Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Gerichte verurteilen Vermieter sogar zu Schmerzensgeld
Schädlingsbekämpfung: Nur bei stärkerem Befall Mietkürzung oder Kündigung
16.04.2002 (GE 8/2002, Seite 515) Der Mieter, dessen Wohnung von Schädlingen, wie Ratten, Mäusen oder Schädlingsinsekten heimgesucht wird, verlangt von seinem Vermieter natürlich die umgehende, aber auch dauerhafte Beseitigung dieser Plage. Die Gifte, die der Vermieter oder der von ihm beauftragte Kammerjäger einsetzen, dürfen aber natürlich nicht die Gesundheit des Mieters belasten.
Erscheint dem Mieter der Kampf des Vermieters gegen die Schädlinge zu lang, drohen dem Vermieter Mietkürzungen oder sogar eine Kündigung durch den Mieter. Ganz zu schweigen von eventuellen Schadenersatzansprüchen der Hausbewohner, sofern tatsächlich gesundheitliche Störungen wegen der Giftmittel auftreten. Viele Vermieter haben keine speziellen Kenntnisse über die Schädlinge, gegen die sie ankämpfen sollen. Häufig werden leichtfertig frei käufliche Gifte eingesetzt. Und ob der vielleicht eingesetzte Kammerjäger einwandfreie Arbeit leistet, vermag der Vermieter auch nicht zu garantieren. Es wundert daher nicht, daß die Mietgerichte in vielen Entscheidungen klären mußten, wie sich der Vermieter in solchen für ihn komplizierten Situationen richtig verhalten sollte und welche Rechte seiner Mieter er berücksichtigen sollte.

Eine Mietkürzung ist nach der Meinung des Amtsgerichtes Aachen bereits dann möglich, wenn zwar die Wohnung des Mieters nicht von Schädlingen heimgesucht wird, aber sich im Haus selbst Ratten herumtreiben (AG Aachen, Urt. v. 19.4.2000 - 5 C 5/00 - WM 2000, 379). Das Gericht sah eine Kürzung der Miete um immerhin 10 % als angemessen an. Ebenso muß es ein Mieter nicht hinnehmen, wenn Tauben auf den Fensterbänken erhebliche Kotmengen zurücklassen. Das Amtsgericht Pforzheim (Urt. v. 9.3.2000 - 2 C 160/98 - WM 2000, 302) billigte aus diesem Grund dem Mieter eine Mietminderung von immerhin 30 % zu. Der Sachverständige hatte vor Gericht dargelegt, daß die Außenseiten der Fenster und Fenstersimse erheblich durch Taubenkot verschmutzt wurden. Dies führe nicht nur zu erheblichen Geruchsbelästigungen, sondern berge vielmehr auch gesundheitliche Gefährdungen für den Mieter. Der Einwand des Vermieters gegen die Mietkürzung, der Mieter habe diesen Mangel fünf Monate lang anstandslos hingenommen, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Dies belege keinen Verzicht des Mieters auf die ihm zustehenden Rechte auf die Mietkürzung.

Eine Kürzung der Miete ist andererseits ausgeschlossen, wenn der Vermieter zur Beseitigung einer Rattenplage die im Mietobjekt befindliche Müllschachtanlage schließt und statt dessen einzelne Mülltonnen aufstellt (Urteil LG Hamburg, Urt. v. 12.1.1995 - 334 S 62/94 - WM 1999, 600). Das Gericht erläuterte dem Mieter, daß der Betrieb der Müllschachtanlage im Mietvertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Das Gericht billigte dem Vermieter das Recht zu, solche freiwilligen Zusatzleistungen einzustellen, damit die Rattenplage eingedämmt werden kann. Nur wenige Ameisen in der Wohnung berechtigen den Mieter ebenfalls nicht zu einer Kürzung der Miete (AG Bremerhaven, Urt. v. 10.6.1998 - 53 C 2533/96 - WM 1999, 363). Das Gericht wertete das Auftreten von nur wenigen Ameisen nicht als gravierende Beeinträchtigung der Wohnqualität. Auch die Befürchtung des Mieters, die eigentliche Invasion größerer Ameisenvölker stehe noch bevor, reichte nach der Meinung des Gerichtes nicht als Grund für die Minderung aus.

Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung der Wohnqualität liegt aber vor, wenn in der Wohnung zehn Mäuse täglich auftauchen (AG Brandenburg, Urt. v. 6.8.2001 - 32 C 520/00 - WM 2001, 605). Das Gericht räumt ein, daß auch in einer Stadtwohnung das vereinzelte Auftauchen von Mäusen vom Mieter hingenommen werden muß. Im Mietprozeß konnte der Mieter aber das regelmäßige Auftauchen von bis zu zehn Mäusen beweisen. Dies sah das Gericht als vollwertigen Verlust des Wohnwertes. Eine so schwerwiegende Störung des Mietvertrages berechtige den Mieter zur Reduzierung der Miete auf Null. Des weiteren sah das Gericht hier die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung des Mietvertrages durch den Mieter als gegeben an. Wegen des Verlustes des Wohnwertes erachtete das Gericht nicht mal eine Frist für die Beseitigung des Mangels als erforderlich.
Wenn der Vermieter Giftmittel einsetzt, die bei den Mietern Kopfschmerzen auslösen, entfällt der Anspruch auf Mietzins völlig. Selbst die Zahlung der Betriebskosten soll für die Mieter entfallen (AG Aachen, Urt. v. 3.12.1998 - 80 C 569/9 7- WM 1999, 467). Neben der Mietkürzung kann dem Mieter bei der Verwendung nicht zugelassener Giftmittel durch den Vermieter sogar ein fristloses Kündigungsrecht zustehen (AG Trier, Urt. v. 14.8.2001 - 6 C 549/00 - WM 2001, 486).

Falls der Vermieter zur Schädlingsbekämpfung Giftstoffe versprüht, die für Wohnräume nicht genehmigt sind, kommt für den Mieter überdies ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht, den das AG Köln (Urt. v. 24.5.1995 - 207 C 609/93 - WM 1999, 339) auf mehr als 500 Euro festlegte.
Ein umsichtiger Vermieter wird bei diesen möglichen Konsequenzen für eine ständige vorbeugende Schädlingsbekämpfung sorgen. Die damit verbundenen Kosten kann er im Rahmen der Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Falls allerdings ein konkreter Befall mit Schädlingen bekämpft werden muß, können die dafür anfallenden Kosten nicht auf den Mieter umgelegt werden (AG Hamburg, Urt. v. 14.4.1999 - 40A C 715/98 - WM 1999, 485). Es empfiehlt sich aber, daß dann der Vermieter die eingesetzten Giftmittel durch einen Fachmann überprüfen läßt.
Autor: Gerhard Birkenhauer, Köln