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Schimmelpilzbefall
Fristlose Kündigung
16.04.2002 (GE 8/2002, Seite 499) Ein Mieter, der fristlos wegen Gesundheitsgefährdung (hier: Schimmelpilz) kündigt und den Vermieter nicht zur Mängelbeseitigung in die Wohnung läßt, muß Miete bis zu dem Zeitpunkt zahlen, zu dem er ordentlich hätte kündigen können.
Der Fall: Die Mieter einer Fünf-Zimmer-Wohnung kündigten das Mietverhältnis fristlos unter Hinweis auf einen Schimmelbefall der Wohnung. Der Vermieter sagte eine Mängelbeseitigung zu. Die Mieter lehnten indes die vorzunehmenden Arbeiten unter Hinweis auf die Jahreszeit ab. Sie kündigten auch fristlos wegen Nichtgewährung des Gebrauchs.

Die Entscheidung: Die Mieter mußten die Miete bis zum Ablauf des Monats zahlen, zu dem das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung beendet worden wäre. Eine nach objektiven Kriterien zu beurteilende Gesundheitsgefahr sei nicht dargelegt. Die Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs verstieße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Sie hätten nämlich den zur Mängelbeseitigung bereiten Vermieter bzw. dessen beauftragte Baufirma in die Wohnung lassen müssen, und das auch im Winter, denn es sei bei der Größe der Wohnung zumutbar, jeweils ein Zimmer während der Mängelbeseitigung vorübergehend nicht zu nutzen.

Der Kommentar: Es ist gesicherte Meinung, daß die erhebliche Gefährdung der Gesundheit im Sinne von § 569 Abs. 1 BGB nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist. Allerdings reicht dann schon die Gefährdung, die gesundheitliche Beeinträchtigung muß noch nicht konkret eingetreten sein. Die Gerichte müssen in diesem Zusammenhang an den Vortrag des kündigenden Mieters hohe Anforderungen stellen, denn es muß die objektive Gesundheitsgefährdung festgestellt und zum individuellen Gesundheitszustand des Mieters abgegrenzt werden. Es reicht für den Mieter also nicht aus, einfach vorzutragen, in der Wohnung befinde sich Schimmel, und dieser sei allgemein gesundheitsgefährdend. Die Gerichte müssen schon deswegen „penibel“ sein, weil derartige Kündigungen häufig einen anderen Hintergrund haben: Die Wohnung ist von der Miete her zu hoch, man möchte sich aus dem Mietverhältnis lösen, und das möglichst sofort. Jedenfalls sind Entscheidungen mit Begründungen etwa „Daß dieser Wohnungszustand eine erhebliche Gesundheitsgefährdung (Schimmelpilzbildung) darstellt, liegt auf der Hand. Wie aus der ärztlichen Bescheinigung hervorgeht, droht eine Gesundheitsgefährdung nicht nur, sondern ist bereits in Form von Bronchitiserkrankungen (der Mieter) eingetreten.“ bedenklich (LG Düsseldorf WuM 1989, 13). Diese Betrachtungsweise ist zu pauschal. Bei der ärztlichen Bescheinigung (sie bekommt man manchmal recht einfach) ist zur Kausalität zwischen Schimmelpilz und Bronchitis nichts gesagt (bekanntermaßen bekommt man Bronchitis auch in anderem Zusammenhang, vgl. dazu auch LG Berlin [ZK 62] NZM 1999, 614 f.).
Eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt nach dessen Absatz 3 die Setzung einer Abhilfefrist durch den Mieter voraus. Will der Vermieter dann allerdings den Mangel beseitigen, muß der Mieter ihn auch in die Wohnung lassen. Der Mieter darf nur dann zeitweilig den Zutritt verweigern, wenn ihm die entsprechende Mangelbeseitigung unzumutbar ist. In diesem Zusammenhang und in Verbindung mit einem möglicherweise eintretenden Annahmeverzug des Mieters kann es zu einem „munteren Spielchen“ zwischen den Mietvertragsparteien kommen. Der Vermieter muß nämlich seine Leistung entsprechend ankündigen. Die Mitteilung an den Mieter, dieser möge sich doch bitte mit einem bestimmten Handwerker in Verbindung setzen, reicht nicht (vgl. dazu auch Schach in Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl. § 536 a Rn. 6).
LG Berlin, Urteil vom 15. Februar 2002 - 63 S 234/01 - Wortlaut Seite 532
Autor: Klaus Schach