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Geschäftsunfähiger Mieter
Gericht muß Vertreter bestellen
12.07.2001 (GE 13/2001, 897) Wer geschäftsunfähig ist, kann keine Verträge schließen, er kann aber auch nicht verklagt werden. Was soll ein Vermieter tun, dessen möglicherweise geschäftsunfähiger Mieter schon seit längerem keine Miete zahlt, wenn ein Betreuer noch nicht bestellt ist?
Der Fall: Für die Mieterin zahlte das Sozialamt nur einen geringen Teil der Miete, so daß der Vermieter fristlos kündigte. Die Räumungsklage erhob er auch gegen die Söhne der Mieterin, die ebenfalls in den Räumen wohnten. Im Termin erschien einer der Söhne und erklärte, sein Bruder sei zwar volljährig, habe aber das Gehirn eines 10jährigen. Das Amtsgericht setzte daraufhin das Verfahren aus, damit das Vormundschaftsgericht ein Betreuungsverfahren einleiten konnte. Die Stellung eines besonderen Vertreters lehnte es ab.

Der Beschluß: Mit Beschluß vom 23. April 2001 hob das Landgericht Berlin diese Entscheidung auf und meinte, die Voraussetzungen des § 57 ZPO seien erfüllt. Danach hat das Gericht (also zwingend) einen besonderen Vertreter zu bestellen, wenn eine nicht prozeßfähige Partei verklagt ist, für die noch kein Betreuer bestellt wurde und wenn „mit dem Verzuge Gefahr verbunden ist”. Das war hier der Fall, da eine Räumung und Weitervermietung nicht möglich war, solange der Prozeß ausgesetzt blieb, wodurch sich ständig wachsende Verluste für den Vermieter ergaben.

Tip: Die Vorschrift des § 57 ZPO ist wenig bekannt und wird in der Praxis noch weniger angewendet. Bei Gefahr im Verzuge, wenn sich der Schaden also für den Kläger fortlaufend vergrößert, kann hierdurch eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden. Die Regelung gilt übrigens entsprechend auch für eine juristische Person, etwa eine GmbH, die ohne gesetzlichen Vertreter ist.
LG Berlin, Beschluß vom 23. April 2001 - 67 T 11/01 - Wortlaut Seite 924