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Mietminderung
Lärmender Nachbar
14.12.2001 (GE 24/2001, Seite 1641) Auch ein sogenannter Umweltfehler, z. B. Lärm aus der Nachbarschaft, kann grundsätzlich zur Mietminderung berechtigen - auch wenn der eine oder andere Richter das anders sieht wie im Falle eines brandenburger Mieters, der seine Nachbarin damit belästigte, daß er zur Unzeit die Rolläden geräuschvoll herunterließ und hochzog.
Der Fall: Eine Mieterin hatte sich beim Vermieter über Lärm aus der Nachbarwohnung mit der Behauptung beschwert, der dortige Mieter betätige die Jalousien zu laut und dies vor allem zu ungewöhnlichen Zeiten (nach 22.00 Uhr und oft bereits morgens vor 6.00 Uhr). Sie müsse geistig arbeiten und fühle sich durch die Geräuschbelästigung in ihrer Kreativität gestört. Schließlich minderte die Mieterin die monatliche Miete um 10 %. Der Vermieter klagte.
Das Urteil: Das Amtsgericht Oranienburg verurteilte die Mieterin zur Mietzahlung aufgrund eines Urteils gemäß § 495 a ZPO und meinte, der Lärm entstehe aufgrund des Verhaltens des Nachbarn, der in der Lage sei, die Jalousien auch leiser hochzuziehen bzw. herunterzulassen. Das könne der Mieter nicht dem Vermieter anlasten, da damit die Ursache des Lärms nicht in den baulichen Gegebenheiten der Wohnung liege. Die mindernde Mieterin hätte sich demgemäß wegen Unterlassung an den Nachbarn wenden müssen. Im übrigen erscheine eine Mietminderung von 10 % im Hinblick auf die behauptete Lärmbelästigung auch unangemessen hoch.
Kommentar: Das Urteil mag im Ergebnis richtig sein, auf die Begründung sollte man sich jedoch in vergleichbaren Fällen lieber nicht verlassen. Zunächst verwundert das vom Amtsgericht durchgeführte Verfahren. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte nämlich das Gericht die Mutter der „lärmbelasteten“ Mieterin telefonisch befragt. Nach § 495 a ZPO kann das Gericht zwar bei einem Streitwert unter 1.200 DM sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen. Dabei hat es jedoch die wesentlichen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens einzuhalten. Eine telefonische Befragung von Zeugen ist in diesem Zusammenhang fragwürdig. In der Sache selbst hat zwar bei verhaltensbedingten Lärmquellen der beeinträchtigte Mieter die Möglichkeit, von dem Störer Unterlassung zu verlangen. Er muß sich jedoch nicht selbst mit dem Störer auseinandersetzen, was ja vielfach auch in einer Hausgemeinschaft nicht sonderlich Spaß macht. Nach § 535 BGB ist es Sache des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren, wozu auch ein lärmfreies Wohnen gehört. Zu Mängeln der Mietsache gehören auch die sogenannten Umweltfehler, die nicht von der Mietsache selbst ausgehen, sondern in Einwirkungen auf die Mietsache bestehen, z. B. durch Dämpfe, Gerüche, Rauch, aber auch Geräusche. Es ist dann Sache des Vermieters, sich an den störenden Mieter zu wenden, was sogar dazu führen kann, daß er in ganz gravierenden Fällen diesem Mieter kündigen darf. Insofern hat der Vermieter nicht nur die bauliche Gegebenheit der Wohnung zu vertreten.
AG Oranienburg, Urteil vom 19. November 2001 - 29 C 262/01 - Wortlaut Seite 1678
Das Urteil: Das Amtsgericht Oranienburg verurteilte die Mieterin zur Mietzahlung aufgrund eines Urteils gemäß § 495 a ZPO und meinte, der Lärm entstehe aufgrund des Verhaltens des Nachbarn, der in der Lage sei, die Jalousien auch leiser hochzuziehen bzw. herunterzulassen. Das könne der Mieter nicht dem Vermieter anlasten, da damit die Ursache des Lärms nicht in den baulichen Gegebenheiten der Wohnung liege. Die mindernde Mieterin hätte sich demgemäß wegen Unterlassung an den Nachbarn wenden müssen. Im übrigen erscheine eine Mietminderung von 10 % im Hinblick auf die behauptete Lärmbelästigung auch unangemessen hoch.
Kommentar: Das Urteil mag im Ergebnis richtig sein, auf die Begründung sollte man sich jedoch in vergleichbaren Fällen lieber nicht verlassen. Zunächst verwundert das vom Amtsgericht durchgeführte Verfahren. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte nämlich das Gericht die Mutter der „lärmbelasteten“ Mieterin telefonisch befragt. Nach § 495 a ZPO kann das Gericht zwar bei einem Streitwert unter 1.200 DM sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen. Dabei hat es jedoch die wesentlichen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens einzuhalten. Eine telefonische Befragung von Zeugen ist in diesem Zusammenhang fragwürdig. In der Sache selbst hat zwar bei verhaltensbedingten Lärmquellen der beeinträchtigte Mieter die Möglichkeit, von dem Störer Unterlassung zu verlangen. Er muß sich jedoch nicht selbst mit dem Störer auseinandersetzen, was ja vielfach auch in einer Hausgemeinschaft nicht sonderlich Spaß macht. Nach § 535 BGB ist es Sache des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren, wozu auch ein lärmfreies Wohnen gehört. Zu Mängeln der Mietsache gehören auch die sogenannten Umweltfehler, die nicht von der Mietsache selbst ausgehen, sondern in Einwirkungen auf die Mietsache bestehen, z. B. durch Dämpfe, Gerüche, Rauch, aber auch Geräusche. Es ist dann Sache des Vermieters, sich an den störenden Mieter zu wenden, was sogar dazu führen kann, daß er in ganz gravierenden Fällen diesem Mieter kündigen darf. Insofern hat der Vermieter nicht nur die bauliche Gegebenheit der Wohnung zu vertreten.
AG Oranienburg, Urteil vom 19. November 2001 - 29 C 262/01 - Wortlaut Seite 1678






