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Eigentümerbeschluß: Verkündigung konstitutiv
19.10.2001 (GE 20/2001, Seite 1379) Neue Haftungsfalle für den WEG-Verwalter. Sie müssen Beschlußergebnisse in der Eigentümerversammlung verkünden, sonst droht Ungemach.
Neue Haftungsfalle für Wohnungseigentums-Verwalter:
Der Fall: Am 9. Juli 1996 wurde über den Antrag abgestimmt, Wohnungseigentümer, die bestimmte Mängel am Gemeinschaftseigentum als vorhanden ansähen und hiervon betroffen seien, sollten den Bauträger auf eigene Kosten in Anspruch nehmen können. 345/430 Miteigentumsanteile enthielten sich der Stimme, die restlichen 85/430, die der Antragsteller innehatte, stimmten mit Ja. Im Protokoll heißt es (trotz der Ja-Stimmen!), daß über den Antrag kein gültiger Beschluß gefaßt werden konnte. Am 21. August 1997 lehnte die Versammlung gegen die Stimmen des Antragstellers mehrheitlich eine Ermächtigung zur individuellen Geltendmachung von Mängelansprüchen einschließlich der Ausübung der diesbezüglichen Wahlrechte ab und bekräftigte noch einmal, daß am 9. Juli 1996 kein Beschluß gefaßt worden ist. Der Antragsteller focht den Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997 an. Das OLG Köln (ZMR 2001, 387 = ZWE 2001, 280 = NZM 2001, 543) hat wegen der Frage, ob am 9. Juli 1996 (nach dem bloßen Abstimmungsergebnis) ein Negativbeschluß zustande gekommen sei oder aber dessen Zustandekommen an der entgegenstehenden Protokollformulierung des Verwalters scheitere, den BGH angerufen.

Das Urteil: Der BGH hat ergänzend zu der Frage Stellung genommen, ob das Beschlußanfechtungsverfahren durch einen Eigentümerwechsel die Verfahrensbefugnis des Veräußerers berührt, und dies verneint. Der BGH hat entgegen einer stark verbreiteten Rechtsmeinung, insbesondere der ständigen Rechtsprechung des BayObLG (vgl. zuletzt noch GE 2001, 557), in Angleichung an das Gesellschaftsrecht angenommen, daß nicht das ausgezählte und dokumentierte Abstimmungsergebnis, sondern erst die hinzutretende Verkündung den Eigentümerbeschluß konstituiere. Am 9. Juli 1996 war verkündet worden, daß ein Beschluß nicht gefaßt worden ist. Auch dieser Negativbeschluß habe einen positiven Beschlußinhalt, nämlich daß die individuelle Verfolgung von Mängelansprüchen gegen den Bauträger verweigert wird. Diese Ablehnung am 9. Juli 1996 wurde mangels gerichtlicher Ungültigerklärung bestandskräftig. Für die Anfechtung des Wiederholungsbeschlusses am 21. August 1997 bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil selbst bei einer Ungültigerklärung dieses inhaltsgleichen Zweitbeschlusses unverändert der bestandskräftig gewordene Erstbeschluß wirksam ist.

Tip: Der WEG-Verwalter sollte sich niemals mit der bloßen Dokumentation des Abstimmungsergebnisses begnügen, sondern nach seiner rechtlichen Einschätzung eine vorläufige Feststellung in der Versammlung bekanntgeben und im Versammlungsprotokoll festhalten. Selbstverständlich unterliegt die vorläufige Beschlußfeststellung gerichtlicher Überprüfung. Unterläßt der Verwalter die Verkündung, kann der Eigentümerbeschluß bereits aus formellen Gründen für ungültig erklärt werden. Folge kann sein, daß die Verfahrenskosten zu Lasten des Verwalters in seiner Eigenschaft als Versammlungsleiter gehen. Überraschend ist allerdings die Lösung, daß trotz der Verkündung einer Beschlußablehnung nun gerade dieses negative Ergebnis als (positiver) Ablehnungsbeschluß gewürdigt wird.
BGH, Beschluß vom 23. August 2001 - V ZB 10/01 - Wortlaut Seite 1405