Archiv / Suche
Pflicht des Eigentümers oder des Grundstücksnutzers?
Instandhaltung von Anpflanzungen auf Datschengrundstücken
03.04.2002 (GE 7/02, Seite 447) Besonders jetzt nach den Sturmschäden der letzten Wochen taucht bei Datschengrundstücken die Frage auf: Wer ist für die Baumpflege zuständig? Die Kosten dafür sind oft fünfstellig.
I. Vorbemerkung
Baumpflege ist teuer. Dank der „Segnungen“ des durch das Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) gewährten Kündigungsschutzes für Erholungsgrundstücke auf dem Gebiet der neuen Länder1) vegetiert eine große Zahl von Erholungsgrundstücken im wahrsten Sinne des Wortes vor sich hin. Das Grundstück dient, nicht selten illegal untervermietet, als „Sparbüchse“ für die im Falle der eigentümerseitigen Kündigung zu leistende Zeitwertentschädigung. Insbesondere in Zeiten der Frühjahrs- und Herbststürme entstehen hier zunehmend Streitigkeiten, deren Grundlage in dem maroden Zustand des Baumbestandes liegt. Der Eigentümer erhält Post vom Nutzer, er möge doch den Baumbestand so pflegen, daß keinerlei Gefahren von diesem ausgehen oder gar ein Schreiben der Ordnungsbehörde, er möge die bestehende Gefährdung beseitigen, anderenfalls im Wege der Ersatzvornahme auf seine Kosten eingeschritten werde.
II. Wem gehört der Baumbestand?
Das Begehren des Nutzers kann hier nicht ohne weiteres mit dem Argument zurückgewiesen werden, es handele sich bei den vom Nutzer selbst geschaffenen Anpflanzungen um dessen Eigentum, um das er sich selbst zu kümmern habe. Auch nutzerseitige Anpflanzungen stehen tatsächlich im Eigentum des Grundstückseigentümers.
Die Eigentumsfrage hinsichtlich der Anpflanzungen auf Bodenflächen zur Erholung war im Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) widersprüchlich geregelt. Gem. § 313 ZGB war der Nutzer berechtigt und verpflichtet, die ihm überlassene Bodenfläche bestimmungsgemäß zu nutzen. Er konnte insbesondere Anpflanzungen vornehmen und sich den Ertrag aneignen. Nach der Regelung des § 314 VI ZGB war der Eigentümer im Falle der Beendigung des Nutzungsverhältnisses verpflichtet, auf Verlangen des Nutzers von diesem vorgenommene Anpflanzungen durch „Kauf“ zu erwerben. Der Terminus „Kauf“ ist hier jedoch augenscheinlich fehlerhaft verwendet worden. Auch nach dem ZGB umfaßte das Eigentum am Grundstück auch das Eigentum an den auf diesem befindlichen Anpflanzungen (§ 295 I ZGB2)). Eine eigentumsrechtliche Trennung war zwar theoretisch möglich, mußte jedoch auf besonderer Rechtsvorschrift beruhen. Entsprechende Regelungen finden sich z. B. in § 27 I LPG-Gesetz zu Anpflanzungen von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, aber auch in §§ 288 IV, 292 III ZGB für Anpflanzungen von Nutzern, denen ein förmliches Nutzungsrecht verliehen wurde. Die für die vertragliche Nutzung von Erholungsgrundstücken maßgeblichen Regelungen der §§ 312 ff. ZGB sehen einen Eigentumsübergang für die Anpflanzungen nicht vor. Vom Nutzer vorgenommene Anpflanzungen gingen daher unmittelbar in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Deren Wert war durch den Eigentümer zu entschädigen.
Dies folgt heute zutreffend auch aus dem SchuldRAnpG selbst. Nach der Regelung des § 27 SchuldRAnpG hat der Grundstückseigentümer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses neben der Entschädigung für das Bauwerk auch eine Entschädigung für die Anpflanzungen zu leisten. Die Entschädigungspflicht hinsichtlich der Baulichkeiten gründet auf dem durch § 11 I SchuldRAnpG angeordneten Übergang des selbständigen Eigentums des Nutzers an der Baulichkeit auf den Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses. Eine entsprechende Regelung für den Übergang des Eigentums an Anpflanzungen fehlt. Sie war nicht erforderlich, weil der Grundstückseigentümer auch bereits Eigentümer der Anpflanzungen war. Die in § 27 SchuldRAnpG geregelte Entschädigungspflicht für Anpflanzungen gründet nicht auf dem Eigentumsverlust, sondern ist die auf Vertrauensschutz basierende Fortschreibung der bereits in § 314 VI ZGB vorgesehenen Ausgleichsregelung3).
III. Instandhaltungspflicht für Anpflanzungen
Aus der eigentumsrechtlichen Situation folgt jedoch nicht zwingend die Instandhaltungspflicht für Anpflanzungen gegenüber dem Nutzer. Maßgeblich für das zwischen Eigentümer und Nutzer bestehende Rechtsverhältnis ist zunächst der Vertragsinhalt. Zu DDR-Zeiten wurde eine Vielzahl unterschiedlichster Vertragsmuster verwendet.4) Ist im Vertrag eine ausdrückliche Regelung enthalten5), ist der Nutzer vertraglich zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet. Fehlt eine ausdrückliche Vertragsklausel und ergibt sich auch aus sonstigen Regelungen des Vertrages keine eindeutige Pflicht, wer für Instandhaltung oder Gefahrenabwehr zuständig ist, gilt über den Verweis des § 6 I SchuldRAnpG das Miet- oder Pachtrecht des BGB.6) Hiernach umfaßt die Instandhaltungspflicht des Grundstückseigentümers gem. § 535 BGB (n. F.) nur die Nutzung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zustand bei Vertragsschluß. Der Grundstückseigentümer hat diesen Zustand zu erhalten, nicht aber für Veränderungen dieses Zustandes einzustehen, die durch den Nutzer selbst herbeigeführt wurden.
Instandhaltungspflichten bestehen daher nur für Anpflanzungen, insbesondere Bäume, die bereits bei Begründung des Nutzungsverhältnisses auf dem Grundstück aufstanden. Sind die Anpflanzungen durch den Nutzer oder dessen Rechtsvorgänger selbst vorgenommen worden, scheidet eine Instandhaltungspflicht des Eigentümers aus. Der Eigentümer muß dabei auch nicht die Behauptung des Nutzers fürchten, das schädigende Gewächs sei nicht durch ihn gepflanzt, sondern z. B. durch Samenflug entstanden. Bei Mängeln der Mietsache, die ausschließlich im Obhutsbereich des Nutzers entstanden sind, muß dieser beweisen, daß die Schäden nicht von ihm oder von Personen, für die er einstehen muß, verursacht und verschuldet worden sind.7) Diesen Beweis wird er praktisch nicht führen können. Im Ergebnis können Instandhaltungspflichten des Eigentümers nur für solche Anpflanzungen bestehen, die bei Vertragsschluß nachweislich bereits vorhanden waren.
IV. Umfang der Instandhaltungspflichten
Nach § 535 I BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies bedeutet, daß der Vermieter eines Grundstückes grundsätzlich dazu verpflichtet ist, für die Instandhaltung und gegebenenfalls die Instandsetzung des Grundstückes einschließlich seines Aufwuchses zu sorgen. Diesbezügliche Pflichten des Nutzers regelt das Gesetz nicht. Sie ergeben sich allerdings nach dem jeweiligen Vertragstypus u. U. aus der Verkehrssitte. Ebenso wie die Alltagsreinigung von Mieträumlichkeiten zu den Pflichten des Mieters gehört, ist dieser bei einem als Einzelgarten vermieteten Grundstück zum Mähen des Rasens oder Fegen des Laubes verpflichtet. Obgleich derartige Maßnahmen qualitativ durchaus als Instandhaltung gewertet werden können, obliegen diese einfachen Pflegetätigkeiten dem Nutzer. Maßnahmen, die eine spezifische Qualifikation erfordern, wie z. B. Baumpflegearbeiten, gehören jedoch nicht zum verkehrsmäßigen Pflichtenkreis des Mieters.8) Hier hat allein der Vermieter für Instandsetzung und -haltung zu sorgen, es sei denn, der Mieter hat die Verschlechterung des Zustandes zu vertreten. Insbesondere für durch Abnutzung, Witterung und Alterung, aber auch Einflüsse von außen wie z. B. Blitzschlag oder Schädlingsbefall bedingte Schäden muß der Vermieter einstehen9).
Dies gilt allerdings nur soweit, als die entsprechenden Pflichten nicht in zulässiger Weise auf den Mieter abgewälzt wurden. Für den vorliegenden Bereich der dem SchuldRAnpG unterliegenden Vertragsverhältnisse über Erholungsgrundstücke in den neuen Bundesländern bestehen nur selten konkrete vertragliche Vereinbarungen.10) Dies war wegen der nach dem Zivilgesetzbuch der DDR dem Nutzer obliegenden Pflicht zur Erhaltung des Grundstückes auch unnötig. Erst mit Inkrafttreten des SchuldRAnpG wurde dem Grundstückseigentümer die Erhaltungspflicht überbürdet.
V. Beschränkung wegen Vernachlässigung durch den Nutzer
Soweit für vor Vertragsschluß vorhandene Anpflanzungen grundsätzlich eine Instandhaltungspflicht des Eigentümers besteht, unterliegt diese einer wesentlichen Einschränkung: Bis zum 31. Dezember 1994 waren nach der Regelung des Art. 232 § 4 EGBGB die Regelungen des Zivilgesetzbuches der DDR auf das Nutzungsverhältnis weiter anzuwenden. Hiernach oblag gerade nicht dem Eigentümer die Verpflichtung, Grundstück und Aufwuchs instand zu halten.11) Mit der Grundsatzbestimmung der Regelung des § 284 ZGB ist die Verantwortung für das vertraglich genutzte Grundstück vielmehr in vollem Umfang auf den Nutzer abgewälzt worden. Dies war angesichts des regelmäßig minimalen Nutzungsentgelts auch sachgerecht. Nach der Regelung des § 284 II ZGB hatte die Nutzung des Bodens durch Bürger so zu erfolgen, „daß sie mit den gesellschaftlichen Erfordernissen übereinstimmt. Sie umfaßt die Pflege und den Schutz des Bodens als wichtige Voraussetzung für die Gestaltung der sozialistischen Umwelt- und Lebensbedingungen der Bürger“. „Pflege des Bodens“ war insoweit als Pflege des Grundstückes insgesamt zu verstehen. Ein ungepflegtes Grundstück schied als Grundlage der Gestaltung der sozialistischen Umwelt- und Lebensbedingungen aus. Dies bestätigt für den Bereich der Erholungsgrundstücke darüber hinaus auch die Regelung des § 314 V ZGB, nach der der Nutzungsberechtigte bei Ende des Nutzungsverhältnisses die Bodenfläche in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben hatte. Schließlich war der Grundstücksnutzer nach der Regelung des § 313 I ZGB berechtigt und verpflichtet, die ihm überlassene Bodenfläche bestimmungsgemäß zu nutzen. Zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines Grundstückes gehört jedoch insbesondere auch die Pflege des dortigen Aufwuchses, nicht aber dessen Ausbeute unter Vernachlässigung des Bestandes.
Soweit die Pflege des Aufwuchses durch den Nutzer vernachlässigt wurde, kann er das Ergebnis dieser Vertragspflichtverletzung nicht heute gegenüber dem Grundstückseigentümer als Instandhaltungsanspruch geltend machen. Ein derartiges Verlangen stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar. Im Umfang der aus der Vertragspflichtverletzung resultierenden Aufwendungen kann der Eigentümer vielmehr dem Nutzer gegenüber Schadensersatz geltend machen. Der Grundstückseigentümer muß hier allerdings nachweisen, daß der mangelhafte Zustand der Anpflanzungen tatsächlich auf mangelhafter Pflege bis zum 31. Dezember 1994 beruht. Sofern er z. B. aufgrund öffentlich-rechtlicher Anordnungen oder aus Gründen der Verkehrssicherung zu Maßnahmen veranlaßt wird, tut er gut daran, zuvor den tatsächlichen Zustand festzuhalten und sich fachkundigen (beweisverwertbaren) Rat über den Grad der Vernachlässigung einzuholen.
V. Fazit
Mit Inkrafttreten des SchuldRAnpG am 1. Januar 1995 wurde dem Grundstückseigentümer grundsätzlich die Verpflichtung zur Instandhaltung des bei Begründung des Nutzungsverhältnisses vorhandenen Aufwuchses überbürdet. Der Nutzer trägt jedoch die Beweislast dafür, daß eine Anpflanzung tatsächlich bereits bei Begründung des Nutzungsverhältnisses bestand oder nicht später von ihm selbst geschaffen wurde. Soweit dem Grundstückseigentümer die Erhaltungspflicht für älteren Aufwuchs obliegt, muß er dem Nutzer gegenüber hierfür nur dann einstehen, wenn diesen nicht eine Verletzung der ihm bis zum Inkrafttreten des SchuldRAnpG am 1. Januar 1995 obliegenden Pflicht zur Erhaltung der Anpflanzungen trifft.
Fußnoten:
1) sog. Datschennutzungsverhältnisse
2) Für dem Anwendungsbereich des BGB unterliegende Anpflanzungen vor dem 1.1.1975 ist die Rechtslage ähnlich. Bäume und Sträucher sind hier wesentliche Bestandteile des Grundstücks, § 94 BGB (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 160)
3) Vgl. Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, § 27 SchuldRAnpG, Rdnr. 1; Gemmeke in R/R/B, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 27 SchuldRAnpG, Rdnr. 1
4) Vgl. Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, Anhang A, S. 535 ff.
5) Z. B. „Unfallgefahren müssen vom Nutzer zu seinen Lasten beseitigt werden“
6) Bei Erholungsgrundstücken handelt es sich um Mietverträge. Ganz regelmäßig werden auch solche Verträge unzutreffend als Pachtverträge bezeichnet
7) Ständige Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 1994, 2019
8) Vgl. LG Siegen WM 1991, 85
9) Mißverständlich insofern: AG Schöneberg GE 2000, 1691
10) Solche bleiben allerdings wirksam. Sie entsprechen dem seinerzeitigen gesetzlichen Leitbild, § 6 II 2 SchuldRAnpG
11) Diese Verpflichtung bestand nur im Wohnungsmietrecht, § 101 ZGB
Baumpflege ist teuer. Dank der „Segnungen“ des durch das Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) gewährten Kündigungsschutzes für Erholungsgrundstücke auf dem Gebiet der neuen Länder1) vegetiert eine große Zahl von Erholungsgrundstücken im wahrsten Sinne des Wortes vor sich hin. Das Grundstück dient, nicht selten illegal untervermietet, als „Sparbüchse“ für die im Falle der eigentümerseitigen Kündigung zu leistende Zeitwertentschädigung. Insbesondere in Zeiten der Frühjahrs- und Herbststürme entstehen hier zunehmend Streitigkeiten, deren Grundlage in dem maroden Zustand des Baumbestandes liegt. Der Eigentümer erhält Post vom Nutzer, er möge doch den Baumbestand so pflegen, daß keinerlei Gefahren von diesem ausgehen oder gar ein Schreiben der Ordnungsbehörde, er möge die bestehende Gefährdung beseitigen, anderenfalls im Wege der Ersatzvornahme auf seine Kosten eingeschritten werde.
II. Wem gehört der Baumbestand?
Das Begehren des Nutzers kann hier nicht ohne weiteres mit dem Argument zurückgewiesen werden, es handele sich bei den vom Nutzer selbst geschaffenen Anpflanzungen um dessen Eigentum, um das er sich selbst zu kümmern habe. Auch nutzerseitige Anpflanzungen stehen tatsächlich im Eigentum des Grundstückseigentümers.
Die Eigentumsfrage hinsichtlich der Anpflanzungen auf Bodenflächen zur Erholung war im Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) widersprüchlich geregelt. Gem. § 313 ZGB war der Nutzer berechtigt und verpflichtet, die ihm überlassene Bodenfläche bestimmungsgemäß zu nutzen. Er konnte insbesondere Anpflanzungen vornehmen und sich den Ertrag aneignen. Nach der Regelung des § 314 VI ZGB war der Eigentümer im Falle der Beendigung des Nutzungsverhältnisses verpflichtet, auf Verlangen des Nutzers von diesem vorgenommene Anpflanzungen durch „Kauf“ zu erwerben. Der Terminus „Kauf“ ist hier jedoch augenscheinlich fehlerhaft verwendet worden. Auch nach dem ZGB umfaßte das Eigentum am Grundstück auch das Eigentum an den auf diesem befindlichen Anpflanzungen (§ 295 I ZGB2)). Eine eigentumsrechtliche Trennung war zwar theoretisch möglich, mußte jedoch auf besonderer Rechtsvorschrift beruhen. Entsprechende Regelungen finden sich z. B. in § 27 I LPG-Gesetz zu Anpflanzungen von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, aber auch in §§ 288 IV, 292 III ZGB für Anpflanzungen von Nutzern, denen ein förmliches Nutzungsrecht verliehen wurde. Die für die vertragliche Nutzung von Erholungsgrundstücken maßgeblichen Regelungen der §§ 312 ff. ZGB sehen einen Eigentumsübergang für die Anpflanzungen nicht vor. Vom Nutzer vorgenommene Anpflanzungen gingen daher unmittelbar in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Deren Wert war durch den Eigentümer zu entschädigen.
Dies folgt heute zutreffend auch aus dem SchuldRAnpG selbst. Nach der Regelung des § 27 SchuldRAnpG hat der Grundstückseigentümer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses neben der Entschädigung für das Bauwerk auch eine Entschädigung für die Anpflanzungen zu leisten. Die Entschädigungspflicht hinsichtlich der Baulichkeiten gründet auf dem durch § 11 I SchuldRAnpG angeordneten Übergang des selbständigen Eigentums des Nutzers an der Baulichkeit auf den Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Beendigung des Nutzungsverhältnisses. Eine entsprechende Regelung für den Übergang des Eigentums an Anpflanzungen fehlt. Sie war nicht erforderlich, weil der Grundstückseigentümer auch bereits Eigentümer der Anpflanzungen war. Die in § 27 SchuldRAnpG geregelte Entschädigungspflicht für Anpflanzungen gründet nicht auf dem Eigentumsverlust, sondern ist die auf Vertrauensschutz basierende Fortschreibung der bereits in § 314 VI ZGB vorgesehenen Ausgleichsregelung3).
III. Instandhaltungspflicht für Anpflanzungen
Aus der eigentumsrechtlichen Situation folgt jedoch nicht zwingend die Instandhaltungspflicht für Anpflanzungen gegenüber dem Nutzer. Maßgeblich für das zwischen Eigentümer und Nutzer bestehende Rechtsverhältnis ist zunächst der Vertragsinhalt. Zu DDR-Zeiten wurde eine Vielzahl unterschiedlichster Vertragsmuster verwendet.4) Ist im Vertrag eine ausdrückliche Regelung enthalten5), ist der Nutzer vertraglich zur Gefahrenbeseitigung verpflichtet. Fehlt eine ausdrückliche Vertragsklausel und ergibt sich auch aus sonstigen Regelungen des Vertrages keine eindeutige Pflicht, wer für Instandhaltung oder Gefahrenabwehr zuständig ist, gilt über den Verweis des § 6 I SchuldRAnpG das Miet- oder Pachtrecht des BGB.6) Hiernach umfaßt die Instandhaltungspflicht des Grundstückseigentümers gem. § 535 BGB (n. F.) nur die Nutzung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zustand bei Vertragsschluß. Der Grundstückseigentümer hat diesen Zustand zu erhalten, nicht aber für Veränderungen dieses Zustandes einzustehen, die durch den Nutzer selbst herbeigeführt wurden.
Instandhaltungspflichten bestehen daher nur für Anpflanzungen, insbesondere Bäume, die bereits bei Begründung des Nutzungsverhältnisses auf dem Grundstück aufstanden. Sind die Anpflanzungen durch den Nutzer oder dessen Rechtsvorgänger selbst vorgenommen worden, scheidet eine Instandhaltungspflicht des Eigentümers aus. Der Eigentümer muß dabei auch nicht die Behauptung des Nutzers fürchten, das schädigende Gewächs sei nicht durch ihn gepflanzt, sondern z. B. durch Samenflug entstanden. Bei Mängeln der Mietsache, die ausschließlich im Obhutsbereich des Nutzers entstanden sind, muß dieser beweisen, daß die Schäden nicht von ihm oder von Personen, für die er einstehen muß, verursacht und verschuldet worden sind.7) Diesen Beweis wird er praktisch nicht führen können. Im Ergebnis können Instandhaltungspflichten des Eigentümers nur für solche Anpflanzungen bestehen, die bei Vertragsschluß nachweislich bereits vorhanden waren.
IV. Umfang der Instandhaltungspflichten
Nach § 535 I BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies bedeutet, daß der Vermieter eines Grundstückes grundsätzlich dazu verpflichtet ist, für die Instandhaltung und gegebenenfalls die Instandsetzung des Grundstückes einschließlich seines Aufwuchses zu sorgen. Diesbezügliche Pflichten des Nutzers regelt das Gesetz nicht. Sie ergeben sich allerdings nach dem jeweiligen Vertragstypus u. U. aus der Verkehrssitte. Ebenso wie die Alltagsreinigung von Mieträumlichkeiten zu den Pflichten des Mieters gehört, ist dieser bei einem als Einzelgarten vermieteten Grundstück zum Mähen des Rasens oder Fegen des Laubes verpflichtet. Obgleich derartige Maßnahmen qualitativ durchaus als Instandhaltung gewertet werden können, obliegen diese einfachen Pflegetätigkeiten dem Nutzer. Maßnahmen, die eine spezifische Qualifikation erfordern, wie z. B. Baumpflegearbeiten, gehören jedoch nicht zum verkehrsmäßigen Pflichtenkreis des Mieters.8) Hier hat allein der Vermieter für Instandsetzung und -haltung zu sorgen, es sei denn, der Mieter hat die Verschlechterung des Zustandes zu vertreten. Insbesondere für durch Abnutzung, Witterung und Alterung, aber auch Einflüsse von außen wie z. B. Blitzschlag oder Schädlingsbefall bedingte Schäden muß der Vermieter einstehen9).
Dies gilt allerdings nur soweit, als die entsprechenden Pflichten nicht in zulässiger Weise auf den Mieter abgewälzt wurden. Für den vorliegenden Bereich der dem SchuldRAnpG unterliegenden Vertragsverhältnisse über Erholungsgrundstücke in den neuen Bundesländern bestehen nur selten konkrete vertragliche Vereinbarungen.10) Dies war wegen der nach dem Zivilgesetzbuch der DDR dem Nutzer obliegenden Pflicht zur Erhaltung des Grundstückes auch unnötig. Erst mit Inkrafttreten des SchuldRAnpG wurde dem Grundstückseigentümer die Erhaltungspflicht überbürdet.
V. Beschränkung wegen Vernachlässigung durch den Nutzer
Soweit für vor Vertragsschluß vorhandene Anpflanzungen grundsätzlich eine Instandhaltungspflicht des Eigentümers besteht, unterliegt diese einer wesentlichen Einschränkung: Bis zum 31. Dezember 1994 waren nach der Regelung des Art. 232 § 4 EGBGB die Regelungen des Zivilgesetzbuches der DDR auf das Nutzungsverhältnis weiter anzuwenden. Hiernach oblag gerade nicht dem Eigentümer die Verpflichtung, Grundstück und Aufwuchs instand zu halten.11) Mit der Grundsatzbestimmung der Regelung des § 284 ZGB ist die Verantwortung für das vertraglich genutzte Grundstück vielmehr in vollem Umfang auf den Nutzer abgewälzt worden. Dies war angesichts des regelmäßig minimalen Nutzungsentgelts auch sachgerecht. Nach der Regelung des § 284 II ZGB hatte die Nutzung des Bodens durch Bürger so zu erfolgen, „daß sie mit den gesellschaftlichen Erfordernissen übereinstimmt. Sie umfaßt die Pflege und den Schutz des Bodens als wichtige Voraussetzung für die Gestaltung der sozialistischen Umwelt- und Lebensbedingungen der Bürger“. „Pflege des Bodens“ war insoweit als Pflege des Grundstückes insgesamt zu verstehen. Ein ungepflegtes Grundstück schied als Grundlage der Gestaltung der sozialistischen Umwelt- und Lebensbedingungen aus. Dies bestätigt für den Bereich der Erholungsgrundstücke darüber hinaus auch die Regelung des § 314 V ZGB, nach der der Nutzungsberechtigte bei Ende des Nutzungsverhältnisses die Bodenfläche in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben hatte. Schließlich war der Grundstücksnutzer nach der Regelung des § 313 I ZGB berechtigt und verpflichtet, die ihm überlassene Bodenfläche bestimmungsgemäß zu nutzen. Zur bestimmungsgemäßen Nutzung eines Grundstückes gehört jedoch insbesondere auch die Pflege des dortigen Aufwuchses, nicht aber dessen Ausbeute unter Vernachlässigung des Bestandes.
Soweit die Pflege des Aufwuchses durch den Nutzer vernachlässigt wurde, kann er das Ergebnis dieser Vertragspflichtverletzung nicht heute gegenüber dem Grundstückseigentümer als Instandhaltungsanspruch geltend machen. Ein derartiges Verlangen stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar. Im Umfang der aus der Vertragspflichtverletzung resultierenden Aufwendungen kann der Eigentümer vielmehr dem Nutzer gegenüber Schadensersatz geltend machen. Der Grundstückseigentümer muß hier allerdings nachweisen, daß der mangelhafte Zustand der Anpflanzungen tatsächlich auf mangelhafter Pflege bis zum 31. Dezember 1994 beruht. Sofern er z. B. aufgrund öffentlich-rechtlicher Anordnungen oder aus Gründen der Verkehrssicherung zu Maßnahmen veranlaßt wird, tut er gut daran, zuvor den tatsächlichen Zustand festzuhalten und sich fachkundigen (beweisverwertbaren) Rat über den Grad der Vernachlässigung einzuholen.
V. Fazit
Mit Inkrafttreten des SchuldRAnpG am 1. Januar 1995 wurde dem Grundstückseigentümer grundsätzlich die Verpflichtung zur Instandhaltung des bei Begründung des Nutzungsverhältnisses vorhandenen Aufwuchses überbürdet. Der Nutzer trägt jedoch die Beweislast dafür, daß eine Anpflanzung tatsächlich bereits bei Begründung des Nutzungsverhältnisses bestand oder nicht später von ihm selbst geschaffen wurde. Soweit dem Grundstückseigentümer die Erhaltungspflicht für älteren Aufwuchs obliegt, muß er dem Nutzer gegenüber hierfür nur dann einstehen, wenn diesen nicht eine Verletzung der ihm bis zum Inkrafttreten des SchuldRAnpG am 1. Januar 1995 obliegenden Pflicht zur Erhaltung der Anpflanzungen trifft.
Fußnoten:
1) sog. Datschennutzungsverhältnisse
2) Für dem Anwendungsbereich des BGB unterliegende Anpflanzungen vor dem 1.1.1975 ist die Rechtslage ähnlich. Bäume und Sträucher sind hier wesentliche Bestandteile des Grundstücks, § 94 BGB (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 160)
3) Vgl. Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, § 27 SchuldRAnpG, Rdnr. 1; Gemmeke in R/R/B, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 27 SchuldRAnpG, Rdnr. 1
4) Vgl. Schnabel, Schuldrechtsänderungsgesetz, Anhang A, S. 535 ff.
5) Z. B. „Unfallgefahren müssen vom Nutzer zu seinen Lasten beseitigt werden“
6) Bei Erholungsgrundstücken handelt es sich um Mietverträge. Ganz regelmäßig werden auch solche Verträge unzutreffend als Pachtverträge bezeichnet
7) Ständige Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 1994, 2019
8) Vgl. LG Siegen WM 1991, 85
9) Mißverständlich insofern: AG Schöneberg GE 2000, 1691
10) Solche bleiben allerdings wirksam. Sie entsprechen dem seinerzeitigen gesetzlichen Leitbild, § 6 II 2 SchuldRAnpG
11) Diese Verpflichtung bestand nur im Wohnungsmietrecht, § 101 ZGB
Autor: Rechtsanwalt Andreas Kühnlein, Berlin