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Betriebskosten bei Wohnungsleerstand und Mischobjekten
19.03.2002 (GE 6/02, Seite 375) Wenn von 20 Wohnungen zehn leerstehen, stellen sich viele Vermieter die Frage, warum ihre Mieter nur die Hälfte des verbrauchten Wassers und sie die andere Hälfte bezahlen sollen.
1. Betriebskostenverteilungen bei Mischobjekten
Sind in einem Hause bzw. einer Wirtschaftseinheit neben Mietwohnungen auch Geschäftsräume und sonst gewerblich vermietete Flächen vorhanden, war schon vor der Mietrechtsreform im einzelnen streitig, ob bei der Betriebskostenabrechnung generell oder nur für einzelne Betriebskostenarten und dann auch unterschiedlich nach Art des Gewerbes ein Vorwegabzug für die gewerblich vermieteten Flächen vorzunehmen war. Jedenfalls wurde bei bestimmten Gewerbearten und bestimmten Betriebskosten von den Gerichten die Notwendigkeit eines Vorwegabzuges bejaht. Das galt z. B. bei Gaststätten, bei denen im Verhältnis zu Wohnungen ein höherer Wasserverbrauch und ein höherer Anfall an Müll zu vermuten ist. Auf der anderen Seite ist z. B. die kleine Anwaltskanzlei in einem Wohnhaus zu nennen, bei der im Verhältnis zu den Wohnungen eher niedrigere Betriebskosten zu erwarten sein dürften.

Mit der Mietrechtsreform sind nunmehr Regelungen zu den Betriebskosten in das BGB aufgenommen worden. Grundsätzlich bleibt es dabei, daß der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen hat (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB, früher § 546 BGB). Nach § 556 Abs. 1 BGB können die Vertragsparteien allerdings vereinbaren, daß der Mieter Betriebskosten im Sinne des § 27 der II. BV trägt. Bei vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen besteht eine Abrechnungspflicht nach § 556 Abs. 3 BGB. Zum Abrechnungsmaßstab für Betriebskosten läßt § 556 a BGB Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien zu, die allerdings bei formularmäßiger Vereinbarung einer Überprüfung nach §§ 305 ff. BGB standhalten müssen. Insbesondere darf eine entsprechende allgemeine Geschäftsbedingung nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 307 BGB führen. Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen (§ 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB).

In diesem Zusammenhang entsteht nun die Frage, ob das Gesetz jetzt dazu zwingt, grundsätzlich die Betriebskosten für Gewerbeflächen generell vorab auszusondern, einen Vorwegabzug also auch dann vorzunehmen, wenn aus der Art des Gewerbes keine höheren Betriebskosten als für Wohnraum entstehen. Diejenigen, die das bejahen (z. B. Kinne in Kinne/Schach, Miet- und Mietprozeßrecht, 3. Aufl., § 556 a Rn. 6; Eisenschmid in Börstinghaus/Eisenschmid, AK Neues Mietrecht, S. 222) würden § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB so lesen, als hieße es dort „sind die Betriebskosten nach dem (Wohn-) Anteil (des Mieters an) der (Gesamt-) Wohnfläche umzulegen“. Das steht dort so aber nicht.

Aus dem Sinnzusammenhang des Gesetzes ergibt sich vielmehr, daß mangels anderweitiger Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien der Mieter nur die Betriebskosten tragen soll, die der Wohnfläche seiner Wohnung entsprechen. Auch aus der regierungsamtlichen Begründung (vgl. BT-Drs. 14/4553, Beuermann/Blümmel, Das neue Mietrecht 2001, S. 122) ergibt sich nicht, daß der grundsätzliche Vorwegabzug von gewerblich verursachten Betriebskosten eingeführt werden sollte. Vielmehr sollte nur bei fehlender vertraglicher Vereinbarung als Umlagemaßstab der Flächenmaßstab (gegenüber der schwerer handhabbaren Umlage nach der Personenzahl) gesetzlich festgelegt werden. Daß damit - anders als bisher - ein Vorwegabzug auch in den Fällen erzwungen werden sollte, in denen der Geschäftsraummieter nicht mehr Betriebskosten als der Wohnraummieter verursacht, ist gerade nicht zwingend (so aber Beuermann in Beuermann/Blümmel, Das neue Mietrecht 2001, S. 121).
Bei der Betriebskostenabrechnung steht die Betriebskostengerechtigkeit im Vordergrund. An dieser Stelle setzt wie bisher die Problematik zum Vorwegabzug von gewerblich verursachten Betriebskosten an. Die bisher dazu ergangene Rechtsprechung hat einen gerechten Ausgleich angestrebt. Die Grundsätze gelten fort. Ein Vorwegabzug von gewerblich verursachten Betriebskosten ist dann erforderlich, wenn gewerblich überproportional Betriebskosten entstehen, die zu einer Verfälschung der nach dem Flächenmaßstab umzulegenden Betriebskosten führen würde. Das gilt vornehmlich bei Wasser/Entwässerung und Müll, kann aber auch für andere Betriebskostenarten gelten, die im Gewerbebereich höher liegen (Grundkosten) bzw. anfallen (Verbrauch).

Ergebnis: Mangels anderweitiger (zulässiger) Vereinbarung sind die Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche des Mieters an der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Hauses bzw. der Wirtschaftseinheit umzulegen. Der Vorwegabzug für im Gewerbebereich anfallende Betriebskosten kann aber dann erforderlich sein, wenn diese im Verhältnis zum Wohnraum überproportional sind.

2. Betriebskosten bei Wohnungsleerstand
Nach allgemeiner (pauschaler) Meinung ist auch die Fläche der leerstehenden Wohnungen für die Umlage der Betriebskosten zugrunde zu legen; die auf diese Flächen entfallenden Kosten sind vom Vermieter zu tragen (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Ge-werberaummiete, 2. Aufl., F IV Rn. 36; Kinne in Kinne/Schach, a. a. O. § 556 a Rn. 2; Seldeneck, Betriebskosten im Mietrecht, 1. Aufl. 1999, Rn. 31, 44; Ster-nel, Mietrecht, III Rn. 359; AG Coesfeld WuM 1996, 155; AG Görlitz WuM 1997, 648; AG Köln WuM 1998, 290; OLG Hamburg WuM 2001, 343 f.). Das ist si-cher grundsätzlich auch richtig, denn - was vielfach vergessen wird - der Vermieter hat das Vermietungsrisiko und damit auch den Wohnungsleerstand zu tragen. Es würde dem Prinzip der Betriebskostengerechtigkeit widersprechen, würde man den Mieter mit Kosten belasten, die gerade (auch) durch leerstehende Wohnungen entstehen (das gilt vor allem für die Grundkosten wie Versicherungen, Steuern etc.).

Gelten diese Grundsätze aber durchgängig, also auch für die verbrauchsabhängigen Betriebskosten? Bei einem Maßstab, der dem erfaßten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfaßten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt (verbrauchsabhängige Abrechnung), stellt sich das Problem jedenfalls zu den tatsächlichen Verbrauchskosten nicht.
Nach einer Entscheidung des AG Zwickau vom 20. Oktober 2000 (GE 2001, 1339 = NZM 2001, 467) darf der Wohnungsleerstand nicht dazu führen, daß der Mieter seinen individuellen Verbrauch nicht mehr bezahlen muß. In dem zugrunde liegenden Fall ging es unter anderem um Müll- und Wasserkosten. Die Müllgebühren wurden nach Kopfzahl, nicht nach Fläche abgerechnet. Deshalb war nach Ansicht des Gerichts den Mietern bei der Umlage nur auf die bewohnten Wohnungen kein Nachteil entstanden. Bei den Kosten der Wasserversorgung verhielt es sich so, daß sich diese Kosten lediglich aus dem in den bewohnten Wohnungen entstandenen Verbrauch zusammensetzten, die Wassergrundkosten waren in dem Betrag gerade nicht enthalten. Für diese Fälle hielt das AG Zwickau die Umlage auf die bewohnten Wohnungen für zulässig.
Der Entscheidung des Amtsgerichts ist jedenfalls insofern zuzustimmen, als leerstehende Wohnungen dann nicht zu Lasten des Vermieters in Ansatz zu bringen sind, wenn es nur um Betriebskosten geht, die nur durch die bewohnten Wohnungen verursacht worden sind.

Der Teufel liegt wie üblich im Detail. Bei den verbrauchsunabhängigen Kosten verbleibt es dabei, daß der Vermieter die auf den Wohnungsleerstand entfallenden Kosten mitzutragen hat. Bei den verbrauchsabhängigen Kosten gilt das für die Grundkosten, was sich vor allem auf die Wasser-/Entwässerungskosten bezieht (z. B. Zählermiete etc.). Bei den Müllkosten ist zu beachten, ob die Leerungskosten tatsächlich im Hinblick auf den Wohnungsleerstand durch Verringerung des Müllgefäßangebotes verringert worden sind. Denn kostenmäßig ist es - jedenfalls wenn Müll nicht nach Gewicht abgerechnet wird - bei gleicher Anzahl der Müllgefäße egal, ob die Gefäße mehr oder weniger gefüllt sind. Bei den Kosten der Hausbeleuchtung dürfte eine Differenzierung kaum möglich sein. Zwar schalten nur die Bewohner das Licht an, dennoch bezieht sich die Beleuchtung auch auf die Flächen, die nicht bewohnt sind, was nicht zu Lasten der sich im Hause befindlichen Bewohner gehen kann. Auch bei einem Fahrstuhl dürfte eine Differenzierung nicht möglich sein, auch wenn sich der Wohnungsleerstand auf die Stromkosten nicht auswirken dürfte.

Will der Vermieter also verbrauchsabhängige Betriebskosten nur auf die bewohnte Fläche umlegen, muß er demgemäß die Betriebskosten rechnerisch unterteilen. Schätzungen sind nicht möglich. Insgesamt ist bei dem Rechenwerk zu beachten, daß es auch nachvollziehbar bleiben muß. Kommt nämlich im Konfliktfall ein Gericht zum Ergebnis, daß die Betriebskostenabrechnung nicht mehr transparent ist, hat das möglicherweise das fatale Ergebnis, daß die gesamte Betriebskostenabrechnung derzeit nicht fällig ist. Es ist also nur in klaren Fällen angezeigt, bestimmte Betriebskosten bei Wohnungsleerstand nur auf die bewohnte Fläche umzulegen.
Autor: VRiLG a. D. Klaus Schach