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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Anspruch auf Auskunft des Vermieters über die korrekte Wohnfläche nicht ohne Weiteres
Selbständiges Beweisverfahren bei behaupteter Differenz
26.11.2025 (GE 19/2025, S. 939) Behauptet der Mieter eine Wohnflächendifferenz, kann er, auch wenn die behauptete Wohnflächendifferenz nur unerheblich ist, Anspruch auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens haben, weil das zukünftige Rechtsstreitigkeiten um Mieterhöhungen oder um Nebenkostenabrechnungen zu vermeiden hilft. Auch wenn dem Mieter der Beweis gelingt, dass die tatsächliche Wohnfläche hinter der im Mietvertrag vorgesehenen Fläche zurückbleibt, muss sich der Vermieter nicht ohne Weiteres an den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens beteiligen. Vielmehr hätte der Mieter dazu ein konkretes Hauptsacheverfahren mit Aussicht auf Erfolg aufzeigen müssen, durch das das selbständige Beweisverfahren überflüssig geworden wäre. Wenn nicht, trifft den Vermieter keine vertragliche Pflicht, die im Mietvertrag zugrunde gelegte Wohnfläche im Hinblick auf von dem Mieter geäußerte Bedenken zu überprüfen oder gar zu erklären, dass er zukünftig bei Abrechnungen und Mieterhöhungen eine geringere Wohnfläche zugrunde legen werde. Ein Vermieter ist seinem Mieter auch nicht ohne Weiteres zur Auskunft über die korrekte Wohnfläche verpflichtet, sondern allenfalls dann, wenn sie aufgrund von dem Vermieter ohnehin bekannter Umstände unschwer erteilt werden kann. Einen Anspruch auf Vermessung der Wohnung durch einen Sachverständigen hat der Mieter jedenfalls nicht.
Der Fall: Die Mieterin meint, die tatsächliche Fläche ihrer Wohnung sei um rund 5 m2 geringer als die im Mietvertrag mit 71,02 m² angegebene. Sie stellt den Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens. Das Amtsgericht lehnt ab, weil im selbständigen Beweisverfahren die zu beweisende Tatsache anzugeben ist und dem Amtsgericht eine selbst „minimale Substantiierung“ der Behauptung fehlt.
Das Landgericht greift korrigierend ein, formuliert die Beweisfrage anders und sieht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin als gegeben an, weil Nebenkostenabrechnungen und Mieterhöhungen anhand der tatsächlichen Wohnfläche vorzunehmen sind; die Klärung der tatsächliche Wohnfläche könne zukünftige Rechtsstreitigkeiten um Mieterhöhungen oder um Nebenkostenabrechnungen vermeiden.
Das selbständige Beweisverfahren ergibt tatsächlich eine geringere Wohnfläche, auch wenn die Abweichung nicht so groß ist wie von der Mieterin ursprünglich behauptet. Daraufhin will die Mieterin von der Vermieterin die Erklärung, zukünftig Abrechnungen und Mieterhöhungen nur auf Basis der geringeren Wohnfläche vorzunehmen; sie verlangt außerdem Kostenbeteiligung der Vermieterin am Beweissicherungsverfahren. Das AG weist ihre Klage ab, das LG kündigt durch Beschluss an, die Berufung der Mieterin zurückweisen zu wollen. Die nimmt daraufhin die Berufung zurück.

Die Entscheidung: Die Vermieterin war nicht verpflichtet zu erklären, dass bezüglich des Mietverhältnisses zwischen den Parteien die im selbständigen Beweisverfahren ermittelte Wohnfläche von 68,02 m² zutreffend sei.
Die Vermieterin sei gegenüber der Mieterin auch nicht verpflichtet gewesen, ein Aufmaß der Wohnung durch einen Sachverständigen zu erstellen.
Der Mieterin stehe auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Kostentragung des selbständigen Beweisverfahrens oder auf Ausgleich der gezahlten Kosten zu.
Zwar könne das im Rahmen des selbständigen Beweissicherungsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten im Rahmen einer Beweiswürdigung Bedeutung erlangen, doch lasse sich daraus keine Pflicht der Beklagten ableiten, sich an den durch das selbständige Beweisverfahren entstandenen Kosten zu beteiligen; denn die Klägerin zeige ein konkretes streitiges Verfahren nicht auf, das sie mit Aussicht auf Erfolg hätte anstrengen können.
Die beklagte Vermieterin sei auch nicht verpflichtet gewesen, die im Mietvertrag zugrunde gelegte Wohnfläche im Hinblick auf die von der Klägerin geäußerten Bedenken zu überprüfen oder gar zu erklären, dass sie zukünftig bei Abrechnungen und Mieterhöhungen eine geringere Wohnfläche, namentlich von 68,02 m², zugrunde legen werde.
Die Beklagte habe der Klägerin auch keine Auskunft über die korrekte Wohnfläche geben müssen. Eine allgemeine Auskunftspflicht kenne das BGB nicht. Soweit die Klägerin aus dem Mietverhältnis einen Anspruch aus Treu und Glauben auf Auskunftserteilung hätte ableiten wollen, hätte dieser Anspruch sich nur auf unschwer zu erteilende Auskünfte, also dem Vermieter ohnehin bekannte Umstände beziehen können und keinesfalls einen Anspruch auf sachverständige Vermessung der Wohnung umfasst.
Auch in einem laufenden Vertragsverhältnis bestehe kein allgemeiner Anspruch, dass eine Partei zugeben müsse, sie habe sich in der Vergangenheit nicht vollständig rechtskonform verhalten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Beklagte auch nicht spätestens mit der Vorlage des Gutachtens aus dem selbständigen Beweisverfahren verpflichtet, die darin ermittelte Wohnfläche von 68,02 m² anzuerkennen. Dies ergebe sich bereits aus der Natur des selbständigen Beweisverfahrens. Die Wohnfläche sei dadurch nicht verbindlich festgestellt worden. Gegenstand des Verfahrens sei allein eine Beweisaufnahme. Deren Ergebnisse seien gegebenenfalls im Hauptprozess heranzuziehen.
Eine Beweiswürdigung finde innerhalb des selbständigen Beweisverfahrens nicht statt. Ein selbständiges Beweisverfahren sei ungeachtet des Inhalts und der Qualität des Gutachtens jedenfalls dann beendet, wenn der Gutachter sich zu den gestellten Beweisfragen geäußert habe und innerhalb eines angemessenen Zeitraums keine Anträge einer Partei zur Ergänzung des Gutachtens gestellt würden. Wenn also die Beweiswürdigung dem Hauptverfahren vorbehalten bleibe, könne im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens keine Pflicht des Antragsgegners gelten, die Ergebnisse eines eingeholten Sachverständigengutachtens anzuerkennen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2025, Seite 966 und in unserer Datenbank.


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