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Alternativangebote vor Beschlussfassung vorzulegen
WEG – Verwalterbestellung
08.07.2020 (GE 11/2020, S. 713) Den Wohnungseigentümern müssen die Angebote der Bewerber oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote grundsätzlich schon innerhalb der Einladungsfrist zur Versammlung zugänglich gemacht werden.
Der Fall: Die Firma T. wurde in der Eigentümerversammlung vom 14. November 2017 zur Verwalterin bestellt, wogegen Anfechtungsklage erhoben wurde. Daraufhin berief die Firma T. unter Hinweis auf einen Auftrag des Verwaltungsbeirats eine außerordentliche Eigentümerversammlung für den 20. Februar 2018 mit der Tagesordnung „Bestellung der T. zur Verwalterin sowie Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Vertragsabschluss nach Vorgabe des bisherigen Verwaltervertrages mit der E. Hausverwaltung“. Vergleichsangebote anderer Interessenten für das Verwalteramt waren dem Einladungsschreiben nicht beigefügt. Nach dem Protokoll der Versammlung vom 20. Februar 2018 berichtete der Beirat vor der Beschlussfassung, dass neben dem Angebot der Firma T. zwei weitere Angebote eingeholt worden seien, die zur Einsichtnahme zur Verfügung stünden: Es handele sich hierbei um Firmen, die zu Konditionen in Höhe von 23,20 € und 25 € je Wohnung/Monat angeboten hätten. Das Angebot der Firma T. sei identisch mit dem der bisherigen Verwalterin E. mit 19,64 € pro Wohnung/Monat. Auf dieser Grundlage spreche sich der Beirat zugunsten der Firma T. aus. Sodann beschlossen die Wohnungseigentümer erneut, die Firma T. zur neuen Verwalterin zu bestellen und bevollmächtigten den Verwaltungsbeirat zu einem Vertragsschluss nach Vorgabe des bisher mit der Firma E. geschlossenen Verwaltervertrages. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage der Kläger hat das AG abgewiesen. Das LG hat die Berufung zurückgewiesen, jedoch die Revision zugelassen.

Das Urteil: Der BGH erklärt die Beschlüsse über die Verwalterbestellung und die Bevollmächtigung des Beirats zum Abschluss des Verwaltervertrages für ungültig. Unzutreffend ist die Auffassung des LG, für die ordnungsgemäße Wahl eines neuen Verwalters genüge es, dass die Angebote der Bewerber um das Verwalteramt erst in der Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung mit ihren Eckpunkten bekannt gegeben und zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Bei der Neubestellung eines Verwalters ist es regelmäßig geboten, den Wohnungseigentümern die Angebote der Bewerber oder jedenfalls deren Namen und die Eckdaten ihrer Angebote innerhalb der Einladungsfrist (gegenwärtig zwei Wochen) zukommen zu lassen. Um den Wohnungseigentümern bei der Neubestellung eines Verwalters, der für sie wichtige Funktionen wahrnimmt und regelmäßig für mehrere Jahre bestellt wird, eine Wahl auf einer fundierten Tatsachengrundlage zu ermöglichen, ist es nicht nur erforderlich, Alternativangebote einzuholen. Vielmehr müssen diese den Wohnungseigentümern auch bekannt gemacht werden, damit sie Erkundigungen über die Bewerber – etwa über das Internet – einziehen und sich ein Bild darüber verschaffen können, ob der jeweilige Bewerber fachlich geeignet ist. Außerdem ist eine Kenntnis der Angebotskonditionen notwendig, um einen tragfähigen Vergleich zwischen den Angeboten zu ermöglichen. Dafür reicht es regelmäßig nicht aus, die Namen der Bewerber und deren Angebote oder auch nur die Eckdaten der Angebote erstmals in der Eigentümerversammlung bekanntzugeben. Damit ist es den Wohnungseigentümern unmöglich, vorab Erkundigungen einzuziehen. Selbst die Vergütung in den verschiedenen Angeboten lässt sich nicht immer direkt vergleichen, da zwischen Verträgen mit einer Pauschalvergütung und Verträgen zu unterscheiden ist, in denen die Vergütung des Verwalters in Preisbestandteile oder Teilentgelte aufgeteilt ist. Deshalb ist es erforderlich, die Angebote innerhalb der Einladungsfrist (§ 24 Abs. 4 Satz 2 WEG) vorzulegen. Werden die Wohnungseigentümer nicht durch Übersendung der Alternativangebote, sondern nur durch Bekanntgabe der Eckpunkte der Angebote informiert, ist den Wohnungseigentümern, die dies wünschen, eine Kenntnisnahme der vollständigen Angebote zu ermöglichen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Hier wurden den Wohnungseigentümern erst in der Eigentümerversammlung die Namen der anderen Bewerber und Hinweise auf die pro Wohnung und Monat verlangte Vergütung bekannt gegeben. Dies entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Dies bezieht sich auch auf die Ermächtigung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss des Verwaltervertrages.

Anmerkung: Der BGH wirft auch einen Blick darauf, dass die erste Bestellung der T. am 14. November 2017 durch die Erhebung der Anfechtungsklage nicht bestandskräftig geworden ist. Somit hatte die erneute Beschlussfassung über die Verwalterbestellung in der nur drei Monate später anberaumten außerordentlichen Eigentümerversammlung ersichtlich den Zweck, eventuellen Fehlern bei der damaligen Neubestellung der Verwalterin durch eine Wiederholung der Verwalterwahl zu begegnen. Somit lag nicht etwa eine Wiederwahl der T. vor, bei der die Informationen bezüglich der Alternativangebote eventuell geringer sein könnten. Der BGH nimmt auch Stellung zu anderen Fällen, in denen den Wohnungseigentümern schon in der Einladung zur Eigentümerversammlung Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand und eine ausreichende Vorbereitung auf die Eigentümerversammlung zu ermöglichen. Hierbei verweist er auf Beschlussfassungen über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan oder über eine Sonderumlage für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 749 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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