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Modernisierung
Berechnung des Wärmebedarfs: Nötig oder nicht?
23.01.2002 (GE 2/2002, Seite 99) Der BGH soll darüber befinden, ob die Mieterhöhung wegen Modernisierung durch eine Wärmebedarfsberechnung erläutert werden muß.
Der Fall: Der Vermieter hatte einer Mieterhöhungserklärung nach durchgeführten Wärmedämmaßnahmen keine Wärmebedarfsberechnung beigefügt. Das Amtsgericht Halle-Saalkreis meinte deshalb, die Mieterhöhung sei nicht ordnungsgemäß erläutert worden. Das Landgericht Halle hielt das für überspitzt, sah sich jedoch zu einer Entscheidung durch den Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 17. August 2000 (GE 2000, 1179) gehindert. Es mußte daher die Frage dem Oberlandesgericht zum Rechtsentscheid vorlegen.

Der Beschluß: Das OLG Naumburg möchte auch von dem Rechtsentscheid des Kammergerichts abweichen und hat deshalb die Frage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Das Verfahren zum Rechtsentscheid ist zwar mit Inkrafttreten der ZPO-Reform zum 1. Januar 2002 entfallen. Jetzt gibt es nur noch die Zulassungsrevision. Bis zum Ende des Jahres 2001 waren jedoch noch Vorlagen möglich. Aufgrund der Übergangsvorschriften zum Zivilprozeßreformgesetz heißt es, daß von den Berufungskammern der Landgerichte das Rechtsentscheidsverfahren nach § 541 ZPO a. F. noch in den am 1. Januar 2002 anhängigen oder noch anhängig werdenden Berufungen alten Rechts stattfindet, und daß vor den Oberlandesgerichten oder dem Bundesgerichtshof anhängige oder noch anhängig werdende Rechtsentscheidsverfahren fortzuführen sind. Die ergehenden Rechtsentscheide sind dann (nur noch) zwischen den Parteien bindend. Das dürfte jedoch bei einer Entscheidung des BGH irrelevant sein, da einem Beschluß des BGH insofern allgemein grundsätzliche Bedeutung zukommt.
In der Sache selbst hält das OLG Naumburg den Rechtsentscheid des Kammergerichts für zu weitgehend und verweist in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluß des Berliner Verfassungsgerichtshofs (GE 2000, 120, 121). Es erscheine ausreichend, wenn der Vermieter geplante Modernisierungsmaßnahmen mit Begriffen wie „Vollwärmeschutz” oder „Isolierglasfenster” beschreibt, zumal die Erläuterung auch für einen Laien verständlich sein soll. Eine Wärmebedarfsberechnung spiegele infolge ihrer theoretischen Natur oft nicht die tatsächlichen Verhältnisse des Objekts wider und reiche zur Ermittlung der Energieeinsparung ohnehin nicht mehr aus, wenn auch die Heizung modernisiert werde mit der Folge, daß dann eine Energiebedarfsberechnung zu erstellen wäre (vgl. Dittert WuM 2001, 6 f.). Ob eine bestimmte Modernisierungsmaßnahme daher zur Einsparung von Heizenergie führe, sei eine Frage der materiellen Begründetheit der Mieterhöhungserklärung (was dann im Konfliktfall gerichtlich geklärt werden müßte).

Der Kommentar: Die vom Kammergericht entschiedene, jetzt vom OLG Naumburg wieder problematisierte Frage ist von recht einschneidender Bedeutung und wirkt sich im übrigen auch auf andere Modernisierungen aus, die der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung nach § 559 b BGB erläutern muß. Über den Umfang der Erläuterungspflicht bestand schon immer Streit mit der Folge, daß die formelle Wirksamkeit der Mieterhöhungserklärung in Frage stand. Wird eine entsprechende Klage schon aus formellen Gründen abgewiesen, kommt es überhaupt nicht mehr in dem Rechtsstreit zur (materiellen) Überprüfung, ob es tatsächlich zu dem entsprechenden Modernisierungseffekt (bei der Wärmedämmung also zur entsprechenden Einsparung an Heizenergie) gekommen ist. Die Gerichte sind nach dem 1. Januar 2002 nicht mehr an den Rechtsentscheid des Kammergerichts gebunden. Prozessual können sie den Rechtsentscheid des BGH nicht abwarten, da die Voraussetzungen des § 148 ZPO (Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit) nicht erfüllt sein dürften. Die zu erwartende Entscheidung des BGH bindet auch nicht, dürfte aber dann von so entscheidender Bedeutung sein, daß bei einer abweichenden Entscheidung eines Instanzgerichts sicher eine Revision Aussicht auf Erfolg hätte. Es wäre also begrüßenswert, wenn der BGH schnell entscheiden würde, und zwar nicht durch sogenannten negativen Rechtsentscheid, sondern in der Sache selbst zur allgemeinen Klärung der Rechtsfrage. Klaus Schach
OLG Naumburg, Beschluß vom 12. November 2001 - 9 RE-Miet 1/01 - Wortlaut Seite 129