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Nun gesetzlich geregelt
Zu Wohnungseigentümerversammlungen Einladungen auch per Fax oder eMail
23.01.2002 (GE 2/2002, Seite 107) Nach bisher geltendem Recht hatte die Einberufung zur Wohnungseigentümerversammlung gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG schriftlich zu erfolgen.
Diese abdingbare Bestimmung des Wohnungseigentumsgesetzes wurde nach herrschender Meinung so verstanden, daß die Einladung der Schriftform des § 126 BG bedarf1), das heißt, daß der Verwalter oder der von ihm beauftragte Mitarbeiter als Erfüllungsgehilfe i. S. von § 278 BGB die Einladung eigenhändig zu unterzeichnen hatte2).

Auf diese eigenhändige Unterzeichnung, ob durch den Verwalter oder seinen Erfüllungsgehilfen, konnte nur dann verzichtet werden, wenn durch Vereinbarung etwas anderes ausdrücklich geregelt war, so beispielsweise durch Versand der unterschriebenen Einladung in kopierter Form oder mit faksimilierter Unterschrift3).
Verstöße gegen diese gesetzlich vorgeschriebene Schriftform führten allerdings nicht zur Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit von Beschlußfassungen aus einer insoweit formwidrig einberufenen Versammlung, sondern nur zur Anfechtbarkeit der dort gefaßten Beschlüsse4).

Nach einer Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes ist nunmehr die eigenhändige Unterzeichnung der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung nicht mehr erforderlich.
Der Deutsche Bundestag hat den von der Bundesregierung vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr“5) mit den vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Änderungen verabschiedet. Dieses Gesetz ist am 1. August 2001 in Kraft getreten6).
Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, das deutsche Privatrecht den Entwicklungen des modernen Rechtsverkehrs anzupassen.
Seit 100 Jahren galt im Bürgerlichen Gesetzbuch der Grundsatz der Formfreiheit. Sie wurde nur von einzelnen zwingenden Formtatbeständen durchbrochen, für die grundsätzlich „papierfixierte“ Formen vorgesehen waren, nämlich die Schriftform, notarielle Beurkundung und öffentliche Beglaubigung. Immer dann, wenn das Gesetz eine dieser Formen vorsah, waren sie zwingend anzuwenden.
Diese starren Vorschriften trugen nach Auffassung der Bundesregierung den modernen Entwicklungen des Rechtsgeschäftsverkehrs nicht mehr ausreichend Rechnung.

Deshalb erachtete es die Bundesregierung für erforderlich, das Privatrecht an die Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien unter besonderer Berücksichtigung auch der Anforderungen, die sich für den elektronischen Rechtsverkehr aus entsprechenden EG-Vorschriften ergeben, anzupassen7).
Unter den heute veränderten Bedingungen behindere, so die Bundesregierung in ihrer Begründung zu dem Gesetzentwurf, die Schriftform, die unter den geltenden Bedingungen am meisten verbreitet und die „verkehrsfähigste“ ist, inzwischen ein zügiges Handeln und den rationellen Einsatz moderner Technik.
Geschäftliche Erklärungen, die dem gesetzlichen oder vereinbarten Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift unterliegen, könnten zwar auf dem Computer erstellt, aber nicht direkt auf telekommunikativem Wege übermittelt werden. Jeder formbedürftige Vorgang müsse ausgedruckt und eigens unterschrieben werden, obwohl es im Einzelfall gar nicht auf die mit der eigenhändigen Unterschrift verbundenen Funktionen dieser Form ankomme.
So hatte es inzwischen auch schon zahlreiche Ausnahmeregelungen gegeben, die aber nach Auffassung der Bundesregierung bei weiter stetiger Zunahme die Gefahr einer unübersichtlichen und dogmatisch bedenklichen Zersplitterung mit sich bringen.

Eine sinnvolle und möglichst weitgehende Nutzung insbesondere der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie setze aber voraus, daß einerseits Hindernisse für die elektronische Übermittlung von Willenserklärungen und elektronische Vertragsschlüsse so weit wie möglich beseitigt würden, andererseits aber die Rechtssicherheit im elektronischen Rechtsverkehr durch einen verläßlichen gesetzlichen Rahmen gestärkt werde.
Das neue Gesetz ergänzt den Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches um zwei neue Formvorschriften, nämlich um die elektronische Form und die Textform.
Danach kann gemäß § 126 Abs. 3 BGB die nach dem Gesetz vorgesehene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Durch eine entsprechende ergänzende Regelung nach § 126 a Abs. 1 BGB muß der Aussteller einer Erklärung, die anstelle der gesetzlich vorgeschriebenen Form durch die elektronische Form ersetzt werden soll, seiner Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.
Neben der elektronischen Form sieht das Gesetz anstelle der Schriftform als weitere Alternative die Textform vor. Sie macht in geeigneten Fällen, die das Gesetz im einzelnen nennt, die eigenhändige Unterschrift entbehrlich und führt somit zu einer erheblichen Vereinfachung des Rechtsverkehrs.
Ist insoweit nach dem Gesetz die Textform vorgeschrieben, muß die Erklärung gemäß § 126 b BGB in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben werden.
Weiter ist es erforderlich, daß derjenige, der die Erklärung abgibt, genannt ist und der Abschluß der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders gekennzeichnet wird.
Diese Textform erstreckt sich auf bestimmte gesetzliche Vorschriften, die das Gesetz im einzelnen nennt.
Sie verlangt
1. eine in lesbaren Schriftzeichen fixierte Erklärung oder Mitteilung,
2. die Angabe der Urheberschaft, also desjenigen, der die Erklärung abgibt und
3. die Erkennbarkeit des Abschlusses der Erklärung durch Nachbildung der Unterschrift oder eine andere Kennzeichnung.

Der Verzicht auf die eigenhändige Unterschrift ermöglicht die Formwahrung nach dieser neuen gesetzlichen Regelung auch durch die Übermittlung in Kopie, Telex, Telefax oder auch Telext.
Die Erstellung, Übermittlung und Speicherung der Erklärungen durch Computer macht letztlich auch den Ausdruck der erstellten oder empfangenen Datei auf Papier entbehrlich.

Die Anforderung hinsichtlich der „Lesbarkeit“ der Schriftzeichen gilt nämlich auch dann als erfüllt, wenn die Schriftzeichen auf einem Bildschirm gelesen werden können, also nur ein in Schriftzeichen lesbares Dokument vorliegen muß, ohne daß ein Ausdruck auf Papier notwendig ist.
Absender und Empfänger können frei darüber entscheiden, ob sie sich die Erklärung dauerhaft vorhalten und dazu die Möglichkeit einer Speicherung auf einem Datenträger (Diskette, CD-ROM) oder die herkömmliche Konservierung auf Papier mittels Ausdruck nutzen wollen oder nicht.
Da die Übermittlung papierunabhängig erfolgen kann, ist die telekommunikative Übermittlung uneingeschränkt zulässig, wobei allerdings sichergestellt sein muß, daß der Empfänger die Möglichkeit zum Lesen des Dokuments hat.

Lesbar sind Schriftzeichen, wenn sie nach der Übermittlung in Form elektronischer oder analoger Signale wieder ohne weiteres rückwandelbar sind, also in grafische Zeichen, insbesondere Buchstaben und Ziffern. Gesprochene, unter Umständen auch digitalisierte Mitteilungen sind nicht formwahrend und deshalb nicht zulässig.
Neben der Lesbarkeit ist bei empfangsbedürftigen Erklärungen Voraussetzung, daß die lesbare Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Als ausreichend ist dabei im Falle der Übermittlung per eMail die Ausführung des Befehls „Senden“ im jeweils verwendeten eMail-Programm anzusehen.

Einladung zur
Wohnungseigentümerversammlung
Die so geregelte „Textform“ kommt gemäß Artikel 20 des Gesetzes auch für die Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung zur Anwendung. Hierzu ist § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG wie folgt geändert worden8):
„In § 24 Absatz 4 Satz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 7 Abs. 8 des Gesetzes vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897) geändert worden ist, wird das Wort ‚schriftlich‘ durch die Wörter ‚in Textform‘ ersetzt.“
Diese Regelung bedeutet, daß nach Inkrafttreten des Gesetzes, also bereits ab 1. August 2001, die Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung erfolgen kann durch
— kopiertes Einladungsschreiben,
— Faxübermittlung,
— eMail, selbst durch
— SMS9).
Für die Praxis kann es nun streitig werden, in welcher dieser Formen die Einladung durch den Verwalter erfolgen soll.

Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, daß zur Vermeidung von Streitigkeiten zweckmäßigerweise eine entsprechende Regelung im Verwaltungsvertrag erfolgen sollte.
Da das Gesetz aber grundsätzlich die unterschiedlichen Formen zuläßt, dürfte es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn der Verwalter im konkreten Fall selbst entscheidet, welche Form er wählt, es sei denn, die Wohnungseigentümer treffen eine abweichende Regelung.
Andererseits wird kein Eigentümer gezwungen werden können, einen Fax- oder eMail-Anschluß installieren zu lassen, um ihm auf diesem Wege die Einladung zur Versammlung übermitteln zu können.
Benutzt er allerdings entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten zur anderweitigen Verwendung im Rechtsverkehr, wird er die Übermittlung von Einladungen zur Wohnungseigentümerversammlung auf diesem Weg nicht verweigern können.

Fußnoten:
1) OLG Schleswig, Beschl. v. 4. Dezember 1996, 2 W 85/96, in: DWE 1997, 160 = MDR 1997, 821; BayObLG, Beschl. v. 2. August 1990, 2 Z 69/90, n. v.
2) LG Flensburg, Beschl. v. 18. März 1998, 5 T 341/97, in: NJW-RR 1999, 596 = NZM 1998, 776; bestätigt durch OLG Schleswig, Beschl. v. 29. Juni 1998, 2 W 62/98, in: DWE 1998, 128; anders noch OLG Schleswig, Beschl. v. 4. Dezember 1996, 2 W 85/96, in: DWE 1997, 160 = MDR 1997, 821
3) zu weiteren Einzelheiten vgl. auch Staudinger/Bub § 24 Rn. 78 ff.
4) Zuletzt BayObLG, Beschl. v. 27. November 1997, 2Z BR 128/97, in: NZM 1998, 634 = WM 1998, 241
5) Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 14/4987 vom 14. Dezember 2000
6) Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsverkehr vom 13. Juli 2001, BGBl. I S. 1542
7) EG-Richtlinie vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen; EG-Richtlinie vom 8. Juni 2000 über den elektronischen Rechtsverkehr
8) Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, Artikel 20
9) vgl. insoweit auch Börstinghaus, Die Mietrechtsreform, Haus & Grund Eigentum, August 2001, S. 5
Autor: Volker Bielefeld