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Bundesregierung will von Modernisierungszwang nichts wissen
Haus & Grund lehnt Energieeinsparverordnung ab
27.08.2001 (GE 16/(2001, 1086) Die neue Energieeinsparverordnung schlägt weiter hohe Wellen, nachdem auch der Bundesrat zugestimmt hat.
„Wir wollen den Energiebedarf weiter senken, den Einsatz erneuerbarer Energien begünstigen und auch mehr Transparenz für Bauherren und Nutzer schaffen,“ sagte am 19. Juli der Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Haus & Grund lehnt die Verordnung nach wie vor als ungeeignet ab.

Mehr Flexibilität wird laut Großmann dadurch geschaffen, daß man die geforderten Energiewerte sowohl durch eine bessere Wärmedämmung als auch durch eine bessere Anlagentechnik erzielen könne. Für bestehende Gebäude bestünden nach wie vor „bedingte Anforderungen“ für Bauteile, die erst wirksam würden, wenn ein Eigentümer ohnehin bestimmte Änderungen am Gebäude durchführen will. Damit sei klar, so Großmann, daß die Energieeinsparverordnung bei zum Abriß bestimmten Häusern in den neuen Ländern überhaupt nicht greifen werde.

Zudem enthalte die Energieeinsparverordnung eine sogenannte Härtefallklausel, nach der die Landesbehörden, die für den Vollzug zuständig seien, in bestimmten Härtefällen Befreiungen von den Vorschriften erteilen können.
Haus & Grund-Präsident Dr. Friedrich-Adolf Jahn hat die Verordnung frühzeitig abgelehnt mit den Worten: „Was gut klingt, ist in der Praxis schlecht.“ Es bestehe zwischen dem Energieverbrauch und den Energiekosten kein fester, sondern ein sich stetig ändernder Zusammenhang. Entscheidend sei vor allem, daß der Wärmebedarf einer Wohnung nur zu einem geringen Teil von der Bausubstanz des Hauses abhängt. Maßgeblich wirke sich vor allen Dingen das Heizverhalten des Wohnungsnutzers aus. Jahn: „Wer vernünftig ist, zieht sich einen Pullover an, regelt die Temperatur herunter und spart schon aus eigener Initiative Heizkosten ein.“

Besonders bedenklich sei, daß der Wärmepaß gerade für Vermieter zu deutlich mehr Bürokratie führt. Wenn der Energiepaß erst mal eingeführt ist, werden rasch etliche Verordnungen und Erlasse folgen, die dann einander widersprüchliche Gerichtsurteile nach sich ziehen. Zudem müsse man befürchten, daß der Energiepaß womöglich alle zehn Jahre zu erneuern sein wird.

Der Bundesrat hat nach Angaben der Bundesregierung der von ihr bereits im März vorgelegten Energieeinsparverordnung mit geringfügigen Änderungen zugestimmt. Es könne jetzt mit einem Inkrafttreten der neuen Verordnung noch in diesem Jahr, spätestens aber Anfang kommenden Jahres gerechnet werden. Die verstärkten Anstrengungen zur Ener-gieeinsparung bei der Gebäudenutzung sind auch ein zentrales Element des Kli-maschutzprogramms der Bundesregierung.

Investitionsentscheidungen müßten wegen der langen Lebensdauer der Gebäude besonders nachhaltig im Sinne der Energieeinsparung sein. Mit der neuen Energieeinsparverordnung werde der Niedrigenergiehausstandard bei neuen Gebäuden zur Regel. Der Heizenergiebedarf von Neubauten werde um rd. 30 % gegenüber den heutigen Anforderungen gesenkt. Auf der Grundlage neuer europäischer und nationaler technischer Normen werde es erstmals auch möglich, die Effizienz der Anlagentechnik in die Bewertung der energetischen Qualität von Gebäuden einzubeziehen. Damit bleibe den Bauherren und Planern freigestellt, mit welchen Maßnahmen sie die vorgegebenen Zielwerte erreichen, ob durch verstärkten Wärmeschutz, anspruchsvollere Anlagentechnik, den Einsatz erneuerbarer Energiequellen oder Konzepte zur Wärmerückgewinnung.

Gefordert sein werde also die „intelligente Erschließung“ der Energieeinsparpotentiale beim Planen und Errichten von Gebäuden, z. B. durch die Vermeidung von Wärmebrücken in der Gebäudehülle. Die mit der Verordnung vorgeschriebene Energieeinsparung im Gebäudebereich sei insgesamt wirtschaftlich vertretbar. Die zusätzlichen Kosten amortisierten sich generell im wesentlichen durch Energiekosteneinsparung im Rahmen der Nutzungsdauer der Gebäude und Anlagen. Für Neubauten werde künftig ein Energiebedarfsausweis vorgeschrieben, der wichtige Informationen zu den energetischen Eigenschaften des Gebäudes enthält. Ähnlich wie beim Auto sollen standardisierte Energiebedarfswerte für mehr Transparenz für die Gebäudeeigentümer und Mieter sorgen und damit auch zu weiteren Energiesparanstrengungen anreizen.

Noch beträchtliche Energiesparpotentiale bestünden im Altbaubestand. Auch diese Reserven würden mit der Verordnung bei ohnehin anstehenden Modernisierungsmaßnahmen verstärkt mobilisiert. Vor allem sollen in den nächsten Jahren etwa 2 Mio. vor dem 1. Oktober 1978 eingebaute, ineffiziente Heizkessel erneuert beziehungsweise ausgetauscht sowie bestimmte ungedämmte Rohrleitungen und oberste Geschoßdecken unter nicht ausbaufähigen Dachräumen wärmegedämmt werden. Bei anstehenden Modernisierungsarbeiten müßten die Möglichkeiten einer energetischen Verbesserung ausgeschöpft werden. Beispielsweise sei bei Putzerneuerung und dem Austausch von Fenstern oder Verglasungen gleichzeitig die energetische Qualität dieser Außenbauteile deutlich zu verbessern.

Für eine wirksame Umsetzung der Maßnahmen im Gebäudebestand bedürfe es allerdings zusätzlich einer beratenden und finanziellen Flankierung. Neben den Beratungsaktivitäten insbesondere der Wirtschaft, von Architekten und Ingenieuren werde dazu auch die Bundesregierung die Öffentlichkeitsarbeit zum energiesparenden Bauen verstärken; so sei beispielsweise bereits durch die Deutsche Energie-Agentur („dena“) eine Veranstaltungsreihe zur Energieeinsparverordnung für Architekten und Ingenieuren angelaufen.

Daneben sei zusätzlich zu den bestehenden KfW-Programmen ein neues CO2-Minderungsprogramm für den Altbaubereich aufgelegt worden. Hier würden aus Mitteln der Bundesregierung durch die KfW Kredite mit deutlicher Zinsverbilligung gewährt, die vor allem komplette Modernisierungspakete fördern.