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Abschaffen
21.11.2001 (GE 22/2001, 1489) Den Haushalt zu sanieren, ist eine große Aufgabe. Nicht Millionen zählen, sondern Milliarden. Berlin ist eben eine große Stadt. Da gehört es sich, auch große Defizite zu haben, große Opern, große PDS, große Bankpleite, große Klappe!
Sparen ist also angesagt. Die Grünen wollen die CDU einsparen, Kulturmuffel wollen eine ganze Oper einsparen. Und Herr Wowereit muß - gemeinsam mit allen anderen Senatsmitgliedern - Jahr für Jahr einige tausend öffentlich Bedienstete entsorgen - freilich nicht bei der Feuerwehr, nicht bei der Polizei, nicht bei den Kindergärtnerinnen. Wo also soll eingespart werden, ohne daß es auffällt? Ich hätte da eine Idee:
Da kaum noch gebaut wird, brauchen auch keine Planungen überprüft zu werden. Und wenn doch gebaut wird, wie etwa im Zentrum, zieht der Allmächtige, der Hochmögende, der eigentliche Herr des Reiches in Mitte, der ehrenwerte Stim-Mann, die Sache ohnehin an sich, so daß es der kiezorientierten Planung nicht mehr bedarf.
Nun verirren sich in den Bezirken dennoch und ganz gelegentlich Bauwütige in das Stadtplanungsamt, um nachzufragen, ob vielleicht hier und da ein Einfamilienhaus genehm wäre. Schreit er da vor Freude auf, der Stadtplanungsgewaltige, rollt er den Teppich aus, um einen der letzten Bau-Masochisten dieser Stadt zu begrüßen? Keineswegs, jedenfalls dann nicht, wenn er in Marzahn-Hellersdorf sitzt und für Biesdorf zuständig ist. Denn da wird seit Anfang dieses Jahres - neuer Bezirk, neues Amt, neue Besetzung - weder auf Gebietsausweisung - Wohngebiet - noch auf frühere Auskünfte der Kollegen Rücksicht genommen. Maßgebend allein ist das Urteil des steuerfinanzierten Stadtplanungsgottes, hinter einem Einfamilienhaus dürfe kein zweites - in gehörigem Abstand, versteht sich - gebaut werden, und sei das Grundstück auch noch so breit und tief, im vorliegenden Fall 20 x 80 m. 1.600 qm, ein Einfamilienhaus vorne - und dahinter nichts mehr? Man hat doch gerade einige 10.000 DM an Anliegerkosten abgedrückt, man ist Rentner, wie soll das denn wieder hereinkommen, wenn nicht durch den Teilverkauf eines Baugrundstücks?
Alles Nebbich! Ein Blockinnenbereich soll entwickelt werden, eine weitere Grünzone in einem grünen Kiez - so grün, daß es selbst Grünen grün vor Augen wird. Entsprungen dem grünvisionären Auge eines Staatsdieners ohne Rücksicht auf die Kosten und die Bedürfnisse der Eigentümer. Eine kalte Enteignung findet statt. Aus Bauland für 310 DM (Bodenrichtwert) soll Grabeland für 5 bis 10 DM werden. Auf die Vorhaltung, alle vorherigen Auskünfte hätten anders gelautet, erklärt der Gottähnliche lapidar, er sei jetzt zuständig, alle früheren Aussagen seien gegenstandslos. Im übrigen bleibe ja der Rechtsweg, bei dem man allerdings mit zwei bis drei Jahren rechnen müsse.
Ei, da kam Freude auf. Aber auch andere Gefühle. Nachdem monatelange Interventionen nichts gefruchtet hatten, schrieb der beauftragte Betreuer des Grundstückseigentümers an den Stadtrat, an alle Fraktionen und den Amtsleiter, letzterem ganz persönlich wie folgt: „Gehen Sie in sich! Sie können doch nicht wirklich wollen, daß Sie persönlich in Regreß genommen werden. Und täuschen Sie sich nicht. Hier liegt eine klar erkennbare ‚schuldhafte Amtspflichtverletzung‘ vor, d. h. die Behörde ist aus der Haftung … uns gegenüber befreit, der dann unabwendbare Regreß wird Sie persönlich treffen.“
Noch am selben Tage rief der Amtsleiter an und revidierte die Haltung des Hauses. Der Baugenehmigung soll nunmehr zugestimmt werden.
„Wat lernt uns det?“ fragt der Berliner. Nun, ganz einfach: Nicht versorgen - sondern entsorgen, das ganze Stadtplanungsamt nämlich!
Da kaum noch gebaut wird, brauchen auch keine Planungen überprüft zu werden. Und wenn doch gebaut wird, wie etwa im Zentrum, zieht der Allmächtige, der Hochmögende, der eigentliche Herr des Reiches in Mitte, der ehrenwerte Stim-Mann, die Sache ohnehin an sich, so daß es der kiezorientierten Planung nicht mehr bedarf.
Nun verirren sich in den Bezirken dennoch und ganz gelegentlich Bauwütige in das Stadtplanungsamt, um nachzufragen, ob vielleicht hier und da ein Einfamilienhaus genehm wäre. Schreit er da vor Freude auf, der Stadtplanungsgewaltige, rollt er den Teppich aus, um einen der letzten Bau-Masochisten dieser Stadt zu begrüßen? Keineswegs, jedenfalls dann nicht, wenn er in Marzahn-Hellersdorf sitzt und für Biesdorf zuständig ist. Denn da wird seit Anfang dieses Jahres - neuer Bezirk, neues Amt, neue Besetzung - weder auf Gebietsausweisung - Wohngebiet - noch auf frühere Auskünfte der Kollegen Rücksicht genommen. Maßgebend allein ist das Urteil des steuerfinanzierten Stadtplanungsgottes, hinter einem Einfamilienhaus dürfe kein zweites - in gehörigem Abstand, versteht sich - gebaut werden, und sei das Grundstück auch noch so breit und tief, im vorliegenden Fall 20 x 80 m. 1.600 qm, ein Einfamilienhaus vorne - und dahinter nichts mehr? Man hat doch gerade einige 10.000 DM an Anliegerkosten abgedrückt, man ist Rentner, wie soll das denn wieder hereinkommen, wenn nicht durch den Teilverkauf eines Baugrundstücks?
Alles Nebbich! Ein Blockinnenbereich soll entwickelt werden, eine weitere Grünzone in einem grünen Kiez - so grün, daß es selbst Grünen grün vor Augen wird. Entsprungen dem grünvisionären Auge eines Staatsdieners ohne Rücksicht auf die Kosten und die Bedürfnisse der Eigentümer. Eine kalte Enteignung findet statt. Aus Bauland für 310 DM (Bodenrichtwert) soll Grabeland für 5 bis 10 DM werden. Auf die Vorhaltung, alle vorherigen Auskünfte hätten anders gelautet, erklärt der Gottähnliche lapidar, er sei jetzt zuständig, alle früheren Aussagen seien gegenstandslos. Im übrigen bleibe ja der Rechtsweg, bei dem man allerdings mit zwei bis drei Jahren rechnen müsse.
Ei, da kam Freude auf. Aber auch andere Gefühle. Nachdem monatelange Interventionen nichts gefruchtet hatten, schrieb der beauftragte Betreuer des Grundstückseigentümers an den Stadtrat, an alle Fraktionen und den Amtsleiter, letzterem ganz persönlich wie folgt: „Gehen Sie in sich! Sie können doch nicht wirklich wollen, daß Sie persönlich in Regreß genommen werden. Und täuschen Sie sich nicht. Hier liegt eine klar erkennbare ‚schuldhafte Amtspflichtverletzung‘ vor, d. h. die Behörde ist aus der Haftung … uns gegenüber befreit, der dann unabwendbare Regreß wird Sie persönlich treffen.“
Noch am selben Tage rief der Amtsleiter an und revidierte die Haltung des Hauses. Der Baugenehmigung soll nunmehr zugestimmt werden.
„Wat lernt uns det?“ fragt der Berliner. Nun, ganz einfach: Nicht versorgen - sondern entsorgen, das ganze Stadtplanungsamt nämlich!
Autor: Dietmar Otremba