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Rutsch in den Bakschisch-Staat?
09.08.2001 (GE 15/2001, 1009) In Deutschland ist die Korruption auf dem Vormarsch. Das jedenfalls behauptet die regierungsunabhänge Organisation Transparency International.
Erstmals 1995 veröffentlichte sie einen Korruptions-Index. Und auf dem ist unser Land seither immer weiter abgerutscht. 1999 standen wir noch auf Rang 14, 2000 schon auf Rang 17, nunmehr nehmen wir Rang 20 ein. Die korruptesten Länder befinden sich übrigens ganz hinten auf der 91 Staaten umfassenden Liste - Bangladesch, Nigeria, Uganda. Und dann kommen auf der Korruptionsskala schon bald die Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
Ganz wenig Korruption gibt es dagegen in Finnland, Dänemark, Neuseeland, Island, Singapur und Schweden - allesamt wohlsituierte Gemeinwesen. Wie Deutschland eigentlich auch. Und gerade deshalb ist unser Rutsch ans Ende des ersten Viertels der korruptionsarmen Länder alarmierend.

Woher kommt diese Entwicklung?
Natürlich entstehen derartige Statistiken überwiegend aufgrund der öffentlichen Wahrnehmung, und nicht so sehr aufgrund harter Fakten wie etwa ausgeurteilter Korruptionsfälle. Deshalb haben die Skandale um die Parteienfinanzierung einen erheblichen Anteil an unserem Abrutschen. Natürlich ist daran auch die zögerliche Haltung unserer Justiz in Korruptionsfällen schuld, denn so richtig durchgegriffen wird nicht. Oft hat man den Eindruck, die Staatsanwälte könnten gar nicht glauben, was sich da in Deutschland abspielt. Verfahren gegen Politiker werden hierzulande schneller eingestellt als in Nachbarländern, nur selten gibt es mal ein richtig hartes Urteil wie im Falle jenes saarländischen Sozialmanagers, der sich bestechen ließ, um damit andere zu korrumpieren, die besser wegkamen.

In Frankfurt haben vor kurzem 20 städtische Bedienstete Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, die erließ 13 Haftbefehle, und ermittelt gegen rund 100 Bedienstete des Hochbauamtes und anderer Betriebe der Stadt, mindestens 60 Baufirmen sollen für bevorzugte Auftragserteilung gezahlt haben.

Die Baubranche war schon immer anfällig für Durchstechereien. Aber so ganz alleine steht sie nicht.
Auch in der Hausverwaltungsbranche sind in den letzten Jahren Sitten eingerissen, die Anlaß zum selbstkritischen Nachdenken geben müssen.

Wenn Hausverwalter mit bestimmten Versicherungen zusammenarbeiten und dafür verdeckte Provision kassieren, ist das etwas anderes? Daß bei Heizöleinkäufen Skonti in die eigene Tasche gesteckt werden, statt sie an die Mieter weiterzugeben, hält der eine oder andere schon fast für normal. Daß mancher sich von Handwerkern beschenken läßt, und daß es manchmal auch ein bißchen mehr sein darf, leider auch.

Damit wir uns nicht mißverstehen: Die Branche insgesamt ist nicht so, denn wer Fremdvermögen verwaltet, weiß in der Regel, was er seinem Auftraggeber und seinem Berufsstand schuldet. Aber Tatsache ist, daß die Risse in unserer bisher heilen Welt größer geworden sind. Da hilft es uns nicht, wenn die letzte Kriminalstatistik für Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikte einen Rückgang um 10, 1 % ausweist, denn speziell bei Bestechung und Bestechlichkeit wurden Zunahmen von deutlich über 10 % festgestellt.

Korruption wird sicher nicht ausrottbar sein, schon deshalb, weil es im Wesen des Menschen liegt, sich gegenseitig einen Gefallen zu erweisen. Daß „eine Hand die andere wäscht“, ist ein uraltes Prinzip und im lateinischen Anstrich des „do ut des“ beinahe zum Moralprinzip erhoben.

Aber bisher wußte man in Deutschland auch ohne rigoros durchgreifende Justiz, wo das wünschenswerte Miteinander endet und die inkriminierte Durchstecherei anfängt. Jeder von uns muß den Sinn für diese Grenze wieder ein wenig schärfen.
Autor: Dieter Blümmel