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OFD meint: Spekulationsgewinn entsteht
Eigentumsübertragungen bei Ehescheidung
10.08.2001 (GE 15/2001, 1048) In letzter Zeit werden vermehrt Fragen zur einkommensteuerlichen Behandlung von Eigentumsübertragungen bei Ehescheidungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs unter Berücksichtigung von § 23 EStG (Spekulationsgewinn) gestellt.
Hierzu vertritt die OFD Frankfurt/Main in einer Rundverfügung die Auffassung, daß die Übertragung des Grundstücks zur Erfüllung des Zugewinnausgleichs oder nachfolgender Unterhaltsansprüche ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft darstellt, mit der Folge, daß die Differenz zwischen Anschaffungs- und Veräußerungspreis steuerpflichtiger Ge-winn ist. Veräußerungspreis ist die Höhe der zu erfüllenden Forderung(en).

Da Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur begrenzt steuerlich berücksichtungsfähig sind - nämlich auf Antrag des leistenden Ehegatten mit Zustimmung des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Empfängers in Höhe von 27.000 DM pro Jahr, auch wenn Unterhalt für mehrere Jahre (z. B. des vorangegangenen dauernden Getrenntlebens) ausgeglichen wird -, sollten dringend die Vor- und Nachteile berechnet und abgezogen werden, bevor eine solche Grundstücksübertragung vereinbart und durchgeführt wird.
Möglich erscheinen beispielsweise zwar Vereinbarungen, wonach der Zeitpunkt der Veräußerung über den Zeitpunkt des Ablaufs der Spekulationsfrist hinaus aufgeschoben wird und die Zugewinnausgleichforderung bis zu diesem Zeitpunkt, z. B. mit einem marktüblichen Zinssatz, verzinst wird. Als Veräußerung betrachtet die Finanzverwaltung dabei u. U. die Abgabe eines bindenden Angebots, den Abschluß eines bürgerlich-rechtlich wirksamen, beide Parteien bindenden (Vor-) Vertrages, den Abschluß eines unvollständig beurkundeten und deswegen nach § 313 Satz 1 BGB formunwirksamen Kaufvertrages.

Angesicht der sich aus den Beispielsrechnungen ergebenden Veräußerungs-gewinne wäre zudem zu prüfen, ob die mit dem Rechtsgeschäft verbundene Steuerlast geeignet ist, den Zugewinn beim übertragenden Ehepartner entsprechend zu mindern (§ 1378 Abs. 2 BGB: „… nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Gegenstandes vorhanden ist“).

Diesen Fragen liegt regelmäßig folgender Beispielssachverhalt zugrunde:
Das Ehepaar A und B lebt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 ff. BGB). Der Ehemann A erwarb im Jahr 1994 für 100.000 DM ein Grundstück zum alleinigen Eigentum, das von ihm seither vermietet wurde. Die Ehe wurde im Jahr 2000 geschieden. Der geschiedenen Ehefrau B stand daraufhin ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen A in Höhe von 250.000 DM zu. Zur Abgeltung dieses Anspruchs übertrug ihr A das Grundstück, das im Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert von 250.000 DM hatte.
Die OFD Ffm. regt folgende einkommensteuerliche Behandlung an:

Der Zugewinnausgleichsanspruch im Sinne von § 1378 BGB ist eine auf Geld gerichtete persönliche Forderung an den geschiedenen Ehegatten.
Wird ein Grundstück von dem Eigentümer (= Steuerpflichtiger) an einen Dritten zur Tilgung einer dem Dritten - gleich aus welchem Rechtsgrund - zustehenden Geldforderung übereignet, handelt es sich dabei um ein Veräußerungsgeschäft durch den Steuerpflichtigen; bei dem Dritten liegt ein entsprechendes Anschaffungsgeschäft vor (soweit B das Grundstück vor Ablauf der dann beginnenden zehnjährigen Spekulationsfrist mit Gewinn veräußert, wird wieder Spekulationssteuer fällig!). Veräußerungserlös bzw. Anschaffungskosten ist der Forderungsbetrag, der mit der Übertragung des Grundstücks an Erfüllungs Statt abgegolten wurde.

Mithin hat A das Grundstück binnen zehn Jahren nach Erwerb im Jahr 1994 wieder veräußert, so daß hier ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt.
Der von A zu versteuernde Gewinn:
Veräußerungserlös 250.000 DM
Anschaffungskosten ./. 100.000 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 150.000 DM

Abwandlung des Beispielssachverhalts: Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 1994 für 100.000 DM angeschaffte Grundstück hat im Jahr 2000 einen Verkehrswert von 300.000 DM. A und B vereinbaren deshalb neben der Grundstücksübertragung, daß die 50.000 DM, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A verrechnet werden.
Lösung: Hier werden zwei unterschiedliche Forderungen der B erfüllt: Zum einen der Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM und zum anderen eine Unterhaltsforderung in Höhe von 50.000 DM. A veräußert damit das Grundstück für 300.000 DM.
Der von A zu versteuernde Gewinn beträgt:
Veräußerungserlös 300.000 DM
Anschaffungskosten ./. 100.000 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 200.000 DM

Gleichzeitig kann A die durch die Grund-stücksübertragung abgegoltenen Unterhaltsforderungen der B im Veranlagungszeitraum der Grundstücksübertragung grundsätzlich als Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es ist jedoch zu be-achten, daß ein Abzug hier nur in Höhe des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrages möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn Unterhaltsforderungen mehrerer Jahre verrechnet wurden; hier ist aufgrund § 11 Abs. 2 EStG ein Sonderausgabenabzug nur im Verrechnungsjahr mit dem in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrag möglich.

Abwandlung II des Beispielssachverhalts: Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 DM. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 1994 für 100.000 DM angeschaffte Grundstück hat im Jahre 2000 einen Verkehrswert von 300.000 DM. A überträgt das Grundstück an B. Eine Verrechnung der 50.000 DM, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A findet nicht statt.

Lösung: Um eine Forderung der B in Höhe von 250.000 DM zu erfüllen, überträgt ihr A ein Grundstück im Wert von 300.000 DM. Da die ausgeglichene Forderung wertmäßig unterhalb des Grund-stückswertes liegt, handelt es sich um ein teilentgeltliches Geschäft. A hat an B insgesamt 5/6 (= 250/300) des Grund-stücks entgeltlich veräußert (Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs in Höhe von 250.000 DM). In Höhe der übersteigenden 50.000 DM (= 1/6 des Grundstücks) hat A das Grundstück unentgeltlich an B übertragen.
Der von A zu versteuernde Gewinn beträgt:
Veräußerungserlös
300.000 DM x 5/6 = 250.000 DM
Anschaffungskosten
100.000 DM x 5/6 = ./.83.333 DM
Gewinn aus § 23 EStG = 166.667 DM

Im Gegenzug schafft B das Grundstück zu 5/6 entgeltlich an (Anschaffungskosten in Höhe von 250.000 DM) und übernimmt das Grundstück zu 1/6 unentgeltlich von A (Fortführung der Anschaffungskosten des A in Höhe von 100.000 DM x 1/6 = 16.667 DM). Nur in Höhe des entgeltlich erwobenen Anteils beginnt für B ein neue zehnjährige Veräußerungsfrist im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG; bezüglich des unentgeltlich erworbenen Grundstücksanteils gilt § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.

Steuertip: Soweit das Grundstück nach dem 1. Januar 1997 angeschafft wurde, sollte geprüft werden, ob dieses in den Zugewinnausgleich einbezogen werden muß. Auch bei Miteigentum sollte geprüft werden, ob sich eine Übertragung des hälftigen Eigentums - vorerst - vermeiden läßt.
Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 12. April 2000 (XI R 127/96) muß die Überlassung z. B. der Haushälfte als Unterhaltsleistung steuermindernd beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt werden.
Autor: Ass. jur. Bettina Wirth, Düsseldorf