Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Die haben was an der Mütze
17.09.2001 (GE 18/2001, 1217) Man faßt es nicht! Die Konjunktur bröckelt, die Inflationsraten sind hoch wie schon lange nicht mehr, vom Versprechen des Bundeskanzlers, er werde die Arbeitslosigkeit auf drei Millionen drücken und sich daran messen lassen, ist nichts mehr übrig geblieben außer der kleinlauten Versicherung, man werde sich weiterhin größte Mühe geben - und das stimmt auch, vor allem dann, wenn es um eine Stärkung und Vergrößerung des größten Feindes der Leistungswilligen geht: der Bürokratie.
Neuestes Beispiel, das jeder, dem ich davon gesprächsweise berichtet habe, für eine Zeitungsente hält, ist die beschlossene Bauabzugssteuer zum 1. Januar 2002. Sie kennen das nicht? Kaum einer kennt sie, aber sie versteckt sich in einem Gesetz mit dem Namen „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“, und dem hat nun auch der Bundesrat zugestimmt. Angeblich soll damit ein weiterer Versuch unternommen werden, Schwarzarbeit zu unterbinden - wer das Gesetz gelesen und über die Konsequenzen nachgedacht hat, wird in kürzester Zeit begriffen haben, daß es sich um ein Gesetz zur Förderung der Schwarzarbeit handelt.

Was regelt die neueste Kopfgeburt sozialistischer Finanzer?
Grundsätzlich soll immer dann, wenn „jemand“ im Inland eine Bauleistung an einen Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbringt - davon sind wir praktisch alle betroffen und firmieren in diesem Gesetz unter dem Begriff „Leistungsempfänger“ -, also wenn für uns Leistungsempfänger jemand eine Bauleistung erbringt, dann müssen wir künftig von der Rechnung des Bauunternehmers 15 % abziehen und sie dem Finanzamt überweisen. Das nennt sich Bauabzugssteuer. Und unter Bauleistungen versteht das Gesetz - ich zitiere - „alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen“. Unser fürsorglicher Staat will, daß ihm künftig keine Steuereinnahmen - weder aus der Einkommen- noch aus der Körperschaftsteuer und auch nicht aus der Lohnsteuer für Bauarbeiter - entgehen, die ihm windige Bauunternehmer (die der Gesetzgeber offenbar flächendeckend in Deutschland vermutet) ansonsten entziehen. Deshalb wird der Auftraggeber - sei er Vermieter, ein Wohnungsbauunternehmen, oder auch nur ein Mieter, der seine Wohnung malern läßt - zum Büttel gemacht, der die vom Bauunternehmer oder Handwerker zu zahlenden Steuern von vornherein sicherstellen soll.

Ausnahmen gibt es nur für Bagatellbeträge - 5.000 Euro ist die Obergrenze, in Fällen umsatzsteuerfreier Vermietungsleistungen sind es 15.000 Euro - und in den Fällen, in denen der Bauunternehmer ein finanzamtliches Führungszeugnis vorlegt, das vom Gesetz mit dem schönen Wort „Freistellungsbescheinigung“ umschrieben wird. Die gibt‘s nur vom Finanzamt, „wenn der zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint und ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist“. Diese Art von Ausländerfeindlichkeit praktiziert das deutsche Parlament ja auch nicht alle Tage.

Die Grundfeststellung der Bundesregierung, nachzulesen unter der Überschrift „Zielsetzung“ ihres Gesetzentwurfs, wonach in Deutschland die „illegale Beschäftigung in allen Bereichen zunimmt“, hat doch wohl ganz andere Ursachen als die, daß wir bis jetzt leider kein Gesetz hatten, um eine Bauabzugssteuer vorzusehen.

Im übrigen hat diese Bundesregierung jedenfalls kein Herz für Existenzgründer. Wie soll ein junger Handwerker nachweisen, daß die Steueransprüche seines Finanzamtes nicht gefährdet sind und sich gleichzeitig am Markt durchsetzen, wo die Auftraggeber zur Bürokratievermeidung natürlich Firmen mit Freistellungsbescheinigungen bevorzugen werden?
Autor: Dieter Blümmel