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Eigenbedarf
Kündigungssperrfrist auch für Altfälle
23.02.2001 (GE 4/2001, 248) Das Sozialklauselgesetz mit der Kündigungssperrfrist von zehn Jahren ist 1993 in Kraft getreten. Streitig war, ob die Sperrfrist auch gilt, wenn Umwandlung in Wohnungseigentum und Veräußerung vorher stattgefunden hatten.
Der Fall: Der Wohnraummietvertrag der Beklagten war 1986 abgeschlossen worden. Später wurde Wohnungseigentum begründet und die Wohnung der Mieter 1992 veräußert. Die Käuferin machte Eigenbedarf geltend, woraufhin sich die Mieter auf die nicht abgelaufene Sperrfrist von zehn Jahren beriefen. Das Amtsgericht und das Landgericht teilten diese Auffassung. Eine endgültige Entscheidung war aber nicht möglich, weil das OLG Stuttgart einen Rechtsentscheid erlassen hatte, wonach das Sozialklauselgesetz nicht auf Veräußerungen vor dem 1. Mai 1993 anzuwenden sei.

Das Urteil: Auf den Vorlagebeschluß des OLG Hamburg entschied der Bundesgerichtshof mit Rechtsentscheid, daß das Gesetz auch auf Altfälle, also Veräußerungen zwischen dem 1. August 1990 und dem 1. Mai 1993 anzuwenden sei. Übergangsvorschriften hatte der Gesetzgeber nicht erlassen, so daß nach allgemeinen Grundsätzen die Neuregelung auf alle nicht abgeschlossenen Tatbestände anzuwenden ist. Darin liege auch keine verfassungswidrige Rückwirkung, jedenfalls dann nicht, wenn das Gesetz erst auf die Veräußerungsfälle angewendet werde, die am 1. August 1990 abgeschlossen waren. Zu diesem Zeitpunkt war die Verlängerung der Sperrfrist in § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB von drei auf fünf Jahren in Kraft getreten.

Tip: Das Sozialklauselgesetz ist anzuwenden auf die Fälle der Eigenbedarfskündigung, bei denen folgende zeitliche Reihenfolge eingehalten ist: Mietvertrag, Umwandlung, Erstveräußerung. Maßgeblich ist für die Veräußerung die Eintragung im Wohnungsgrundbuch als neuer Eigentümer. Erfolgte diese nach dem 1. August 1990, begann in diesem Zeitpunkt die zehnjährige Sperrfrist im Sozialklauselgesetz zu laufen; dazu ist noch die normale Kündigungsfrist des § 565 BGB zu addieren. Eine vor Ablauf der Sperrfrist ausgesprochene Kündigung ist nichtig; die Sperrfrist beginnt mit einer Weiterveräußerung nicht neu zu laufen.
BGH, Beschluß vom 15. November 2000 - VIII ARZ 2/00 - Wortlaut GE 4/2001 Seite 274