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Wohnungsbaureformgesetz: Pauschalen gering erhöht
Fehlende Wirtschaftlichkeit der Berliner Sozialwohnungen
26.07.2001 (GE 14/2001, 954) Der Bundestag hat am 22. Juni 2001 das Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts verabschiedet. Das Gesetz soll am 1. Januar 2002 in Kraft treten und das seit 1956 geltende II. Wohnungsbaugesetz ablösen.
Im neuen Gesetz geht es neben dem Wohnungsneubau vor allem um Fördermaßnahmen im Wohnungsbestand. In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, ob das Gesetz einen Beitrag zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der mit Aufwendungsdarlehen geförderten Berliner Sozialwohnungen leistet und Auswege aus dem Rentabilitätsdefizit bei diesen Wohnungen aufzeigt. In den vergangenen Wochen war dieses Defizit Gegenstand einer heftigen Kontroverse in der Berliner Fachöffentlichkeit (vgl. Gils GE 2000 [24] 1652; Brandt GE 2001 [7] 448; Blümmel GE 2001 [7] 455; Loth GE 2001 [10] 656).

Der Kern dieser Kontroverse zwischen Fördergeber und Fördernehmern besteht darin, daß fördergeberseitig die Wirtschaftlichkeit der AD-geförderten Objekte ausschließlich unter Liquiditätsgesichtspunkten betrachtet wird. Außer acht bleibt dabei aus Sicht der Fördernehmer, daß sich bei den Objekten rentabilitätsmäßig gesehen ein wirtschaftlicher Substanzverzehr vollzieht, der insbesondere durch den Anspruch des Fördergebers auf die Entschuldungsüberschüsse bei den Objekten bedingt ist. Die Verwendung dieser Überschüsse zu Lasten der Rentabilität der Objekte war aber weder Geschäftsgrundlage bei Bewilligung der Fördermittel, noch entspricht sie aus wohnungswirtschaftlicher Sicht den Intentionen des geltenden Wohnungsbaurechts.

Hier bedarf es offensichtlich einer gerichtlichen Klärung. Den aktuellen Anlaß dazu gibt es. Dabei geht es um das Verlangen, zugunsten einer Reduzierung des Förderungsaufwandes im Zuge der Anschlußförderung die Umstellung von Kapitalmarktdarlehen auf das Restkapital vorzunehmen, was für den Fördernehmer einen erhöhten Zinsaufwand und erheblich verlängerte Bindungen zur Folge hat. Im übrigen muß angesichts der Haushaltslage des Landes Berlin bezweifelt werden, ob Berlin die aufgrund abgeschöpfter Entschuldungsüberschüsse wiederum notwendige Förderung bereitstellen kann, die für die Großinstandsetzung und Modernisierung der Objekte nach ca. 30 Jahren erforderlich ist. In der Regel ist davon auszugehen, daß nach Ablauf von 30 Jahren noch einmal die Herstellungskosten investiert werden müssen, um die langfristige Vermietbarkeit der Objekte zu gewährleisten.

Die Prüfung der neuen gesetzlichen Re-gelungen führt zunächst zu der ernüchternden Feststellung, daß es keine Bestimmung im Wohnungsbaureformgesetz gibt, die die Gewichte in der derzeitigen Berliner Kontroverse verschieben würde, somit spezifische Lösungen hierzu im Reformgesetz nicht zu finden sind. Dies hat sicherlich darin seinen Grund, daß es sich bei der in Berlin diskutierten Problematik um ein besonderes Berliner Problem handelt. In keinem der übrigen Länder wurde in dem Maße wie in Berlin Grundförderung mit Aufwendungsdarlehen betrieben. Nun bedeutet das Fehlen spezifischer Lösungen zum Berliner Problem natürlich nicht, daß das Wohnungsbaureformgesetz ohne jedwede Bedeutung für den mit Aufwendungsdarlehen geförderten Sozialwohnungsbestand wäre. Relevant erscheinen hier vor allem folgende Punkte:

1. Das Gesetz hält bis auf eine verbesserte Kinderkomponente im wesentlichen an den Einkommensgrenzen des § 25 II. WoBauG fest. Von diesen Basisgrenzen können die Länder zwar bei der Förderung der Wohneigentumsbildung und zur Erhaltung oder Schaffung sozial stabiler Bewohnerstrukturen abweichen. Hier kann jedoch nicht damit gerechnet werden, daß Berlin die bereits stadtweit zulässige Überschreitung der Einkommensgrenzen um 30 % weiter ausdehnt. Infolgedessen dürften auch höhere Mieten ausgeschlossen sein, die in Korrespondenz zu höheren Einkommensgrenzen erzielbar wären. Dabei könnten Mieterhöhungen - vorausgesetzt, die Marktlage gibt die Erhöhungsspielräume bei Objekten her - nicht nur der Fördermittelkürzung, sondern auch der Verbesserung der vermieterseitigen Ertragslage bei AD-geförderten Wohnungen dienen.

2. Nach den Überleitungsregelungen des Wohnungsbaureformgesetzes sind das WoBindG, die II. BV und die NMV im Sozialwohnungsbestand auch zukünftig anzuwenden. Entsprechend gelten die Regelungen des II. WoBauG zur Verzinsung und Tilgung bei vor dem 31. Dezember 2001 bewilligten Darlehen und Zuschüssen weiterhin. An der Struktur des Förderungssystems im Sozialwohnungsbestand wird somit nichts geändert.

3. Die noch in den Eckwerten zum Gesetzentwurf beabsichtigte Regelung, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, im Sozialwohnungsbestand vom Kostenmietrecht auf das Vergleichsmietenrecht überzugehen, findet sich im verabschiedeten Gesetz nicht mehr. Dabei wäre der Übergang zum Vergleichsmietenrecht im Berliner Sozialwohnungsbestand sicherlich eines der Instrumente, um bei einem Teil der Objekte zu verbesserten wirtschaftlichen Perspektiven zu kommen.

4. Für die Ausweisung der Förderdarlehen in der Bilanz gelten weiter die Regelungen des § 88 Abs. 3 II. WoBauG. Danach wird „durch die Inanspruchnahme von Aufwendungsdarlehen eine Überschuldung nicht herbeigeführt, wenn der Darlehensgläubiger mit dem Bauherrn vereinbart, mit seiner Forderung hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger in der Weise zurückzutreten, daß sie nur aus künftigen Gewinnen oder aus seinem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen bedient zu werden braucht“. Diese gesetzliche Regelung war es, mit der die Überschuldung der Objekte gesetzlich sanktioniert und die Grundlage für die gegenwärtigen und zukünftigen Rentabilitätsdefizite bei AD-geförderten Wohnungen gelegt wurde.

5. Unter dem Begriff Erhaltungskostenpauschale sah der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Zusammenfassung der Instandhaltungspauschalen und Verwaltungskostenpauschale der II. BV zu einer Position vor und bemaß diese mit 13 EURO/m2 Wohnfläche und Jahr für den gesamten Sozialwohnungsbestand. In DM gerechnet sind dies 25,45 DM. Eine Anpassung dieses Betrages sollte zum 1. Januar 2005 entsprechend der vorausgegangenen dreijährigen Entwicklung des Lebenshaltungskosten-Indexes erfolgen. Abzüglich eines Durchschnittbetrages von 6 DM/m2 Wohnfläche und Jahr für Verwaltungsaufwendungen hätten bei dieser Bemessung rund 19,40 DM je m2 Wohnfläche und Jahr für Instandhaltung zur Verfügung gestanden. Für die Bezugsfertigkeitsjahrgänge ab 1970 hätte die Bemessung eine deutliche Erhöhung der für die Instandhaltung zur Verfügung stehenden Mittel bedeutet. Für die Bezugsfertigkeitsjahrgänge bis zum 31. Dezember 1969 wäre der derzeit geltende Pauschalbetrag von 21 DM dagegen auf den Durchschnittsbetrag von 19,40 DM/m2 Wohnfläche und Jahr gesunken, was im älteren Sozialwohnungsbestand Mietsenkungen erforderlich gemacht hätte.

Der Bundestag hat sich nach Intervention der wohnungswirtschaftlichen Verbände einen geänderten Bemessungsvorschlag zu eigen gemacht und diesen im Zuge der 2. und 3. Lesung des Gesetzes verabschiedet. Danach werden die für Verwaltung und Instandhaltung bisher gesonderten Pauschalen aufrechterhalten. Unter Anerkennung der seit den letzten Pauschalenerhöhungen eingetretenen Kostensteigerungen wird eine 7 %ige Anhebung der derzeit geltenden Verwaltungskostenpauschale und der Instandhaltungspauschalen vorgesehen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates steigen die Instandhaltungspauschalen damit für die Bezugsfertigkeitsjahrgänge bis 1969 von 21 DM auf 22,50 DM, für die Jahrgänge zwischen 1970 und 1979 von 16,50 DM auf 17,50 DM und für die Jahrgänge nach 1979 von 13 DM auf 13,90 DM. Die Verwaltungskostenpauschale erhöht sich von 420 DM auf 450 DM. Die Anpassung der Pauschalen soll - wie durch die Bundesregierung vorgesehen - am Lebenshaltungskostenindex orientiert vorgenommen werden. Darüber hinaus soll die Zuordnung zu den Baualtersklassen der Instandhaltungspauschale zukünftig dynamisch erfolgen, d. h. im Zeitablauf, wenn die Wohnungen älter werden, ergibt sich automatisch eine Zuordnung zur nächsthöheren Klasse.

Im Blick auf die Rentabilitäts- und Liquiditätslage bei den aufwendungsdarlehensgeförderten Objekten des Berliner Sozialwohnungsbestandes ist insbesondere die geplante Dynamisierung und Anpassungsregelung bei den Instandhaltungspauschalen zu begrüßen. Dagegen trägt die vorgesehene Steigerung der Verwaltungskostenpauschale den inzwischen eingetretenen Kostensteigerungen und erhöhten Verwaltungsaufwendungen gerade in diesem Bestand nicht Rechnung.

6. Als ein Ausweg aus dem Rentabilitätsdefizit bei AD-geförderten Wohnungen kann die vorzeitige freiwillige Rückzahlung von Aufwendungsdarlehen zum Barwert gelten. Die Mitgliedsunternehmen des Verbandes Berlin-Brandenbur-gischer Wohnungsunternehmen haben dazu bereits am 15. Februar 1999 dem Land Berlin die vorzeitige Rückzahlung von Aufwendungsdarlehen im Nominalwert von 1,47 Mrd. DM zu einem Barwert von 543 Mio. DM angeboten. Diese Aktion scheiterte jedoch an den unterschiedlichen Auffassungen von Wohnungswirtschaft und Wohnungspolitik zur Dauer der Bindungen nach einer vorzeitigen barwertigen Rückzahlung. Strittig war die Frage, ob es sich bei einer Barwertrückzahlung um eine vollständige Rückzahlung im Sinne des § 16 WoBindG handelt, somit die zehnjährige Nachwirkungsfrist auch bei barwertiger Rückzahlung Anwendung findet. § 16 WoBindG sieht vor, daß bei der vollständigen freiwilligen vorzeitigen Rückzahlung eines Förderdarlehens eine Nachwirkungsfrist bei der Mietpreis- und Belegungsbindung von zehn Jahren gilt.

In einem Änderungsantrag zum Entwurf des Wohnungsbaureformgesetzes hat Berlin Bemühungen unternommen, in das Wohnungsbaureformgesetz eine entsprechende Bestimmung aufzunehmen. Sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag ist dieses Vorhaben mit der Begründung auf Ablehnung gestoßen, daß die damit verbundene Bindungsverkürzung wohnungspolitisch unerwünscht sei. Infolgedessen ist zunächst ein möglicher Weg abgeschnitten worden, mit dem mindestens ein teilweiser Ausweg aus dem Rentabilitätsdefizit bei den Berliner AD-geförderten Wohnungen möglich gewesen wäre. Dabei ist es nicht nur die Differenz zwischen Barwert und Nominalwert und die entsprechende Reduzierung der Verbindlichkeiten, die hier für die Fördernehmer von Bedeutung ist. Viel bedeutsamer erscheint die Aussicht, die Objekte zehn Jahre nach der vorzeitigen Rückzahlung auf der Grundlage von Vergleichsmietenerträgen auf eine andere wirtschaftliche Basis stellen zu können. Es wird abzuwarten sein, ob doch noch Wege für eine solche Rückzahlung erschlossen werden können.
Autor: Dr. Wolfgang Bohleber, Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V.