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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Die Erstellung der Jahresabrechnung kann nicht mittels Ersatzvornahme vollstreckt werden
Vertretbare oder unvertretbare Handlung?
31.10.2016 (GE 19/2016, S. 1192) Die Verpflichtung zur Aufstellung einer Jahresabrechnung ist als unvertretbare Handlung zu vollstrecken, da der Verwalter über die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen hat und diese Verpflichtung nicht von Dritten übernommen werden kann.
Der Fall: Die Verwalterin einer WEG, welche die Wohnanlage bis Ende 2014 verwaltet hatte, wurde durch Anerkenntnisurteil vom 3. November 2014 verurteilt, für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 jeweils eine Jahresabrechnung und für das Kalenderjahr 2014 einen Wirtschaftsplan aufzustellen und den Klägern Einsicht in die für die WEG geführten Verwaltungsunterlagen zu gewähren. Die Kläger, im Vollstreckungsverfahren Gläubiger benannt, haben am 20. April 2015 beantragt, sie zu ermächtigen, die der Verwalterin/Schuldnerin nach dem Anerkenntnisurteil obliegenden Verpflichtungen durch eine von ihnen, den Gläubigern, zu beauftragende andere Hausverwaltung vornehmen zu lassen.
Das AG hat dem Antrag stattgegeben. Die von der Verwalterin erstellten Jahresabrechnungen und den Wirtschaftsplan haben die Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, diese stammten nicht von der Verwalterin selbst und seien zudem fehlerhaft. Das LG hat den Beschluss des AG abgeändert und den Antrag der Kläger zurückgewiesen, jedoch die Rechtsbeschwerde an den BGH zugelassen.

Die Entscheidung: Die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Verurteilung des Verwalters einer WEG ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung zu verstehen und deshalb nicht über eine Ersatzvornahme gemäß § 887 ZPO zu vollstrecken, sondern durch Androhung von Zwangsmitteln (Zwangsgeld oder Zwangshaft) nach § 888 ZPO.
Denn der Verwalter hat über die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne hinaus für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen. Diese Verpflichtung kann nur vom Verwalter und nicht von Dritten erfüllt werden. Auch die Verurteilung eines Vermieters zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter ist als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken (BGH, GE 2006, 844 = NJW 2006, 2706). Die Verurteilung der Verwalterin zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans kann dagegen nach Ablauf des Kalenderjahres nicht mehr vollstreckt werden. Denn im Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung ist sie nicht mehr zur Vornahme der Handlung verpflichtet, wenn der vollstreckbare Anspruch durch Zeitablauf erloschen ist. Mit dem Ablauf des Kalenderjahres endet die Pflicht zur Aufstellung eines Wirtschaftsplans und entsteht die Pflicht zur Aufstellung einer Jahresabrechnung.

Anmerkung: In Rechtsprechung und Schrifttum ist bisher ganz überwiegend angenommen worden, dass die Aufstellung einer Jahresabrechnung eine vertretbare Handlung ist, die auch von einem Buchsachverständigen wahrgenommen werden könnte und deshalb über eine Ersatzvornahme zu vollstrecken ist: Die Wohnungseigentümer lassen sich einen Vorschuss vom Gericht festsetzen, mit dem sie eine dritte Person mit den Abrechnungsarbeiten beauftragen.
Dem tritt der BGH – übrigens parallel zur Betriebskostenabrechnung des Vermieters gegenüber dem Mieter (BGH, GE 2006, 844 = NJW 2006, 2706) – entgegen, weil ein anderer Verwalter aus eigener Kenntnis keine Erklärung zur Vollständigkeit und Richtigkeit der seiner Abrechnung zugrundeliegenden Unterlagen des früheren Verwalters abgeben kann. Allerdings wäre allgemein zu beachten, dass nach allgemeiner Meinung bei einem Verwalterwechsel zum Jahresende nicht der alte Verwalter, sondern der neue Verwalter den erst dann fälligen Anspruch der Wohnungseigentümer auf die Erstellung der Jahresabrechnung für das abgelaufene Jahr zu erfüllen hat, was er nach der vorliegenden Entscheidung eigentlich nicht nach eigenem Erkenntnisstand erbringen könnte. Damit hat sich der BGH leider (es hat nicht der WEG-Senat entschieden!) nicht auseinandergesetzt.
Noch gewichtiger sind freilich die Ausführungen dazu, dass der Anspruch auf Aufstellung eines Wirtschaftsplans als Grundlage einer Beschlussfassung nur bis zum Jahresende besteht. Selbst ein prozessual anerkannter Anspruch kann nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsplanjahres überhaupt nicht mehr vollstreckt werden, weil dann nur noch die endgültige Abrechnung der Ausgaben und Einnahmen des Wirtschaftsjahrs in Betracht kommt. Bei einer Klage auf Wirtschaftsplanaufstellung gegen den Verwalter muss also zeitlich darauf geachtet werden, dass nach Vorlage sinnvollerweise noch eine Abstimmung darüber vor dem Jahresende erfolgen kann. Sonst erledigt sich der Anspruch.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1222 und in unserer Datenbank
Autor: VRiKG a.D. RA Dr. Lothar BriesemeisterAKD Dittert, Südhoff & Partner