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Neubau und nachträgliche Anforderungen an Altbau
Seit 1. Februar 2002 gilt die Energieeinsparverordnung
03.04.2002 (GE 7/02, Seite 459) Seit dem 1. Februar 2002 gilt die Energieeinsparverordnung (EnEV). Politischer Auftrag bzw. Vorgaben für die Energieeinsparverordnung waren die Verschärfung der Anforderungen bei Neubauten um rund 30 %, eine stärkere Einbeziehung des Gebäudebestandes sowie die Einführung von Energiekennzahlen im Gebäudebestand.
I. Allgemeines
Die Energieeinsparverordnung bringt zunächst eine Rechtsvereinfachung, indem sie die Wärmeschutzverordnung und die Heizungsanlagenverordnung in einem neuen Regelwerk zusammenfaßt. Der Verordnungstext selbst wurde entlastet, die EnEV verweist vielfach auf die Regeln der Technik und setzt europarechtliche Vorgaben um.

II. Geltungsbereich der Verordnung
Die Energieeinsparverordnung gilt prinzipiell für alle Gebäude, die zum Zweck ihrer Nutzung beheizt werden müssen. Der Regelungsbereich der Verordnung umfaßt im Prinzip alle neu zu bauenden und die zu verändernden beheizten Gebäude, einschließlich ihrer Heizungs-, raumlufttechnischen und zur Warmwasserbereitung dienenden Anlagen.
Bei neu zu errichtenden Gebäuden unterscheidet die Verordnung nach Art des Gebäudes und seinem Temperaturniveau. Dabei wird im wesentlichen zwischen Gebäuden mit normalen (§ 2 Nr. 1 und 2 EnEV) und niedrigen Innentemperaturen (§ 2 Nr. 3 EnEV) unterschieden. Beide Fälle werden mit differenzierten Anforderungen belegt.
Unmittelbarer Adressat der neuen Regelungen ist jeder, der einen Neubau errichten will. Zum anderen sieht also die EnEV bestimmte Pflichten im Gebäudebestand vor, die den jeweiligen Eigentümer treffen. Das neue Regelwerk gilt darüber hinaus für alle, die im weitesten Sinne mit dem Bauen zu tun haben, also Planer (Architekten, Ingenieure usw.), Handwerker, Bauunternehmer, aber auch die Bauwirtschaft, die bestimmte Bauprodukte zur Verwendung im Gebäudebereich herstellt und vertreibt.

III. Genereller Ansatz
Laut der Begründung der Bundesregierung soll die Sicherstellung des baulichen Wärmeschutzes und der Einbau von Heizungsanlagen der Aufrechterhaltung gewünschter Solltemperaturen unter der Bedingung unbedenklicher hygienisch-gesundheitlicher Verhältnisse dienen. Aus der Sicht zunehmender Umweltprobleme und der Verknappung fossiler Energieträger besteht nach Ansicht der Bundesregierung das politische und auch wirtschaftliche Ziel, diese Aufgabe mit höchster Effizienz bei niedrigstem Ressourceneinsatz durchzuführen. Die Regelungen des Bundes zur Sicherstellung energiesparender Verhältnisse im Gebäudebereich basieren auf dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) von 1976. Es ermächtigt die Bundesregierung, Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz und an Anlagen, die der Beheizung und Kühlung sowie der Herstellung von Brauchwarmwasser dienen, zu stellen. Allerdings schränkt das Gesetz den Handlungsspielraum für den Verordnungsgeber aus der Sicht der Wirtschaftlichkeit ein. Die Anforderungen sind so zu stellen, daß sie nach dem Stand der Technik erfüllbar und wirtschaftlich vertretbar sind. Das bedeutet, daß die Verordnung mit am Markt frei verfügbaren Produkten und Techniken vollziehbar sein muß. Darüber hinaus müssen sich notwendige Mehrinvestitionen in angemessenen Zeiträumen durch die eingesparten Ener-giekosten amortisieren. Die Wirtschaftlichkeitsklausel gilt dabei sowohl für den Neubau als auch für den Gebäudebestand. Um eine weitere Absenkung des Heizenergiebedarfs wirtschaftlich zu realisieren, wurde mit der neuen Verordnung das Zusammenspiel zwischen dem Gebäude und seiner Heiztechnik zum zentralen Ansatzpunkt weiterer Regelungen gemacht.

IV. Umfassende Auswirkungen der EnEV auf den Neubau
Die wesentlichen Änderungen der Energieeinsparverordnung im Vergleich zur früheren Wärmeschutzverordnung betreffen Neubauten - und hier insbesondere die Planungs- und Berechnungsabläufe. Ein Neubau muß nun grundsätzlich so errichtet werden, daß er einen bestimmten rechnerisch ermittelten Bedarf an Primärenergie für Heizung, Lüftung und Warmwasser nicht überschreitet. Es wird von der EnEV nicht vorgeschrieben, wie ein Gebäude auszuführen ist, sondern es kommt auf die Einhaltung des für das konkrete Gebäude festgestellten zulässigen Energiebedarfs an. Allerdings muß dabei aus Gründen der Daseinsvorsorge ein gewisses bau- und anlagentechnisches Mindestniveau eingehalten werden.
Letztlich heißt das: Dem Bauherrn bleibt es im wesentlichen freigestellt, mit welchen Mitteln er das vorgegebene Ziel erreicht, ob über einen verstärkten Wärmeschutz, eine anspruchsvollere Anlagentechnik, unter Einsatz erneuerbarer Energien, energetisch sinnvoller Techniken zur Lüftung und Raumluftkonditionierung oder eine verbesserte Detailplanung zur Vermeidung von Wärmebrücken u. ä.
Deshalb werden auch die Planungsfreiheit und damit die Vielfalt der Architektur durch die Bestimmungen der EnEV nicht eingeengt. Hinzu kommt, daß die Integration des baulichen Wärmeschutzes und der Anlagentechnik unter dem Dach einer Verordnung, die „ganzheitliche Planung“ und damit die Zusammenarbeit zwischen Architekten und Ingenieuren fördert.
Im einzelnen müssen Planer und Bauherren bei Neubauten nun folgendes beachten:
Das Energiesparhaus wird letztlich zur Pflicht. Der Energiebedarf zum Heizen und Erwärmen des Brauchwassers soll nach der EnEV um ein Drittel gesenkt werden, d. h. letzten Endes bewegt man sich vom bisherigen 10-Liter-Haus in Richtung 7-Liter-Haus. Architekten und Planer müssen künftig Gebäude ganzheitlich betrachten und auch die einzubauende Anlagentechnik frühzeitig berücksichtigen. Die Energieeinsparverordnung begrenzt den Primärenergiebedarf für Gebäude. Sie eröffnet für die Planer die Chance, das Energiesparziel flexibel und kostengünstig zu erreichen, indem sie sowohl den Wärmeschutz als auch die Anlagentechnik berücksichtigen.
Durch die Energieeinsparverordnung ergeben sich für den Neubau folgende Eckpunkte:
n weitreichende Kompensationsmöglichkeiten zwischen Heizungstechnik und Wärmedämmung; vereinfacht gilt: je besser die Heizungsanlage, desto dünner die Wände und umgekehrt
- Verschmelzung von Wärmeschutzverordnung und Heizungsanlagenverordnung
- Jahres-Primärenergiebedarf als Maßstab für die energetische Qualität und
- 7-Liter-Haus
- Energiebedarfsausweis (dazu später).

V. Auswirkungen der Energieeinsparverordnung auf den Gebäudebestand
Für bestehende Gebäude regelt die Ener-gieeinsparverordnung im wesentlichen zwei Pflichtenkreise:
Zum einen gibt es wie bisher in der Wärmeschutzverordnung sogenannte „bedingte Anforderungen“ für Bauteile, die erst dann wirksam werden, wenn ein Eigentümer ohnehin bestimmte Änderungen am Gebäude vornehmen will. Daneben werden einige wirtschaftliche Maßnahmen allgemein vorgeschrieben, d. h., es werden einzelne Anforderungen (Nachrüstverpflichtungen) durch die Energieeinsparverordnung aufgestellt.

1. Nachrüstverpflichtungen nach § 9 Energieeinsparverordnung
Unabhängig davon, ob ohnehin Sanierungen geplant sind, führt die Energieeinsparverordnung in drei Punkten eine Verpflichtung für Hauseigentümer ein, Nachbesserungen vorzunehmen. Dies sind im einzelnen:
n Heizkessel, mit Gas oder Öl betrieben, die vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut wurden, sind bis 31. Dezember 2006 außer Betrieb zu nehmen; bei Einhaltung bestimmter Grenzwerte erst bis 31. Dezember 2008. Falls die alten durch neue Kessel ersetzt werden, müssen diese moderne Niedertemperatur-Heizkessel oder Brennwertkessel sein. Ebenso können aber auch andere effiziente Techniken der Wärmeerzeugung, wie z. B. Wärmepumpen, eingesetzt werden.
n Heizungs- und Warmwasserrohre in nicht beheizten Räumen, die zugänglich sind, aber bisher nicht gedämmt waren, müssen bis 31. Dezember 2005 nach den Bestimmungen der Energieeinsparverordnung gedämmt werden.
n Oberste Geschoßdecken beheizter Räume sind - sofern sie nicht begehbar, aber zugänglich sind - bis 31. Dezember 2005 zu dämmen. Für Gebäude mit max. zwei Wohnungen, von denen eine der Eigentümer selbst bewohnt, gilt die Nachrüstverpflichtung erst bei Eigentümerwechsel (auch im Erbfall) mit einer weiteren Übergangsfrist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Übergangs.

2. Die bedingten Anforderungen
Grundsätzlich gilt, wie bisher auch schon:
An bestehende Bauteile werden keine Anforderungen gestellt, es sei denn, man nimmt Veränderungen, d. h. Sanierungen, daran vor (vgl. § 8 Energieeinsparverordnung, gleichlautend wie die Wärmeschutzverordnung).
Die Bedingungen für die Einhaltung der Energieeinsparverordnung sind immer dann gegeben, wenn an Außenbauteilen neue Bekleidungen, Verschalungen oder Dämmschichten nachträglich montiert werden sollen bzw. Fenster zu erneuern sind. Typische Beispiele sind beim Dach die Eindeckung mit neuen Ziegeln oder bei der Wand das Abschlagen des alten Außenputzes.
Ausnahmen gibt es auch hier:
Dies gilt nicht, wenn durch solche Erneuerungsmaßnahmen weniger als 20 % der jeweiligen Bauteilfläche betroffen sind.
Bei Fassaden und Fenstern beziehen sich die 20 % nur auf die jeweilige Gebäudeseite.
Durch die Energieeinsparverordnung ergeben sich für den Altbau also folgende Eckpunkte:
n Anforderungen im wesentlichen nach dem Kopplungsprinzip
n Nachrüstungen bei Heizungsanlagen
n Energieverbrauchskennwerte auf freiwilliger Basis
n Energiebedarfsausweis bei wesentlichen Änderungen (dazu im folgenden).

VI. Energieausweis
Die Energieeinsparverordnung enthält in § 13 Abs. 1 Satz 3 eine Ermächtigung zum Erlaß einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Erstellung von Energiebedarfsausweisen. Von dieser Ermächtigung soll unverzüglich Gebrauch gemacht werden. Diese Ausweise dienen in erster Linie der Information der Bauherren und der Nutzer.

1. Regelungen für Neubauten
Für Neubauten wird ein Energiebedarfsausweis pflichtweise eingeführt, der auf die bei der Planung zu führenden Nachweise aufbaut. Grundlage hierfür ist - neben dem Jahres-Primärenergiebedarf - der Endenergiebedarf, der für den Verbraucher am aussagekräftigsten ist. Mit der Verbreitung von Energiebedarfsausweisen im Neubau soll sich am Grundstücksmarkt zunehmend das Bewußtsein für die Bedeutung der energetischen Eigenschaften von Gebäuden bilden.

2. Gebäudebestand
Für den Gebäudebestand ist die Ausstellung eines solchen Ausweises nur dann obligatorisch, wenn bei einer wesentlichen Änderung des Gebäudes ein kompletter Nachweis nach Energieeinsparverordnung erfolgt ist und somit die notwendigen Daten ohnehin verfügbar sind.
Darüber hinaus kann er auch bei kleineren Maßnahmen oder bei etappenweiser Abarbeitung eines Maßnahmenpaketes freiwillig erstellt werden. Ohne planerische Leistungen ist dies jedoch nicht durchführbar. Für den Gebäudebestand werden deshalb auch Energieverbrauchskennwerte fakultativ eingeführt, die informell einen Beitrag zur Einschätzung der energetischen Situation bei Mehrfamilienhäusern leisten können. Für weitergehende, rechtsverbindliche Lösungen wie im Neubau, die eine vollständige Erfassung der energiebezogenen Merkmale des Gebäudes erforderlich machen würden, reichen die gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen nicht aus.
Autor: Ass. jur. Detlef Manger, Berlin