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Mehrheitsbeschlüsse über bauliche Veränderungen
Erste Reaktion des BayObLG auf die Zitterbeschlußentscheidung des BGH
22.03.2001 (GE 6/2001, 405) Der BGH-Beschluß vom 20. September 2000 (GE 2000, 1478) ist zu der Frage ergangen, ob durch bestandskräftig gewordenen Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an Gemeinschaftsflächen begründet werden kann, das dann - auch ohne Eintragung im Grundbuch - später in die Gemeinschaft eingetretene Wohnungseigentümer binden würde (§ 10 Abs. 3 WEG).
Bekanntlich hat der BGH diese Rechtsfrage verneint, weil der Ausschluß der übrigen Wohnungseigentümer als Kehrseite des einem einzigen Wohnungseigentümer zugebilligten Sondernutzungsrechts keine Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 WEG mehr darstellt. Der Eigentümerversammlung fehlt damit die absolute Beschlußkompetenz, so daß nicht zu prüfen sei, ob durch Verstreichen der Beschlußanfechtungsfrist eine wirksame Regelung geschaffen worden ist. Ein Sondernutzungsrecht kann nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer begründet werden. Die Vereinbarung wirkt zu Lasten späterer Wohnungseigentümer nur, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist (§ 10 Abs. 2 WEG).
Die Grenze zwischen nichtigen Eigentümerbeschlüssen einerseits und nur anfechtbaren, also ohne Anfechtung bestandskräftig werdenden Eigentümerbeschlüssen ist damit anders gezogen worden als bisher, wo zum Teil die Meinung vertreten wurde: „Alles, was vereinbart werden kann, kann auch beschlossen und - bei Nichtanfechtung - bestandskräftig werden.” Die wegen Verstoßes gegen die absolute Beschlußzuständigkeit nichtigen Eigentümerbeschlüsse sind nach der neuen Rechtsprechung wesentlich zahlreicher geworden. Die Abgrenzung anhand der Beschlußkompetenz ist allerdings sehr unklar. Die Rechtsprechung beginnt langsam, sich auf die geänderte rechtliche Situation einzustellen.
In dem BGH-Beschluß vom 20. September 2000 sind als weitere Beispielsfälle für Nichtigkeit ausdrücklich angegeben: Mehrheitsbeschlüsse über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels und über Abschaffung oder Einführung der Veräußerungszustimmung im Sinne des § 12 WEG. Prüfungsmaßstab soll jeweils sein, ob nach dem WEG eine Beschlußzuständigkeit der Gemeinschaft besteht oder nicht. Zur Beschlußzuständigkeit nennt der BGH im Leitsatz drei Fallgestaltungen: die Regelung des Gebrauchs von Gemeinschaftseigentum (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) sowie die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums (§ 22 WEG). Das Zitat des § 22 WEG ist allerdings verwunderlich, denn die eigentliche Instandhaltung und Instandsetzung ist nicht in § 22 geregelt, sondern in § 21 Abs. 5 Nr. 2 als Unterfall des § 21 Abs. 3 WEG. In § 22 Abs. 1 WEG wird über andere Unterfälle der Instandhaltung und Instandsetzung gesprochen, nämlich bauliche Veränderungen und solche Reparaturen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, also reine Luxusreparaturen oder aber etwa Reparaturen zu einem Zeitpunkt, in dem sie überhaupt noch nicht erforderlich sind. Allerdings gibt es zwischen den Instandsetzungen, die über die Sicherung des bisherigen Bestands hinausgehen, und denjenigen, welche nur den bisherigen Zustand aufrecht erhalten, noch eine dritte Gruppe, nämlich die modernisierenden Instandsetzungen, die die Wohnanlage mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln auf den Stand der gegenwärtigen Technik bringen.
In seinem Beschluß vom 30. November 2000 - 2Z BR 81/00 - behandelt das Bayerische Oberste Landesgericht einen Mehrheitsbeschluß, mit dem einem Wohnungseigentümer im Dachgeschoß der Ausbau einer Dachterrasse gestattet worden ist. Dabei handelt es sich zweifelsfrei
1. um Gemeinschaftseigentum,
2. um eine eindeutige bauliche Veränderung und
3. keinesfalls um eine modernisierende Instandsetzung.
Die Rechtsfrage lautet nun: Hatte die Eigentümerversammlung die Kompetenz zur (mehrheitlichen) Beschlußfassung über die Gestattung des Ausbaues der Dachterrasse? Nach einer alten Formulierung des BGH (BGHZ 73, 196 = NJW 1979, 817 - ergänzende Metalltür zwischen Hauswand und Hecke!) ist für die Gestattung einer baulichen Veränderung ein Mehrheitsbeschluß „weder ausreichend noch erforderlich”. Er ist nicht ausreichend, weil die Bestandsveränderung des Gemeinschaftseigentums nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer geregelt werden kann. Er ist aber auch nicht erforderlich, weil nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG für die Zuläs-sigkeit einer baulichen Veränderung die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer entbehrlich ist, die durch die bauliche Veränderung nicht über das nach § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Wird überhaupt kein Wohnungseigentümer beeinträch-tigt, etwa bei Dachflächenfenstern, die von der Straße aus nicht sichtbar sind, kann der Dachgeschoß-Wohnungseigentümer die bauliche Veränderung vornehmen; es handelt sich dann zugleich um eine Verwaltungsangelegenheit, über die nach § 21 WEG durch einfachen Mehrheitsbeschluß entschieden werden kann.
In seiner zitierten Entscheidung vom 30. November 2000 führt das BayObLG nun aus: Mehrheitsbeschlüsse nach § 22 WEG nehme der BGH in seinem Beschluß vom 20. September 2000 von der Nichtigkeitsfolge ausdrücklich aus, wie sich aus dem Leitsatz e) ergebe. Danach schafft § 22 WEG eine grundsätzliche Regelungskompetenz der Wohnungseigentümer. Mehrheitsbeschlüsse seien zulässig, weil der konkrete Regelungsgegenstand einem Mehrheitsbeschluß zugänglich ist. Dafür spricht im übrigen auch, daß die baulichen Veränderungen unter dem Abschnitt über die Verwaltung (§§ 20 ff. WEG) geregelt sind. Hervorzuheben ist aber zur Klarstellung, daß der Mehrheitsbeschluß eine konkrete Regelung betreffen muß. Nichtig wäre ein Mehrheitsbeschluß, daß etwa alle Wohnungseigentümer in Zukunft Markisen an ihren Balkonen anbringen oder diese zu Wintergärten umgestalten dürfen. Bestandskräftig kann dagegen ein Mehrheitsbeschluß werden, in dem bestimmten Wohnungseigentümern bestimmte Umbaumaßnahmen gestattet werden.
Übrigens muß von der konkreten Gestattung dann auch alsbald Gebrauch gemacht werden. Verstreicht längere Zeit ohne Durchführung der baulichen Veränderung und tritt ein Eigentümerwechsel ein, kann die bauliche Veränderung aufgrund des Mehrheitsbeschlusses nicht mehr vollzogen werden (BayObLG GE 1998, 621).
Die Grenze zwischen nichtigen Eigentümerbeschlüssen einerseits und nur anfechtbaren, also ohne Anfechtung bestandskräftig werdenden Eigentümerbeschlüssen ist damit anders gezogen worden als bisher, wo zum Teil die Meinung vertreten wurde: „Alles, was vereinbart werden kann, kann auch beschlossen und - bei Nichtanfechtung - bestandskräftig werden.” Die wegen Verstoßes gegen die absolute Beschlußzuständigkeit nichtigen Eigentümerbeschlüsse sind nach der neuen Rechtsprechung wesentlich zahlreicher geworden. Die Abgrenzung anhand der Beschlußkompetenz ist allerdings sehr unklar. Die Rechtsprechung beginnt langsam, sich auf die geänderte rechtliche Situation einzustellen.
In dem BGH-Beschluß vom 20. September 2000 sind als weitere Beispielsfälle für Nichtigkeit ausdrücklich angegeben: Mehrheitsbeschlüsse über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels und über Abschaffung oder Einführung der Veräußerungszustimmung im Sinne des § 12 WEG. Prüfungsmaßstab soll jeweils sein, ob nach dem WEG eine Beschlußzuständigkeit der Gemeinschaft besteht oder nicht. Zur Beschlußzuständigkeit nennt der BGH im Leitsatz drei Fallgestaltungen: die Regelung des Gebrauchs von Gemeinschaftseigentum (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) sowie die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums (§ 22 WEG). Das Zitat des § 22 WEG ist allerdings verwunderlich, denn die eigentliche Instandhaltung und Instandsetzung ist nicht in § 22 geregelt, sondern in § 21 Abs. 5 Nr. 2 als Unterfall des § 21 Abs. 3 WEG. In § 22 Abs. 1 WEG wird über andere Unterfälle der Instandhaltung und Instandsetzung gesprochen, nämlich bauliche Veränderungen und solche Reparaturen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, also reine Luxusreparaturen oder aber etwa Reparaturen zu einem Zeitpunkt, in dem sie überhaupt noch nicht erforderlich sind. Allerdings gibt es zwischen den Instandsetzungen, die über die Sicherung des bisherigen Bestands hinausgehen, und denjenigen, welche nur den bisherigen Zustand aufrecht erhalten, noch eine dritte Gruppe, nämlich die modernisierenden Instandsetzungen, die die Wohnanlage mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln auf den Stand der gegenwärtigen Technik bringen.
In seinem Beschluß vom 30. November 2000 - 2Z BR 81/00 - behandelt das Bayerische Oberste Landesgericht einen Mehrheitsbeschluß, mit dem einem Wohnungseigentümer im Dachgeschoß der Ausbau einer Dachterrasse gestattet worden ist. Dabei handelt es sich zweifelsfrei
1. um Gemeinschaftseigentum,
2. um eine eindeutige bauliche Veränderung und
3. keinesfalls um eine modernisierende Instandsetzung.
Die Rechtsfrage lautet nun: Hatte die Eigentümerversammlung die Kompetenz zur (mehrheitlichen) Beschlußfassung über die Gestattung des Ausbaues der Dachterrasse? Nach einer alten Formulierung des BGH (BGHZ 73, 196 = NJW 1979, 817 - ergänzende Metalltür zwischen Hauswand und Hecke!) ist für die Gestattung einer baulichen Veränderung ein Mehrheitsbeschluß „weder ausreichend noch erforderlich”. Er ist nicht ausreichend, weil die Bestandsveränderung des Gemeinschaftseigentums nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer geregelt werden kann. Er ist aber auch nicht erforderlich, weil nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG für die Zuläs-sigkeit einer baulichen Veränderung die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer entbehrlich ist, die durch die bauliche Veränderung nicht über das nach § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Wird überhaupt kein Wohnungseigentümer beeinträch-tigt, etwa bei Dachflächenfenstern, die von der Straße aus nicht sichtbar sind, kann der Dachgeschoß-Wohnungseigentümer die bauliche Veränderung vornehmen; es handelt sich dann zugleich um eine Verwaltungsangelegenheit, über die nach § 21 WEG durch einfachen Mehrheitsbeschluß entschieden werden kann.
In seiner zitierten Entscheidung vom 30. November 2000 führt das BayObLG nun aus: Mehrheitsbeschlüsse nach § 22 WEG nehme der BGH in seinem Beschluß vom 20. September 2000 von der Nichtigkeitsfolge ausdrücklich aus, wie sich aus dem Leitsatz e) ergebe. Danach schafft § 22 WEG eine grundsätzliche Regelungskompetenz der Wohnungseigentümer. Mehrheitsbeschlüsse seien zulässig, weil der konkrete Regelungsgegenstand einem Mehrheitsbeschluß zugänglich ist. Dafür spricht im übrigen auch, daß die baulichen Veränderungen unter dem Abschnitt über die Verwaltung (§§ 20 ff. WEG) geregelt sind. Hervorzuheben ist aber zur Klarstellung, daß der Mehrheitsbeschluß eine konkrete Regelung betreffen muß. Nichtig wäre ein Mehrheitsbeschluß, daß etwa alle Wohnungseigentümer in Zukunft Markisen an ihren Balkonen anbringen oder diese zu Wintergärten umgestalten dürfen. Bestandskräftig kann dagegen ein Mehrheitsbeschluß werden, in dem bestimmten Wohnungseigentümern bestimmte Umbaumaßnahmen gestattet werden.
Übrigens muß von der konkreten Gestattung dann auch alsbald Gebrauch gemacht werden. Verstreicht längere Zeit ohne Durchführung der baulichen Veränderung und tritt ein Eigentümerwechsel ein, kann die bauliche Veränderung aufgrund des Mehrheitsbeschlusses nicht mehr vollzogen werden (BayObLG GE 1998, 621).
Autor: VRiKG Dr. Lothar Briesemeister