheiden müssen sich die beiden schon, ob sie Michael Müller stützen oder stürzen wollen.