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"Nachtreten"
14.12.2001 (GE 24/2001, Seite 1628) Selbst dem berühmten Nachrichtenmagazin aus dem hohen Norden, das üblicherweise einen Faible für bunte Vögel hat, war aufgefallen, daß der neue Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, bisher nur Feuilletonistisches zur Berliner Haushaltssanierung beigetragen hatte („… sparen, bis es quietscht“).
Nun wissen wir endlich, daß das so feuilletonistisch gar nicht gemeint war, weil die ersten schon quietschen. Allen vorweg eine gewisse Dame namens Susanne Stumpenhusen, ihres Zeichens Landeschefin von Ver.di, der neuen Großgewerkschaft, in der aber nach wie vor die alten ÖTV-Hanseln die Wortführer sind. Nicht ganz so laut wie Stumpenhusen quietschte, abgestuft wie immer, Joachim Jetschmann, der Landesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes. Das Mißton-Orchester quietscht freilich dieselbe Melodei, und die heißt: Haushaltssanierung ja, aber nicht mit uns, und schon gar nicht auf unsere Kosten. Und Eberhard Diepgen, der mit seinem Freund Klaus Landowsky 16 Jahre Machterhalt im wesentlichen mit ÖTV-Truppen organisiert hatte und damit einer der Hauptverantwortlichen für den Schuldenberg durch öffentliche Personalausgaben ist (es sei nur an die von den anderen Bundesländern nicht vollzogene Abschaffung des Ost-Tarifes erinnert) fällt denen in den Arm, die Diepgens Suppe auslöffeln wollten: Die Sparüberlegungen von SPD, FDP und Grünen bezeichnete der „Alt-Regierende” als „Hauruckmethoden einer neoliberalen Golfgeneration” - ein Begriff, der freilich eher auf den Spitzenkandidaten von Diepgens eigener Partei paßt als auf einen einzigen jener bunten Truppe, die versucht hat, die hinterlassenen Scherben der Großen Koalition zusammenzukleben. Es scheint ein Naturgesetz zu sein: Das (ehemalige) Führungspersonal weiß nicht, wann das Spiel abgepfiffen ist. Was Diepgen jetzt macht, nennt man „Nachtreten”. Nach den Fußballregeln kann das übrigens auch nach dem Abpfiff noch bestraft werden.






