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Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe
Auch Vermieter zahlen ab Januar Bauabzugssteuer
08.10.2001 (GE 19/2001, 1323) Kaum zu glauben, aber wahr: Jeder, der ab dem 1. Januar die Rechnung einer Baufirma oder eines Handwerkers bezahlt, muß künftig 15 % von der Rechnungssumme (einschließlich Umsatzsteuer) einbehalten. Ausnahmen gibt es so gut wie keine, dafür aber haftet, wer dieser neuen Steuerpflicht - sie ist vergleichbar mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber - nicht nachkommt. Geregelt ist das alles in einem Gesetz mit dem schönen Namen „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“ vom 30. August 2001, das im Bundesgesetzblatt I Seite 2267 veröffentlicht und am 7. September 2001 in Kraft getreten ist. Betroffen ist von dem Gesetz praktisch jedermann, der Wohnungen und Gebäude renovieren, instand setzen oder modernisieren läßt.
Der Hintergrund
Bund und Ländern waren die illegale Betätigung und die illegale Beschäftigung im Baugewerbe schon immer ein Dorn im Auge. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums stellen sich die volkswirtschaftlichen Auswirkungen wie folgt dar: Rund 500.000 (legale) Arbeitsplätze gehen verloren und jährlich etwa 125 Mrd. DM an Steuerreinnahmen sowie 110 Mrd. DM an Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. BT-Drs. 14/4658). Eindämmen wollte man illegale Betätigung im Baugewerbe deshalb schon mehrfach - auch durch die Steuergesetzgebung. Zum 1. April 1999 etwa war mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eine Abzugssteuer von 25 % auf Vergütungen an ausländische Dienstleistungserbringer (§ 50 a Abs. 7 EStG) eingeführt worden. Die Europäische Kommission hatte jedoch die Ansicht vertreten, diese Regelung widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und schränke die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union ein. In der Folge war diese Regelung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 aufgehoben worden. Statt dessen wird mit dem Bauabzugssteuergesetz eine viel umfassendere Regelung eingeführt, die den größten Teil der im Inland erbrachten Bauleistungen umfaßt und nicht mehr unterscheidet, ob die Baufirma ihren Sitz im In- oder im Ausland hat. Daß der Gesetzeszweck vorrangig dazu dient, Steueransprüche auf Bauleistungen zu sichern, wird nicht verschwiegen (vgl. BT-Drs. 14/4658). Welche Auswirkungen das Gesetz auf besonders knapp kapitalisierte Baubetriebe hat, war nicht Gegenstand der Beratungen. Daß nur eine konsequente Senkung der Steuer- und Abgabenlast in der Lage ist, illegale Beschäftigung nachhaltig zu bekämpfen (vorgebracht bei der öffentlichen Anhörung durch die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände), hat den Gesetzgeber auch nicht beeindruckt. Man muß allerdings kein Prophet sein, um zu vermuten, daß die neue Bauabzugssteuer eher geeignet ist, das Problem der Schattenwirtschaft zu vergrößern als zu lösen.
Das neue Gesetz
in Kurzfassung
Die durch das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe eingeführten Änderungen sind in Abschnitt VII des Einkommensteuergesetzes und dort in den §§ 48 bis 48 d EStG enthalten und bestimmen kurz gesagt folgendes:
Ab dem 1. Januar 2002 haben
– bestimmte Auftraggeber bestimmter Bauleistungen im Inland
– einen Steuerabzug in Höhe von 15 % der Gegenleistung
– für Rechnungen des die Bauleistung erbringenden Unternehmens
– vorzunehmen (der Auftragnehmer erhält mithin nur 85 % der Rechnungssumme ausgezahlt),
– bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung erbracht (Rechnung bezahlt) wird, eine entsprechende Anmeldung auf amtlichem Vordruck
– dem für das Bauunternehmen/Handwerker zuständigen Finanzamt vorzulegen und
– zeitgleich den Abzugsbetrag für Rechnung des Bauunternehmens/Handwerkers an dessen Finanzamt abzuführen.
Dies alles gilt nicht, wenn
– der Bauunternehmer/Handwerker eine sogenannte Freistellungserklärung vorlegt, die vom zuständigen Finanzamt ausgestellt ist oder
– wenn bestimmte Bagatellgrenzen nicht überschritten werden.
Die grundlegende Regelung findet sich in § 48 EStG, der folgenden Wortlaut hat:
§ 48 Steuerabzug
(1) Erbringt jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Leistungsempfänger), ist der Leistungsempfänger verpflichtet, von der Gegenleistung einen Steuerabzug in Höhe von 15 vom Hundert für Rechnung des Leistenden vorzunehmen. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben.
(2) Der Steuerabzug muß nicht vorgenommen werden, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48 b Abs. 1 Satz 1 vorlegt oder die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr den folgenden Betrag voraussichtlich nicht übersteigen wird:
1. 15.000 E, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes ausführt,
2. 5.000 E in den übrigen Fällen.
Für die Ermittlung des Betrags sind die für denselben Leistungsempfänger erbrachten und voraussichtlich zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen.
(3) Gegenleistung im Sinne des Absatzes 1 ist das Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer.
(4) Wenn der Leistungsempfänger den Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt hat,
1. ist § 160 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung nicht anzuwenden,
2. sind § 42 d Abs. 6 und 8 und § 50 a Abs. 7 nicht anzuwenden.
Wer ist Leistungsempfänger?
Zur Abführung der Bauabzugssteuer verpflichtet ist der „Leistungsempfänger“, das sind nach dem Gesetz Unternehmer oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts (wir werden zur besseren Verständlichkeit den vom Gesetz benutzten Begriff des „Leistungsempfängers“ durch den Begriff „Auftraggeber“ und den Begriff „Leistender“ durch „Auftragnehmer“ ersetzen). Der Unternehmerbegriff ist an das Umsatzsteuergesetz angelehnt. Dabei umfaßt das Unternehmen die gesamte gewerbliche und/oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Unternehmer sind auch solche, die keine Umsatzsteuererklärung abgeben - z. B. Kleinunternehmer (§ 19 UStG), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte (§ 24 UStG), Freiberufler und sonstigen Privatleute, die aus der Nutzung ihres Vermögens fortlaufend Einnahmen erzielen , darunter als wichtigste Gruppe Vermieter mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Betroffen sind nur Bauleistungen, die der Unternehmer für sein Unternehmen bezieht. Diese Auffassung jedenfalls hat das Bundesfinanzministerium in einer ersten Stellungnahme vertreten, obwohl es nach dem Gesetzeswortlaut nicht erforderlich ist, daß der Unternehmer die Bauleistung für sein Unternehmen bezieht. Damit könnte auch ein Vermieter beispielsweise, der Bauleistungen für sein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Haus bezieht, zum Steuerabzug verpflichtet sein. So eng will die Finanzverwaltung das Gesetz aber offenbar nicht auslegen, doch wird eine endgültige Klärung dieser Frage einem BMF-Schreiben vorbehalten bleiben, das z. Zt. in Vorbereitung ist.
Der Begriff der Bauleistung
Das Bauabzugssteuergesetz bestimmt, daß der Empfänger einer Bauleistung zum Steuerabzug verpflichtet ist. Das Gesetz gilt für die Erbringung von Bauleistungen im Inland und unterscheidet auch nicht danach, ob der Bauunternehmer seinen Sitz ebenfalls im Inland oder aber im Ausland hat. Das gilt auch beim Bestehen von Doppelbesteuerungsabkommen. Die Ansässigkeit des Bestellers der Bauleistungen ist ebenfalls unerheblich. Damit unterliegt jede Bauleistung, die in Deutschland erbracht wird, zukünftig der Bauabzugsbesteuerung.
Als Bauleistung sieht der Gesetzgeber alle Leistungen an, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Zur Auslegung des Begriffs „Bauwerk“ kann auf Bautarifvertragsrecht zurückgegriffen werden. Danach sind Bauwerke „irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen“ (BAG-Urteil vom 21. Januar 1976 - 4 AZR 71/75; AP Nr. 27 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau).
Der Gesetzgeber hat im übrigen mit dem Begriff der Bauleistung die Definition aus § 211 Abs. 1Sozialgesetzbuch (SGB) lll übernommen. § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III wird durch §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung konkretisiert. Damit umfaßt der Bauleistungsbegriff u. a. folgende Arbeiten (die Aufzählung von A-Z ist nicht abschließend):
A: Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit und Drainierungsarbeiten;
B: Aufstellen von Bauaufzügen; Bauten- und Eisenschutz; Bautrocknungsarbeiten, Beton- und Stahlbetonarbeiten einschließlich Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten sowie Armierungsarbeiten; chemische Bodenverfestigungen;
D: Dachdeckerarbeiten; Dämm-(lsolier-) Arbeiten (das sind zum Beispiel Wärme-, Kälte-, Schallschutz) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen;
E: Erdbewegungsarbeiten; Estricharbeiten;
F: Fassadenbauarbeiten; Fassadenreinigungsarbeiten; Fertigbauarbeiten; Feuerungs- und Ofenbauarbeiten; Fliesen-, Platten- und Verlegearbeiten; Fugarbeiten an Bauwerken, insbesondere Verfugung von Verblendmauerwerk und von Anschlüssen zwischen Einbauteilen und Mauerwerk sowie dauerelastische und dauerplastische Verfugungen aller Art;
G: Garten- und Landschaftsbauleistungen aller Art; Fußboden- und Parkettlegerei; Glaserhandwerksarbeiten; Glasstahlbetonarbeiten sowie Vermauern und Verlegen von Glasbausteinen; Herstellen von nicht lagerfähigen Baustoffen, wie zum Beispiel Beton- und Mörtelmischungen (Transportbeton und Fertigmörtel); Gerüstbauarbeiten;
H: Hochbauarbeiten; Holzschutzarbeiten an Bauteilen;
I: Installationsarbeiten, insbesondere der Klempnerei, des Klimaanlagenbaues, der Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallation, sowie des Blitzschutz- und Erdungsanlagenbaus;
K: Kachelofen- und Luftheizungsbau;
M: Maler-, Lackierer- und Maurerarbeiten;
P: Parkettarbeiten;
R: Rohrleitungsbau; Schalungsarbeiten;
S: Schornsteinbauarbeiten; Schreinerarbeiten; Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten; Stahlbiege- und -flechtarbeiten; Steinmetzarbeiten; Stuck-, Putz-, Gips- und Rabitzarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern; Terrazzoarbeiten;
T: Trocken- und Montagebauarbeiten (zum Beispiel Wand- und Deckeneinbau und -verkleidungen) einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;
V: Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen; Vermieten von Baumaschinen mit Bedienungspersonal, wenn die Baumaschinen mit Bedienungspersonal zur Erbringung baulicher Leistungen eingesetzt werden;
W: Wärmedämmverbundsystemarbeiten;
Z: Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten.
Planungsleistungen (z. B. von Architekten und Statikern) sind keine Bauleistungen im Sinne des Gesetzes; sie sind jedoch in das Steuerabzugsverfahren einzubeziehen, wenn sie Nebenleistung einer Bauleistung sind. Eine Nebenleistung teilt generell das Schicksal der den Vertrag prägenden Hauptleistung.
Das Steuerabzugsverfahren ist nicht auf Werkverträge beschränkt. Es ist auch anzuwenden, wenn der der Bauleistung zugrunde liegende Vertrag zivilrechtlich als Werklieferungsvertrag einzuordnen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Erbringung von Bauleistungen Unternehmenszweck des Auftragnehmers ist oder ob er mit seinem Unternehmen überwiegend Bauleistungen erbringt. Das Steuerabzugsverfahren greift vielmehr auch dann ein, wenn jemand nur ausnahmsweise eine Bauleistung erbringt.
Das Steuerabzugsverfahren ist vom Auftraggeber unabhängig davon durchzuführen, ob Baufirma/Handwerker im Inland oder im Ausland ansässig sind. Als Auftragnehmer gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie selbst erbracht zu haben. Die Vorschriften des Steuerabzugsverfahrens gelten für den Auftraggeber somit auch dann, wenn er mit der Bauleistung einen Generalunternehmer beauftragt, der selbst nicht als Baubetrieb tätig wird, aber mit ihm die Leistungen der beauftragten Subunternehmer abrechnet. In diesem Fall ist auch der Generalunternehmer im Verhältnis zu den von ihm beauftragten Subunternehmern Auftraggeber und damit insoweit selbst zum Steuerabzug verpflichtet.
Wie hoch ist der
Steuerabzug?
Der Auftraggeber hat 15 % der Gegenleistung einzubehalten. Gegenleistung ist das (Netto-) Entgelt für die Bauleistung zuzüglich Umsatzsteuer. Ein Solidaritätszuschlag wird zum Abzugsbetrag nicht erhoben.
Beispiel:
Vermieter V. entschließt sich zu einer umfassenden Wärmedämmung eines Hauses. Den Auftrag, der auch Folgearbeiten wie Erneuerung der Fensterbleche umfaßt, vergibt er im November 2001 an die Baufirma B. Der Bauunternehmer B. erteilt V. nach Abnahme der Baumaßnahme im Februar 2002 eine Rechnung über 200.000 E, zuzüglich 32.000 E gesetzlicher Umsatzsteuer. V. bezahlt die Rechnung am 30. März 2002. Vermieter V. darf an B. nur 85 % des Rechnungsbetrages einschließlich Umsatzsteuer, also 85 % von 232.000 E, mithin nur 197.200 E überweisen.
Freistellungsbescheinigung
und Bagatellgrenzen
Das Gesetz sieht zwei Ausnahmen vor, bei deren Vorliegen ein Steuerabzug nicht vorgenommen werden muß: Dies ist zum einen der Fall, wenn dem Auftraggeber entweder eine zum Zeitpunkt der Gegenleistung (Bezahlung der Rechnung) gültige Freistellungsbescheinigung der Baufirma/des Handwerkers vorliegt oder
wenn die Gegenleistung gegenüber dieser Baufirma/diesem Handwerker im laufenden Kalenderjahr die im Gesetz genannten Bagatellgrenzen voraussichtlich nicht überschreitet. Die Bagatellgrenze ist bei jedem Unternehmer, der dem Auftraggeber eine Bauleistung erbringt, gesondert zu prüfen, bezieht sich also nicht etwa auf den Auftraggeber, sondern den Auftragnehmer.
Die Bagatellgrenze beträgt 5.000 E; sie beträgt allerdings 15.000 E, wenn der Auftraggeber ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 UStG (Vermietung von Grundstücken und Gebäuden) ausführt.
Beispiel:
Vermieter V. hat nur eine Eigentumswohnung, die er zu Wohnzwecken fremd vermietet. Weitere unternehmerische Tätigkeit entfaltet V. nicht. V. läßt in der Wohnung anläßlich eines Mieterwechsels durch den Bauunternehmer B. Parkett verlegen. Die Kosten hierfür betragen 10.000 E, zuzüglich 1.600 E Umsatzsteuer. Eine Freistellungsbescheinigung legt B. nicht vor. Weitere Bauleistungen wird V. voraussichtlich in dem Kalenderjahr von B. nicht in Anspruch nehmen.
V. kann das Gesamtentgelt in Höhe von 11.600 E dem B. in voller Höhe überweisen. Einen Abzug braucht er nicht vorzunehmen. V. erbringt nur umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen, deshalb gilt die Freigrenze von 15.000 E pro Kalenderjahr.
Würde V. dagegen in seinem Beruf Leistungen erbringen, die der Umsatzsteuer unterliegen, müßte er in diesem Fall einen Steuerabzug von 15 % tätigen und dürfte dem Parkettleger nur 9.860 E überweisen.
Die Anwendung der Bagatellgrenzen verlangt vom Auftraggeber eine vorausschauende Betrachtung der an einen bestimmten Auftragnehmer im laufenden Kalenderjahr zu erbringenden Gegenleistungen. Der Steuerabzug ist deshalb auch von Abschlagszahlungen unter 5.000 E bzw. 15.000 E vorzunehmen, wenn nach der vereinbarten Bauleistung zu erwarten ist, daß die Freigrenze im laufenden Kalenderjahr überschritten wird.
Für die Anwendung der Freigrenzen sind die für denselben Auftraggeber im laufenden Kalenderjahr von dem einzelnen Auftragnehmer bereits erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen.
Anmeldung, Fälligkeit und
zuständiges Finanzamt
Der Auftraggeber hat bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung erbracht (Rechnung bezahlt) worden ist, beim für den leistenden Bauunternehmer zuständigen Finanzamt (die Bauabzugssteuer verwaltet nicht das Finanzamt des Auftraggebers, sondern das örtlich zuständige [Wohnsitz-] Finanzamt des Auftragnehmers) auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck eine Steueranmeldung abzugeben. Das bedeutet, daß der Abzugsverpflichtete in jedem Fall der Abzugsbesteuerung ermitteln muß, welches Finanzamt jeweils für den Auftragnehmer zuständig ist. Der neu geschaffene § 20 a Abgabenordnung (AO) regelt die Zuständigkeit für ausländische Bauunternehmer. Danach ist für sie das Finanzamt zuständig, welches für die Umsatzbesteuerung von Unternehmen des jeweiligen Herkunftslandes zuständig ist. Bei einem inländischen Bauunternehmer ist dessen Wohnsitz- bzw. Betriebsfinanzamt zuständig. Die vom Auftraggeber einzubehaltende Steuer hat dieser bis zum 10. des Folgemonats abzuführen, in welchem er die Gegenleistung erbracht (Rechnung, Abschlagssumme bezahlt) hat.
Der Steuerabzugsbetrag ist nicht erst bei der (endgültigen) Abrechnung über die Bauleistung vorzunehmen. Gegenleistung im Sinne des Gesetzes ist vielmehr jede Zahlung des Auftraggebers an den Auftragnehmer. In der Anmeldung sind deshalb auch im Anmeldungszeitraum erbrachte Anzahlungen oder Abschlagszahlungen zu erfassen. Bei einer nachträglichen Erhöhung der Gegenleistung ist nur der Differenzbetrag zu der vorherigen Anmeldung in dem Anmeldungszeitraum, in dem der erhöhte Betrag erbracht wurde, anzumelden (§ 48 a Abs. 1 EStG). Bei einer Minderung der Gegenleistung ist keine Berichtigung vorzunehmen.
Der Auftraggeber muß gegenüber dem Auftragnehmer abrechnen, um diesem die Anrechnung der Steuer mit eigenen Steuerzahlungen bzw. die Erstattung zu ermöglichen. Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge werden auf Lohnsteuer bzw. Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer des Auftragnehmers angerechnet. Der Auftraggeber hat mit dem Auftragnehmer schriftlich über den bei der Gegenleistung vorgenommenen Steuerabzug abzurechnen. Dabei sind anzugeben:
1. der Name und die Anschrift des Auftragnehmers,
2. der Rechnungsbetrag bzw. die Höhe der erbrachten Gegenleistung und der Zahlungstag,
3. die Höhe des Steuerabzugs und
4. das Finanzamt, bei dem der Abzugsbetrag angemeldet worden ist.
Haftung für
unterlassenen Abzug
Gemäß § 48 a Abs. 3 EStG haftet der Auftraggeber für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag. Dabei kommt es nicht auf ein Verschulden des Auftraggebers an. Er kann sich im Haftungsverfahren auch nicht darauf berufen, daß die Gegenleistung beim Auftragnehmer nach dem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland nicht besteuert werden kann, denn gemäß § 48 d Abs. 1 EStG ist das Steuerabzugsverfahren ungeachtet des Abkommens durchzuführen. Eine Haftungsinanspruchnahme ist auch möglich, wenn die Person des Steuerschuldners nicht feststeht.
Der Auftragnehmer haftet nicht, wenn ihm im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen konnte. Er darf insbesondere dann nicht auf eine Freistellungsbescheinigung vertrauen, wenn diese durch unlautere Mittel oder durch falsche Angaben erwirkt wurde und ihm dies bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
Das Finanzamt erteilt eine Freistellungsbescheinigung mit einer Geltungsdauer von längstens drei Jahren ab Antragstellung. Es kann einen kürzeren Zeitraum bestimmen oder eine projektbezogene Freistellungsbescheinigung ausstellen, wenn dies nach den Umständen des Einzelfalls zweckmäßig ist. Auch in den Fällen, in denen die Freistellungsbescheinigung für einen bestimmten Auftrag erteilt wird, kann sie auf einen Gültigkeitszeitraum befristet werden.
Die Freistellungsbescheinigung wird grundsätzlich nur unter Widerrufsvorbehalt erteilt. Ein Widerruf kommt in Betracht, wenn das Finanzamt Grund zu der Annahme hat, daß bei Fortgeltung der Freistellungsbescheinigung eine Gefährdung von Steueransprüchen eintritt.
War die Freistellungsbescheinigung auf eine bestimmte Bauleistung beschränkt, teilt das Finanzamt dem Auftraggeber den Widerruf und den Zeitpunkt, ab dem die Bescheinigung nicht mehr anzuwenden ist, mit. Nach diesem Zeitpunkt zu erbringende Gegenleistungen unterliegen dem Steuerabzug, wenn die maßgebliche Bagatellgrenze überschritten ist.
Ist die erteilte Freistellungsbescheinigung rechtswidrig, nimmt das Finanzamt die Bescheinigung nach § 130 AO zurück. Auch in diesem Fall unterrichtet das Finanzamt den in der Bescheinigung benannten Auftraggeber (§ 48 b Abs. 4 EStG). Die Rücknahme hat zur Folge, daß der Auftraggeber den Steuerabzug für vorher aufgrund der genannten Bauleistung erbrachte Gegenleistungen nachholen muß. Den Einbehalt hat der Auftraggeber bei der nächsten nach der Rücknahme zu erbringenden Gegenleistung vorzunehmen.
Übergangsregelungen
Das Gesetz ist am 7.September 2001 in Kraft getreten. Das Gesetz erstreckt sich also auch auf bereits in 2001 in Auftrag gegebene, laufende oder auch schon durchgeführte Bauarbeiten. Die Steuerabzugspflicht gilt allerdings erst für Gegenleistungen, die nach dem 31. Dezember 2001 erfolgen - maßgeblich ist also in jedem Fall, wann die Rechnung oder eine Abschlagssumme gezahlt wird. Damit soll den Bauunternehmen die Möglichkeit gewährt werden, noch im Jahr 2001 die Freistellungsbescheinigungen zu erlangen, um so den Steuerabzug vermeiden zu können.
Fazit
Durch die Bauabzugsbesteuerung erhöht sich der Verwaltungsaufwand bei Bauleistungen gravierend. Unternehmen, die Bauleistungen erbringen, sollten sich noch in diesem Jahr eine Freistellungsbescheinigung von ihrem zuständigen Finanzamt besorgen. Die Anträge werden allerdings erst bearbeitet, wenn die amtlichen Vordrucke vorliegen. Die Auftraggeber von Bauleistungen sind ab 2002 von maßgeblichen Pflichten und Risiken betroffen. Hierbei sind insbesondere der Kontrollaufwand für Freistellungsbescheinigungen sowie das Haftungsrisiko zu nennen.
Bund und Ländern waren die illegale Betätigung und die illegale Beschäftigung im Baugewerbe schon immer ein Dorn im Auge. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums stellen sich die volkswirtschaftlichen Auswirkungen wie folgt dar: Rund 500.000 (legale) Arbeitsplätze gehen verloren und jährlich etwa 125 Mrd. DM an Steuerreinnahmen sowie 110 Mrd. DM an Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. BT-Drs. 14/4658). Eindämmen wollte man illegale Betätigung im Baugewerbe deshalb schon mehrfach - auch durch die Steuergesetzgebung. Zum 1. April 1999 etwa war mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eine Abzugssteuer von 25 % auf Vergütungen an ausländische Dienstleistungserbringer (§ 50 a Abs. 7 EStG) eingeführt worden. Die Europäische Kommission hatte jedoch die Ansicht vertreten, diese Regelung widerspräche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und schränke die Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union ein. In der Folge war diese Regelung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 aufgehoben worden. Statt dessen wird mit dem Bauabzugssteuergesetz eine viel umfassendere Regelung eingeführt, die den größten Teil der im Inland erbrachten Bauleistungen umfaßt und nicht mehr unterscheidet, ob die Baufirma ihren Sitz im In- oder im Ausland hat. Daß der Gesetzeszweck vorrangig dazu dient, Steueransprüche auf Bauleistungen zu sichern, wird nicht verschwiegen (vgl. BT-Drs. 14/4658). Welche Auswirkungen das Gesetz auf besonders knapp kapitalisierte Baubetriebe hat, war nicht Gegenstand der Beratungen. Daß nur eine konsequente Senkung der Steuer- und Abgabenlast in der Lage ist, illegale Beschäftigung nachhaltig zu bekämpfen (vorgebracht bei der öffentlichen Anhörung durch die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände), hat den Gesetzgeber auch nicht beeindruckt. Man muß allerdings kein Prophet sein, um zu vermuten, daß die neue Bauabzugssteuer eher geeignet ist, das Problem der Schattenwirtschaft zu vergrößern als zu lösen.
Das neue Gesetz
in Kurzfassung
Die durch das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe eingeführten Änderungen sind in Abschnitt VII des Einkommensteuergesetzes und dort in den §§ 48 bis 48 d EStG enthalten und bestimmen kurz gesagt folgendes:
Ab dem 1. Januar 2002 haben
– bestimmte Auftraggeber bestimmter Bauleistungen im Inland
– einen Steuerabzug in Höhe von 15 % der Gegenleistung
– für Rechnungen des die Bauleistung erbringenden Unternehmens
– vorzunehmen (der Auftragnehmer erhält mithin nur 85 % der Rechnungssumme ausgezahlt),
– bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung erbracht (Rechnung bezahlt) wird, eine entsprechende Anmeldung auf amtlichem Vordruck
– dem für das Bauunternehmen/Handwerker zuständigen Finanzamt vorzulegen und
– zeitgleich den Abzugsbetrag für Rechnung des Bauunternehmens/Handwerkers an dessen Finanzamt abzuführen.
Dies alles gilt nicht, wenn
– der Bauunternehmer/Handwerker eine sogenannte Freistellungserklärung vorlegt, die vom zuständigen Finanzamt ausgestellt ist oder
– wenn bestimmte Bagatellgrenzen nicht überschritten werden.
Die grundlegende Regelung findet sich in § 48 EStG, der folgenden Wortlaut hat:
§ 48 Steuerabzug
(1) Erbringt jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Leistungsempfänger), ist der Leistungsempfänger verpflichtet, von der Gegenleistung einen Steuerabzug in Höhe von 15 vom Hundert für Rechnung des Leistenden vorzunehmen. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben.
(2) Der Steuerabzug muß nicht vorgenommen werden, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48 b Abs. 1 Satz 1 vorlegt oder die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr den folgenden Betrag voraussichtlich nicht übersteigen wird:
1. 15.000 E, wenn der Leistungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes ausführt,
2. 5.000 E in den übrigen Fällen.
Für die Ermittlung des Betrags sind die für denselben Leistungsempfänger erbrachten und voraussichtlich zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen.
(3) Gegenleistung im Sinne des Absatzes 1 ist das Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer.
(4) Wenn der Leistungsempfänger den Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt hat,
1. ist § 160 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung nicht anzuwenden,
2. sind § 42 d Abs. 6 und 8 und § 50 a Abs. 7 nicht anzuwenden.
Wer ist Leistungsempfänger?
Zur Abführung der Bauabzugssteuer verpflichtet ist der „Leistungsempfänger“, das sind nach dem Gesetz Unternehmer oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts (wir werden zur besseren Verständlichkeit den vom Gesetz benutzten Begriff des „Leistungsempfängers“ durch den Begriff „Auftraggeber“ und den Begriff „Leistender“ durch „Auftragnehmer“ ersetzen). Der Unternehmerbegriff ist an das Umsatzsteuergesetz angelehnt. Dabei umfaßt das Unternehmen die gesamte gewerbliche und/oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Unternehmer sind auch solche, die keine Umsatzsteuererklärung abgeben - z. B. Kleinunternehmer (§ 19 UStG), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte (§ 24 UStG), Freiberufler und sonstigen Privatleute, die aus der Nutzung ihres Vermögens fortlaufend Einnahmen erzielen , darunter als wichtigste Gruppe Vermieter mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Betroffen sind nur Bauleistungen, die der Unternehmer für sein Unternehmen bezieht. Diese Auffassung jedenfalls hat das Bundesfinanzministerium in einer ersten Stellungnahme vertreten, obwohl es nach dem Gesetzeswortlaut nicht erforderlich ist, daß der Unternehmer die Bauleistung für sein Unternehmen bezieht. Damit könnte auch ein Vermieter beispielsweise, der Bauleistungen für sein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Haus bezieht, zum Steuerabzug verpflichtet sein. So eng will die Finanzverwaltung das Gesetz aber offenbar nicht auslegen, doch wird eine endgültige Klärung dieser Frage einem BMF-Schreiben vorbehalten bleiben, das z. Zt. in Vorbereitung ist.
Der Begriff der Bauleistung
Das Bauabzugssteuergesetz bestimmt, daß der Empfänger einer Bauleistung zum Steuerabzug verpflichtet ist. Das Gesetz gilt für die Erbringung von Bauleistungen im Inland und unterscheidet auch nicht danach, ob der Bauunternehmer seinen Sitz ebenfalls im Inland oder aber im Ausland hat. Das gilt auch beim Bestehen von Doppelbesteuerungsabkommen. Die Ansässigkeit des Bestellers der Bauleistungen ist ebenfalls unerheblich. Damit unterliegt jede Bauleistung, die in Deutschland erbracht wird, zukünftig der Bauabzugsbesteuerung.
Als Bauleistung sieht der Gesetzgeber alle Leistungen an, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Zur Auslegung des Begriffs „Bauwerk“ kann auf Bautarifvertragsrecht zurückgegriffen werden. Danach sind Bauwerke „irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen“ (BAG-Urteil vom 21. Januar 1976 - 4 AZR 71/75; AP Nr. 27 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau).
Der Gesetzgeber hat im übrigen mit dem Begriff der Bauleistung die Definition aus § 211 Abs. 1Sozialgesetzbuch (SGB) lll übernommen. § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III wird durch §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung konkretisiert. Damit umfaßt der Bauleistungsbegriff u. a. folgende Arbeiten (die Aufzählung von A-Z ist nicht abschließend):
A: Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit und Drainierungsarbeiten;
B: Aufstellen von Bauaufzügen; Bauten- und Eisenschutz; Bautrocknungsarbeiten, Beton- und Stahlbetonarbeiten einschließlich Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten sowie Armierungsarbeiten; chemische Bodenverfestigungen;
D: Dachdeckerarbeiten; Dämm-(lsolier-) Arbeiten (das sind zum Beispiel Wärme-, Kälte-, Schallschutz) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen;
E: Erdbewegungsarbeiten; Estricharbeiten;
F: Fassadenbauarbeiten; Fassadenreinigungsarbeiten; Fertigbauarbeiten; Feuerungs- und Ofenbauarbeiten; Fliesen-, Platten- und Verlegearbeiten; Fugarbeiten an Bauwerken, insbesondere Verfugung von Verblendmauerwerk und von Anschlüssen zwischen Einbauteilen und Mauerwerk sowie dauerelastische und dauerplastische Verfugungen aller Art;
G: Garten- und Landschaftsbauleistungen aller Art; Fußboden- und Parkettlegerei; Glaserhandwerksarbeiten; Glasstahlbetonarbeiten sowie Vermauern und Verlegen von Glasbausteinen; Herstellen von nicht lagerfähigen Baustoffen, wie zum Beispiel Beton- und Mörtelmischungen (Transportbeton und Fertigmörtel); Gerüstbauarbeiten;
H: Hochbauarbeiten; Holzschutzarbeiten an Bauteilen;
I: Installationsarbeiten, insbesondere der Klempnerei, des Klimaanlagenbaues, der Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallation, sowie des Blitzschutz- und Erdungsanlagenbaus;
K: Kachelofen- und Luftheizungsbau;
M: Maler-, Lackierer- und Maurerarbeiten;
P: Parkettarbeiten;
R: Rohrleitungsbau; Schalungsarbeiten;
S: Schornsteinbauarbeiten; Schreinerarbeiten; Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten; Stahlbiege- und -flechtarbeiten; Steinmetzarbeiten; Stuck-, Putz-, Gips- und Rabitzarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern; Terrazzoarbeiten;
T: Trocken- und Montagebauarbeiten (zum Beispiel Wand- und Deckeneinbau und -verkleidungen) einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;
V: Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen; Vermieten von Baumaschinen mit Bedienungspersonal, wenn die Baumaschinen mit Bedienungspersonal zur Erbringung baulicher Leistungen eingesetzt werden;
W: Wärmedämmverbundsystemarbeiten;
Z: Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten.
Planungsleistungen (z. B. von Architekten und Statikern) sind keine Bauleistungen im Sinne des Gesetzes; sie sind jedoch in das Steuerabzugsverfahren einzubeziehen, wenn sie Nebenleistung einer Bauleistung sind. Eine Nebenleistung teilt generell das Schicksal der den Vertrag prägenden Hauptleistung.
Das Steuerabzugsverfahren ist nicht auf Werkverträge beschränkt. Es ist auch anzuwenden, wenn der der Bauleistung zugrunde liegende Vertrag zivilrechtlich als Werklieferungsvertrag einzuordnen ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Erbringung von Bauleistungen Unternehmenszweck des Auftragnehmers ist oder ob er mit seinem Unternehmen überwiegend Bauleistungen erbringt. Das Steuerabzugsverfahren greift vielmehr auch dann ein, wenn jemand nur ausnahmsweise eine Bauleistung erbringt.
Das Steuerabzugsverfahren ist vom Auftraggeber unabhängig davon durchzuführen, ob Baufirma/Handwerker im Inland oder im Ausland ansässig sind. Als Auftragnehmer gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie selbst erbracht zu haben. Die Vorschriften des Steuerabzugsverfahrens gelten für den Auftraggeber somit auch dann, wenn er mit der Bauleistung einen Generalunternehmer beauftragt, der selbst nicht als Baubetrieb tätig wird, aber mit ihm die Leistungen der beauftragten Subunternehmer abrechnet. In diesem Fall ist auch der Generalunternehmer im Verhältnis zu den von ihm beauftragten Subunternehmern Auftraggeber und damit insoweit selbst zum Steuerabzug verpflichtet.
Wie hoch ist der
Steuerabzug?
Der Auftraggeber hat 15 % der Gegenleistung einzubehalten. Gegenleistung ist das (Netto-) Entgelt für die Bauleistung zuzüglich Umsatzsteuer. Ein Solidaritätszuschlag wird zum Abzugsbetrag nicht erhoben.
Beispiel:
Vermieter V. entschließt sich zu einer umfassenden Wärmedämmung eines Hauses. Den Auftrag, der auch Folgearbeiten wie Erneuerung der Fensterbleche umfaßt, vergibt er im November 2001 an die Baufirma B. Der Bauunternehmer B. erteilt V. nach Abnahme der Baumaßnahme im Februar 2002 eine Rechnung über 200.000 E, zuzüglich 32.000 E gesetzlicher Umsatzsteuer. V. bezahlt die Rechnung am 30. März 2002. Vermieter V. darf an B. nur 85 % des Rechnungsbetrages einschließlich Umsatzsteuer, also 85 % von 232.000 E, mithin nur 197.200 E überweisen.
Freistellungsbescheinigung
und Bagatellgrenzen
Das Gesetz sieht zwei Ausnahmen vor, bei deren Vorliegen ein Steuerabzug nicht vorgenommen werden muß: Dies ist zum einen der Fall, wenn dem Auftraggeber entweder eine zum Zeitpunkt der Gegenleistung (Bezahlung der Rechnung) gültige Freistellungsbescheinigung der Baufirma/des Handwerkers vorliegt oder
wenn die Gegenleistung gegenüber dieser Baufirma/diesem Handwerker im laufenden Kalenderjahr die im Gesetz genannten Bagatellgrenzen voraussichtlich nicht überschreitet. Die Bagatellgrenze ist bei jedem Unternehmer, der dem Auftraggeber eine Bauleistung erbringt, gesondert zu prüfen, bezieht sich also nicht etwa auf den Auftraggeber, sondern den Auftragnehmer.
Die Bagatellgrenze beträgt 5.000 E; sie beträgt allerdings 15.000 E, wenn der Auftraggeber ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 UStG (Vermietung von Grundstücken und Gebäuden) ausführt.
Beispiel:
Vermieter V. hat nur eine Eigentumswohnung, die er zu Wohnzwecken fremd vermietet. Weitere unternehmerische Tätigkeit entfaltet V. nicht. V. läßt in der Wohnung anläßlich eines Mieterwechsels durch den Bauunternehmer B. Parkett verlegen. Die Kosten hierfür betragen 10.000 E, zuzüglich 1.600 E Umsatzsteuer. Eine Freistellungsbescheinigung legt B. nicht vor. Weitere Bauleistungen wird V. voraussichtlich in dem Kalenderjahr von B. nicht in Anspruch nehmen.
V. kann das Gesamtentgelt in Höhe von 11.600 E dem B. in voller Höhe überweisen. Einen Abzug braucht er nicht vorzunehmen. V. erbringt nur umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen, deshalb gilt die Freigrenze von 15.000 E pro Kalenderjahr.
Würde V. dagegen in seinem Beruf Leistungen erbringen, die der Umsatzsteuer unterliegen, müßte er in diesem Fall einen Steuerabzug von 15 % tätigen und dürfte dem Parkettleger nur 9.860 E überweisen.
Die Anwendung der Bagatellgrenzen verlangt vom Auftraggeber eine vorausschauende Betrachtung der an einen bestimmten Auftragnehmer im laufenden Kalenderjahr zu erbringenden Gegenleistungen. Der Steuerabzug ist deshalb auch von Abschlagszahlungen unter 5.000 E bzw. 15.000 E vorzunehmen, wenn nach der vereinbarten Bauleistung zu erwarten ist, daß die Freigrenze im laufenden Kalenderjahr überschritten wird.
Für die Anwendung der Freigrenzen sind die für denselben Auftraggeber im laufenden Kalenderjahr von dem einzelnen Auftragnehmer bereits erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen.
Anmeldung, Fälligkeit und
zuständiges Finanzamt
Der Auftraggeber hat bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung erbracht (Rechnung bezahlt) worden ist, beim für den leistenden Bauunternehmer zuständigen Finanzamt (die Bauabzugssteuer verwaltet nicht das Finanzamt des Auftraggebers, sondern das örtlich zuständige [Wohnsitz-] Finanzamt des Auftragnehmers) auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck eine Steueranmeldung abzugeben. Das bedeutet, daß der Abzugsverpflichtete in jedem Fall der Abzugsbesteuerung ermitteln muß, welches Finanzamt jeweils für den Auftragnehmer zuständig ist. Der neu geschaffene § 20 a Abgabenordnung (AO) regelt die Zuständigkeit für ausländische Bauunternehmer. Danach ist für sie das Finanzamt zuständig, welches für die Umsatzbesteuerung von Unternehmen des jeweiligen Herkunftslandes zuständig ist. Bei einem inländischen Bauunternehmer ist dessen Wohnsitz- bzw. Betriebsfinanzamt zuständig. Die vom Auftraggeber einzubehaltende Steuer hat dieser bis zum 10. des Folgemonats abzuführen, in welchem er die Gegenleistung erbracht (Rechnung, Abschlagssumme bezahlt) hat.
Der Steuerabzugsbetrag ist nicht erst bei der (endgültigen) Abrechnung über die Bauleistung vorzunehmen. Gegenleistung im Sinne des Gesetzes ist vielmehr jede Zahlung des Auftraggebers an den Auftragnehmer. In der Anmeldung sind deshalb auch im Anmeldungszeitraum erbrachte Anzahlungen oder Abschlagszahlungen zu erfassen. Bei einer nachträglichen Erhöhung der Gegenleistung ist nur der Differenzbetrag zu der vorherigen Anmeldung in dem Anmeldungszeitraum, in dem der erhöhte Betrag erbracht wurde, anzumelden (§ 48 a Abs. 1 EStG). Bei einer Minderung der Gegenleistung ist keine Berichtigung vorzunehmen.
Der Auftraggeber muß gegenüber dem Auftragnehmer abrechnen, um diesem die Anrechnung der Steuer mit eigenen Steuerzahlungen bzw. die Erstattung zu ermöglichen. Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge werden auf Lohnsteuer bzw. Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer des Auftragnehmers angerechnet. Der Auftraggeber hat mit dem Auftragnehmer schriftlich über den bei der Gegenleistung vorgenommenen Steuerabzug abzurechnen. Dabei sind anzugeben:
1. der Name und die Anschrift des Auftragnehmers,
2. der Rechnungsbetrag bzw. die Höhe der erbrachten Gegenleistung und der Zahlungstag,
3. die Höhe des Steuerabzugs und
4. das Finanzamt, bei dem der Abzugsbetrag angemeldet worden ist.
Haftung für
unterlassenen Abzug
Gemäß § 48 a Abs. 3 EStG haftet der Auftraggeber für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag. Dabei kommt es nicht auf ein Verschulden des Auftraggebers an. Er kann sich im Haftungsverfahren auch nicht darauf berufen, daß die Gegenleistung beim Auftragnehmer nach dem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland nicht besteuert werden kann, denn gemäß § 48 d Abs. 1 EStG ist das Steuerabzugsverfahren ungeachtet des Abkommens durchzuführen. Eine Haftungsinanspruchnahme ist auch möglich, wenn die Person des Steuerschuldners nicht feststeht.
Der Auftragnehmer haftet nicht, wenn ihm im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen konnte. Er darf insbesondere dann nicht auf eine Freistellungsbescheinigung vertrauen, wenn diese durch unlautere Mittel oder durch falsche Angaben erwirkt wurde und ihm dies bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
Das Finanzamt erteilt eine Freistellungsbescheinigung mit einer Geltungsdauer von längstens drei Jahren ab Antragstellung. Es kann einen kürzeren Zeitraum bestimmen oder eine projektbezogene Freistellungsbescheinigung ausstellen, wenn dies nach den Umständen des Einzelfalls zweckmäßig ist. Auch in den Fällen, in denen die Freistellungsbescheinigung für einen bestimmten Auftrag erteilt wird, kann sie auf einen Gültigkeitszeitraum befristet werden.
Die Freistellungsbescheinigung wird grundsätzlich nur unter Widerrufsvorbehalt erteilt. Ein Widerruf kommt in Betracht, wenn das Finanzamt Grund zu der Annahme hat, daß bei Fortgeltung der Freistellungsbescheinigung eine Gefährdung von Steueransprüchen eintritt.
War die Freistellungsbescheinigung auf eine bestimmte Bauleistung beschränkt, teilt das Finanzamt dem Auftraggeber den Widerruf und den Zeitpunkt, ab dem die Bescheinigung nicht mehr anzuwenden ist, mit. Nach diesem Zeitpunkt zu erbringende Gegenleistungen unterliegen dem Steuerabzug, wenn die maßgebliche Bagatellgrenze überschritten ist.
Ist die erteilte Freistellungsbescheinigung rechtswidrig, nimmt das Finanzamt die Bescheinigung nach § 130 AO zurück. Auch in diesem Fall unterrichtet das Finanzamt den in der Bescheinigung benannten Auftraggeber (§ 48 b Abs. 4 EStG). Die Rücknahme hat zur Folge, daß der Auftraggeber den Steuerabzug für vorher aufgrund der genannten Bauleistung erbrachte Gegenleistungen nachholen muß. Den Einbehalt hat der Auftraggeber bei der nächsten nach der Rücknahme zu erbringenden Gegenleistung vorzunehmen.
Übergangsregelungen
Das Gesetz ist am 7.September 2001 in Kraft getreten. Das Gesetz erstreckt sich also auch auf bereits in 2001 in Auftrag gegebene, laufende oder auch schon durchgeführte Bauarbeiten. Die Steuerabzugspflicht gilt allerdings erst für Gegenleistungen, die nach dem 31. Dezember 2001 erfolgen - maßgeblich ist also in jedem Fall, wann die Rechnung oder eine Abschlagssumme gezahlt wird. Damit soll den Bauunternehmen die Möglichkeit gewährt werden, noch im Jahr 2001 die Freistellungsbescheinigungen zu erlangen, um so den Steuerabzug vermeiden zu können.
Fazit
Durch die Bauabzugsbesteuerung erhöht sich der Verwaltungsaufwand bei Bauleistungen gravierend. Unternehmen, die Bauleistungen erbringen, sollten sich noch in diesem Jahr eine Freistellungsbescheinigung von ihrem zuständigen Finanzamt besorgen. Die Anträge werden allerdings erst bearbeitet, wenn die amtlichen Vordrucke vorliegen. Die Auftraggeber von Bauleistungen sind ab 2002 von maßgeblichen Pflichten und Risiken betroffen. Hierbei sind insbesondere der Kontrollaufwand für Freistellungsbescheinigungen sowie das Haftungsrisiko zu nennen.






