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Die Rechtslage ist umstritten
Vorzeitiges Rückgaberecht des Mieters
04.05.2001 (GE 9/2001, 600) Nach § 556 Abs. 1 BGB ist der Mieter verpflichtet, die gemietete Sache „nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben“.
Erfüllung des Rückgabeanspruchs
Die überwiegende Meinung legt die Vorschrift dahin aus, daß der Anspruch bereits am letzten Tag fällig wird. Allerdings ist § 193 BGB anwendbar. Danach verschiebt sich die Fälligkeit des Rückgabeanspruchs auf den nächsten Werktag, wenn das Mietverhältnis an einem Sonnabend, Sonntag oder staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag endet. Dadurch kann der Mieter unter Umständen berechtigt sein, die Mietsache erst einige Tage nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Die Erfüllung der Rückgabeverpflichtung erfordert, daß er seine Sachen vollständig aus dem ihm überlassenen Objekt entfernt und die Schlüssel dem Vermieter aushändigt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Januar 1997 - 10 U 6/96 - DWW 1997, 123).

Vorzeitige Rückgabe
In manchen Fällen stellt sich die Frage, ob eine vorzeitige Rückgabe der Mietsache zulässig ist, wenn keine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist. Daraus folgt insbesondere für die Vermietung von Gewerberaum, daß sie nicht möglich ist, wenn die Parteien eine mietvertragliche Abrede über eine Betriebspflicht getroffen haben.
Fehlt dagegen eine Vereinbarung über die Betriebspflicht des Mieters, so ist umstritten, ob er zu einer Rückgabe vor Vertragsende berechtigt ist. Die Auffassung, die dies bejaht, weist darauf hin, daß er nur ein Gebrauchsrecht aber keine Gebrauchspflicht habe (vgl. Blank: Blank/Börstinghaus, Miete, Kommentar 2000 § 556 BGB Rn. 11 S. 391 mit weiteren Hinweisen).
Demgegenüber lehnt eine abweichende Ansicht ein vorzeitiges Rückgaberecht des Mieters und damit eine Verpflichtung des Vermieters zur Rücknahme der Schlüssel vor Vertragsende ab (KG, Urteil vom 6. Mai 1999 - 8 U 17/98 - NZM 2000, 92; Jendrek in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 10. neubearbeitete Aufl. 2000, § 556 BGB Rn. 10 S. 1379). Sie weist zur Begründung darauf hin, daß sich der Mieter dadurch seiner Obhutspflicht entziehen würde.
Nach einer vermittelnden Auffassung soll dem Mieter ein vorzeitiges Rückgaberecht zustehen, wenn er daran ein berechtigtes Interesse hat (vgl. die Hinweise bei Gather: Schmidt-Futterer, Mietrecht, Kommentar, 7. neubearbeitete Aufl. 1999, § 556 BGB Rn. 14, S. 877, Fn. 19).
Das OLG Dresden (Urteil vom 20. Juni 2000 - 23 U 403/00 - NZM 2000, 827) ist dem gefolgt und hält eine Verweigerung der Rücknahme von Räumen um den 15. Dezember bei einem am 31. Dezember endenden Mietvertrag nicht mehr für gerechtfertigt. Die Belange des Mieters, der etwa für die Zeit um die Jahreswende hinaus in den Urlaub fahren wolle, so wird bemerkt, würden in diesem Fall eine Verpflichtung zur Übernahme des Mietobjekts nach sich ziehen.

Rechtsfolgen vorzeitiger Rückgabe
Ist der Mieter zu einer vorzeitigen Rückgabe berechtigt und lehnt der Vermieter die Annahme der Schlüssel ab, so kommt er gem. § 293 BGB in Annahmeverzug. Der Mieter darf dann nach vorheriger Androhung den Besitz einseitig aufgeben (§ 303 BGB).
Unabhängig davon, ob eine Rückgabe vor Vertragsende zulässig ist, bleibt der Mieter bis Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung der Miete verpflichtet. Der Vermieter ist bei einem verfrühten Auszug nicht zu einer anderweitigen Vermietung gehalten. Ihn trifft auch keine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 BGB, da es sich bei dem Anspruch auf Entrichtung der Miete nicht um einen Anspruch auf Schadensersatz, sondern um einen solchen auf Erfüllung handelt.

Schlußbemerkung
Eine grundsätzliche Zulässigkeit der vorzeitigen Rückgabe erscheint insofern rechtlich problematisch, als der Mieter dadurch trotz noch laufenden Mietverhältnisses die Obhutspflicht, die ihm vertraglich als Nebenpflicht obliegt, auf den Vermieter abwälzen darf (Jendrek, aaO., § 556 BGB Rn. 10 S. 1379).
Außerdem ist zu bedenken, daß in diesem Fall auch die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten für Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache früher zu laufen beginnt (§ 558 BGB). Sie ist an den Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache geknüpft. Erfaßt von der kurzen Verjährungsfrist werden insbesondere Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Beschädigungen des Mietobjekts.
Autor: Dr. Hans-Herbert Gather