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Die Einführung des Euro-Bargeldes
Wie kommt der Euro?
23.02.2001 (GE 4/2001, 236) Der Euro kommt nicht - er ist schon da! Mit dem Eintritt in die 3. Stufe der Europäischen Währungsunion (EWU) am 1. Januar 1999 wurde der Euro als Währung und Zahlungsmittel in den Teilnehmerstaaten eingeführt, zunächst allerdings nur als Buchgeld. Seit der Währungsumstellung am 1. Januar 1999 ersetzt („substituiert“) der Euro die nationalen Währungen der Teilnehmerstaaten aufgrund europäischen Rechts, ist also alleinige Währung. Von den 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) nehmen nur England, Dänemark und Schweden (vorläufig) an der EWU nicht teil.
Zwar haben in der Übergangszeit bis Ende 2001 Banknoten und Münzen, die auf eine nationale Währungseinheit (DM, FF etc.) lauten, ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel innerhalb des jeweiligen Gültigkeitsgebietes (Territorialitätsprinzip) nach wie vor behalten. Die nationalen Banknoten und Münzen sind jedoch nur noch (regionale) Deno-minationen (Bezeichnungen), bloße Erscheinungsformen bzw. nichtdezimale Untereinheiten (Substitute) des Euro. Wo noch DM draufsteht, ist jetzt schon Euro drin. Die (verbliebene) Eigenschaft der nationalen Geldzeichen als gesetzliche Zahlungsmittel ist im übrigen nur schuldrechtlicher, nicht währungsrechtlicher Natur.
Gerade einmal zehn Jahre sind vergangen, seit Lastwagen mit nagelneuen DM-Scheinen gen Osten rollten, um die neuen Bundesländer mit der DM-Währung zu versorgen. Demnächst rollen Euro-Laster! Anfang 2002 wird die EWU mit der Einführung von Euro-Banknoten und -Münzen auch im Bargeldbereich Wirklichkeit. Die Idee eines großen, von Wechselkursschwankungen unabhängigen Wirtschaftsraumes - der Kern des Euro-Gedankens - wird „greifbar“. Die Umtauschaktion „DM gegen Euro“ ist freilich von anderer Dimension als seinerzeit der Wechsel von Ost-Mark in West-Währung. Denn dieses Mal tauschen zwölf europäische Länder gleichzeitig ihre nationalen Währungen in Euro um. Neu im Kreis der Euro-Länder ist Griechenland (seit 1. Januar 2001).
Die Einführung des Euro-Bargeldes wirft eine Vielzahl von Fragen auf. Daneben ist eine logistische Herausforderung zu bewältigen, die eine gründliche technische Vorbereitung und eine umfassende Information voraussetzt, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.
Rechtsrahmen
Das europäische Recht (Art. 15 der Verordnung über die Einführung des Euro) legt fest, daß die nationalen Währungen längstens für sechs Monate nach dem 1. Januar 2002, d. h. bis zum 30. Juni 2002, ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel parallel zum Euro im jeweiligen Gültigkeitsgebiet behalten können. Der Zeitraum des Parallelumlaufs kann jedoch durch nationale Rechtsvorschriften verkürzt werden. In Deutschland haben insbesondere der Handel und die Kreditwirtschaft mit Blick auf die Belastungen eines „doppelten“ Bargeldumlaufs auf kürzere Fristen gedrängt.
Nach dem Dritten Euro-Einführungsgesetz (3. EuroEG) vom 16. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2402) verliert auf „Deutsche Mark“ und „Pfennig“ lautendes Bargeld seine Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel mit Ablauf des 31. Dezember 2001. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Zeitraum des Parallelumlaufs zweier gesetzlicher Zahlungsmittel (DM und Euro) auf „Null“ zu kürzen (juristischer Big Bang).
Die Bundesrepublik ist - soweit ersichtlich - das einzige Land, welches das neue Bargeld per Big Bang einführt. Die Mehrzahl der Teilnehmerstaaten hat das endgültige Aus für ihre nationalen Währungen als gesetzliches Zahlungsmittel auf den 28. Februar 2002 festgesetzt. Alle Teilnehmerstaaten haben sich jedoch darauf verständigt, die Phase des parallelen Umlaufs der alten und neuen Geldzeichen auf acht Wochen zu beschränken.
Modalitäten der Umstellung
Der nahtlose Übergang von der DM zum Euro als gesetzlichem Zahlungsmittel wird ergänzt durch die Gemeinsame Erklärung der Verbände der Kreditwirtschaft, des Handels und vergleichbarer Dienstleistungen sowie der Automatenwirtschaft zur „Modifizierten Stichtagsregelung“. In dieser Erklärung haben sich die beteiligten Verbände für ihre angeschlossenen Unternehmen verpflichtet, noch bis zum 28. Februar 2002 auf DM lautende Banknoten und Münzen anzunehmen und in Ausnahmefällen - soweit gewünscht und aus Kassenbeständen verfügbar - DM-Münzen abzugeben. Es gilt der Umrechnungskurs von 1,95583 DM je Euro, der zum Beginn der EWU am 1. Januar 1999 festgelegt wurde. Die Bundesbank hingegen zahlt ab dem 1. Januar 2002 kein DM-Bargeld mehr aus. Die Abgabe von DM-Münzen soll über den Stichtag hinaus die Benutzung von Warenautomaten ermöglichen, die nicht rechtzeitig auf Euro umgestellt werden konnten. Es ist allerdings aller Voraussicht nach davon auszugehen, daß das DM-Bargeld bereits in den ersten zwei bis drei Wochen des Jahres 2002 weitgehend durch Euro-Geldzeichen abgelöst sein wird.
Die Deutsche Bundesbank tauscht auch nach dem 28. Februar 2002 DM-Bargeld kostenlos in Euro um. Eine Befristung dieses Umtauschs ist nicht vorgesehen. Ferner werden die Banknoten anderer Teilnehmerstaaten auch nach dem 1. Januar 2002 - wie seit Anfang 1999 möglich - noch bis zum 31. März 2002 bei den Landeszentralbanken umgetauscht. Dieser Umtausch beruht auf Art. 52 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (EZB).
Euro-Bargeldeinführung
Zur Auszahlung an die Bevölkerung kommen Euro-Banknoten und -Münzen erst mit dem 1. Januar 2002; ab diesem Zeitpunkt (sog. E-Day) kann dann mit Euro-Bargeld gezahlt werden.
Wegen der mit der Einführung des Euro-Bargeldes verbundenen erheblichen logistischen Anforderungen liegt es auf der Hand, daß die Erstausstattung selbst innerhalb von zwei Monaten auf erhebliche praktische Umsetzungsprobleme stoßen wird. Um die Einführung zu erleichtern und zu vereinfachen, haben die EZB und die Teilnehmerstaaten entschieden, Euro-Bargeld schon vor dem 1. Januar 2002 an Banken und Einzelhandel auszuliefern bzw. den Verbrauchern zur Verfügung zu stellen.
Selbst bei Nutzung aller Ressourcen reichen die im Kredit- und Werttransportgewerbe verfügbaren Kapazitäten nicht aus, die zur Abgabe an Handel und Verbraucher benötigte Bargeldmenge in der kurzen Zeit um den Jahreswechsel 2001/2002 bei den Landeszentralbanken bzw. ihren Münzdepots abzuholen, den Kundenbedürfnissen entsprechend zu portionieren und zur Auszahlung bereitzustellen. Um Engpässe bei Transport und Verteilung der gewaltigen Bargeldmengen zu vermeiden, ist eine Vorabbelieferung von Kreditinstituten, Handel, Werttransportunternehmen und Automatenwirtschaft erforderlich. Schon ab Anfang September 2001 beginnen Deutschland, Österreich und Luxemburg (andere Teilnehmerstaaten später) damit, Euro-Bargeld an Kreditinstitute abzugeben (sog. Frontloading). Den Banken und Sparkassen steht es dann ihrerseits frei, das Geld in eigener Verantwortung an ihre Geschäftskunden, insbesondere Handel und Automatenwirtschaft, weiterzuleiten (sog. Sub-Frontloading).
In allen Euro-Ländern soll auch die Bevölkerung schon vor dem 1. Januar 2002 mit Bargeld versorgt werden. Eine Ausnahme zu der Festlegung, daß Euro-Bargeld erst ab dem 1. Januar 2002 zur Auszahlung an die Bevölkerung kommt, bilden die - aus Münz-Beuteln bestehenden - Münzhaushaltsmischungen. Auf der Grundlage einer von den EU-Finanzministern im November 1999 getroffenen Entscheidung, nach der Euro-Münzen bereits ab der zweiten Dezemberhälfte 2001 an Konsumenten abgegeben werden können, haben sich die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft und des Handels sowie die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände mit dem BMF und der Deutschen Bundesbank darauf verständigt, daß in der Bundesrepublik Münzhaushaltsmischungen ab dem 17. Dezember 2001 an die Bevölkerung abgegeben werden können. „Starter Kits“ heißen auch diese Münzbeutel schön „europäisch“, obwohl in Euro-Land noch niemand englischer Muttersprache ist. Den Bürgern geben sie Gelegenheit, sich schon einmal mit den neuen Münzen vertraut zu machen. Ferner soll sichergestellt werden, daß am 1. Januar 2002 sofort ausreichend Münzen für Zahlungen zur Verfügung stehen und einer Knappheit an Münzen im Handel vorgebeugt wird.
Der Verkauf kurz vor Weihnachten sichert die Nachfrage: Das Paket mit den glänzenden Münzen wird nicht selten den Gabentisch zieren und auch als Souvenir für die Vitrine erstanden werden. Banken und Sparkassen haben bereits etwa 55 Mio. Münzhaushaltsmischungen bestellt. Freilich gilt auch hier: Die Münzen sind erst ab dem 1. Januar 2002 gesetzliche Zahlungsmittel und werden daher von Kreditinstituten und Handel vor diesem Zeitpunkt nicht angenommen.
Die Münzhaushaltsmischungen bestehen aus folgenden 20 Münzen im Nominalwert von insgesamt 10,23 Euro:
Nominalwert in Euro Anzahl
2,00 2
1,00 3
0,50 4
0,20 4
0,10 3
0,05 2
0,02 1
0,01 1
Die Münz-Beutel werden von den Kreditinstituten zu einem Preis von 20 DM abgegeben. Mit diesem Betrag macht das BMF den Münzkäufern ein kleines „Geschenk“: 10,23 Euro entsprechen exakt 20,0081409 DM. Jeder Käufer eines Münzbeutels macht somit einen „Gewinn“ von gut 0,008 Pfennig. Andere Staaten sind großzügiger: Die Regierung der Niederlande will dem Vernehmen nach jedem Bürger eine Packung mit acht Münzen im Wert von 8,50 Euro schenken (Kostenpunkt etwa 100 Mio. Euro).
Die neuen Banknoten gibt es dagegen erst mit der offiziellen Einführung des Euro-Bargeldes am 1. Januar 2002 an Geldautomaten und im Handel.
Da weder durch das Front-Loading noch die Münzhaushaltsmischungen die gesamte (erste) Nachfrage nach Euro-Bargeld abgedeckt werden kann, werden die Landeszentralbanken ihre Geschäftszeiten um den kommenden Jahreswechsel an den üblichen Geschäftstagen ausweiten und vom letzten Dezemberwochenende (29./30. Dezember 2002) an Sonderschichten fahren. Nicht nur Handel und Kreditinstitute tauschen die rückfließenden DM-Beträge bei den Zweiganstalten der Bundesbank um; auch Privatpersonen können bei den Landeszentralbanken im „Jedermanngeschäft“ DM in Euro umtauschen. Große Ladenhäuser planen, in ihren Geschäftsräumen Wechselkassen und -automaten aufzustellen. Für die Bevölkerung empfiehlt es sich gleichwohl, DM-Bargeld, das für Geschäfte des täglichen Lebens gehalten wird, bis zum Jahresende 2001 zu reduzieren.
Erscheinungsbild des Euro-Bargeldes
Über die Optik der Euro-Geldzeichen ist in den Medien schon in vielerlei Hinsicht berichtet worden; Banken und Sparkassen sowie die Zweiganstalten der Deutschen Bundesbank (Landeszentralbanken) halten Informations- und Merkblätter mit Abbildungen der neuen Banknoten und Münzen bereit.
Während die Euro-Banknoten einheitlich gestaltet sind, werden die Euro-Münzen von Land zu Land verschieden aussehen. Die neuen Münzen verfügen über eine gemeinsame Vorderseite (Avers), die in allen Teilnehmerstaaten gleich aussieht: Sie zeigt das Gebiet der EU auf der Erdkugel. Die Rückseite (Revers) kann dagegen jeder Staat nach eigenen Vorgaben gestalten. In Deutschland werden die Euro-Münzen im Wert von 1, 2 und 5 Cent das Eichenlaub zeigen, die 10-, 20- und 50-Cent-Münzen das Brandenburger Tor, die 1- und 2-Euro-Münzen den Bundesadler.
Die vielfältigen nationalen Motive auf den Münz-Rückseiten - von Königin Beatrix bis Kaiser Augustus, vom deutschen Eichenlaub bis zur irischen Harfe - sowie die Bilder europäischer Fenster, Tore und Brücken auf den Euro-Banknoten führen den Bürgern die kulturelle Vielfalt Europas vor Augen und bringen ihnen ihre „zweite Heimat“ nahe. Zahlen kann man mit allen Münzen in jedem Teilnehmerstaat.
Herstellung, Dimensionen, Fälschungsschutz
Die Herstellung der Euro-Banknoten fällt in den Verantwortungsbereich der jeweiligen nationalen Zentralbank (z. B. der Bundesbank), die Prägung der Euro-Münzen hingegen in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Regierungen. Die Produktion des Euro-Bargeldes ist schon 1999 angelaufen. Mit der Herstellung der Euro-Banknoten sind elf Notendruckereien beauftragt; die Produktion der Euro-Münzen teilen sich 14 Prägeanstalten in zehn Ländern. Die im Bundesgebiet auszugebenden Banknoten und Münzen werden ausschließlich von zwei Druckereien und fünf Münzstätten hergestellt, die auch bisher das DM-Bargeld produziert haben.
Die Dimensionen der Bargeldumstellung machen folgende Zahlen deutlich:
Nach Schätzungen der Deutschen Bundesbank wird der Gesamtumlauf an DM-Banknoten Ende 2001 rd. 2,6 Mrd. Stück im Gesamtwert von etwa 260 Mrd. DM betragen. Der Erstausstattungsbedarf wird entsprechend auf ungefähr 2,3 Mrd. Stück im Gesamtwert von 133 Mrd. Euro geschätzt. Würden allein die Banknoten zu einem Turm aufeinander geschichtet, erreichte er eine Höhe von fast 300 Kilometern. Obwohl sich ein beträchtlicher Teil der DM-Banknoten im Ausland befindet (30 bis 40 %), wird mit einer Rückflußquote von 95 % gerechnet. Insgesamt sollen im Zuge der Bargeldumstellung EWU-weit rd. 10 Mrd. Stück Euro-Banknoten in Umlauf gebracht werden und die alten nationalen Geldscheine ersetzen. Gedruckt werden bis Ende 2001 insgesamt 14,5 Mrd. Stück im Wert von knapp 650 Mrd. Euro. Die Differenz von 4,5 Mrd. Scheinen ist als logistische Reserve vorgesehen.
Sehr viel geringer dürfte die Rückflußquote bei den DM- und Pfennig-Münzen sein. Bei einem rechnerischen Umlauf von rd. 48 Mrd. Stück (ohne Olympia- und Gedenkmünzen) wird von einem Schwund von 40 % ausgegangen, so daß mit einem Rückfluß von rd. 28 Mrd. Stück Münzen (im Nennwert von 9,5 Mrd. DM) zu rechnen ist, was einem Gewicht von 98.000 t (130 Güterzüge mit jeweils 30 Waggons) entspricht.
Im November 1999 hat die EZB einen Bericht über den rechtlichen Schutz der Euro-Banknoten veröffentlicht. Darin wird die strafrechtliche Verfolgung von Geldfälschern behandelt wie auch der urheberrechtliche Schutz und der Kopierschutz. Geregelt wurde auch der Austausch beschädigter oder abgenutzter Noten sowie die Einziehung von Euro-Scheinen.
Ausblick
Der „virtuelle“ Euro wird am 1. Januar 2002 real - „hartes“ Geld, das man anfassen und in die Tasche stecken kann. Es besteht die begründete Hoffnung, daß mit dem Umlauf der Euro-Banknoten und -Münzen die Akzeptanz der neuen Währung in der Bevölkerung zunimmt und das Vertrauen in den Euro wächst.
Fahrplan zur Einführung des Euro-Bargeldes
ab 1. September 2001: Abgabe von Euro-Banknoten und -Münzen an Kreditinstitute, Handel, Automatenindustrie, Werttransportunternehmen etc. zur Sicherstellung eines reibungslosen Übergangs
ab 17. Dezember 2001: Gebührenfreie Abgabe der Münzhaushaltsmischungen durch Kreditinstitute - 20 Münzen zu 10,23 Euro für 20 DM; die Bevölkerung soll sich mit den Münzen vertraut machen und ab 1. Januar 2002 für Zahlungen einsetzen können
1. Januar 2002: Der Euro löst die DM als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel ab; die Bundesbank gibt nur noch Euro-Banknoten und -Münzen aus
1. Januar bis 28. Februar 2002: Barzahlungen sind im Bundesgebiet sowohl in DM als auch in Euro möglich (Übergangszeit)
ab 1. März 2002: Die Landeszentralbanken tauschen auf DM lautende Banknoten und Münzen weiterhin unbefristet, unbegrenzt und unentgeltlich um. Auf der Website der Deutschen Bundesbank (www.bundesbank.de) sind alle wesentlichen Informationen zur Euro-Bargeldeinführung in einem speziellen Segment zusammengefaßt, das über den Button „Euro-Info“ angeklickt werden kann. Neben aktuellen Informationen, wie z. B. dem „Konzept zur Inverkehrgabe des Euro-Bargeldes“, findet man dort Umstellungsmodalitäten, Rechtsgrundlagen, detaillierte Hinweise zu den Euro-Banknoten und -Münzen sowie Veröffentlichungen zum Thema.
Gerade einmal zehn Jahre sind vergangen, seit Lastwagen mit nagelneuen DM-Scheinen gen Osten rollten, um die neuen Bundesländer mit der DM-Währung zu versorgen. Demnächst rollen Euro-Laster! Anfang 2002 wird die EWU mit der Einführung von Euro-Banknoten und -Münzen auch im Bargeldbereich Wirklichkeit. Die Idee eines großen, von Wechselkursschwankungen unabhängigen Wirtschaftsraumes - der Kern des Euro-Gedankens - wird „greifbar“. Die Umtauschaktion „DM gegen Euro“ ist freilich von anderer Dimension als seinerzeit der Wechsel von Ost-Mark in West-Währung. Denn dieses Mal tauschen zwölf europäische Länder gleichzeitig ihre nationalen Währungen in Euro um. Neu im Kreis der Euro-Länder ist Griechenland (seit 1. Januar 2001).
Die Einführung des Euro-Bargeldes wirft eine Vielzahl von Fragen auf. Daneben ist eine logistische Herausforderung zu bewältigen, die eine gründliche technische Vorbereitung und eine umfassende Information voraussetzt, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.
Rechtsrahmen
Das europäische Recht (Art. 15 der Verordnung über die Einführung des Euro) legt fest, daß die nationalen Währungen längstens für sechs Monate nach dem 1. Januar 2002, d. h. bis zum 30. Juni 2002, ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel parallel zum Euro im jeweiligen Gültigkeitsgebiet behalten können. Der Zeitraum des Parallelumlaufs kann jedoch durch nationale Rechtsvorschriften verkürzt werden. In Deutschland haben insbesondere der Handel und die Kreditwirtschaft mit Blick auf die Belastungen eines „doppelten“ Bargeldumlaufs auf kürzere Fristen gedrängt.
Nach dem Dritten Euro-Einführungsgesetz (3. EuroEG) vom 16. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2402) verliert auf „Deutsche Mark“ und „Pfennig“ lautendes Bargeld seine Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel mit Ablauf des 31. Dezember 2001. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Zeitraum des Parallelumlaufs zweier gesetzlicher Zahlungsmittel (DM und Euro) auf „Null“ zu kürzen (juristischer Big Bang).
Die Bundesrepublik ist - soweit ersichtlich - das einzige Land, welches das neue Bargeld per Big Bang einführt. Die Mehrzahl der Teilnehmerstaaten hat das endgültige Aus für ihre nationalen Währungen als gesetzliches Zahlungsmittel auf den 28. Februar 2002 festgesetzt. Alle Teilnehmerstaaten haben sich jedoch darauf verständigt, die Phase des parallelen Umlaufs der alten und neuen Geldzeichen auf acht Wochen zu beschränken.
Modalitäten der Umstellung
Der nahtlose Übergang von der DM zum Euro als gesetzlichem Zahlungsmittel wird ergänzt durch die Gemeinsame Erklärung der Verbände der Kreditwirtschaft, des Handels und vergleichbarer Dienstleistungen sowie der Automatenwirtschaft zur „Modifizierten Stichtagsregelung“. In dieser Erklärung haben sich die beteiligten Verbände für ihre angeschlossenen Unternehmen verpflichtet, noch bis zum 28. Februar 2002 auf DM lautende Banknoten und Münzen anzunehmen und in Ausnahmefällen - soweit gewünscht und aus Kassenbeständen verfügbar - DM-Münzen abzugeben. Es gilt der Umrechnungskurs von 1,95583 DM je Euro, der zum Beginn der EWU am 1. Januar 1999 festgelegt wurde. Die Bundesbank hingegen zahlt ab dem 1. Januar 2002 kein DM-Bargeld mehr aus. Die Abgabe von DM-Münzen soll über den Stichtag hinaus die Benutzung von Warenautomaten ermöglichen, die nicht rechtzeitig auf Euro umgestellt werden konnten. Es ist allerdings aller Voraussicht nach davon auszugehen, daß das DM-Bargeld bereits in den ersten zwei bis drei Wochen des Jahres 2002 weitgehend durch Euro-Geldzeichen abgelöst sein wird.
Die Deutsche Bundesbank tauscht auch nach dem 28. Februar 2002 DM-Bargeld kostenlos in Euro um. Eine Befristung dieses Umtauschs ist nicht vorgesehen. Ferner werden die Banknoten anderer Teilnehmerstaaten auch nach dem 1. Januar 2002 - wie seit Anfang 1999 möglich - noch bis zum 31. März 2002 bei den Landeszentralbanken umgetauscht. Dieser Umtausch beruht auf Art. 52 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (EZB).
Euro-Bargeldeinführung
Zur Auszahlung an die Bevölkerung kommen Euro-Banknoten und -Münzen erst mit dem 1. Januar 2002; ab diesem Zeitpunkt (sog. E-Day) kann dann mit Euro-Bargeld gezahlt werden.
Wegen der mit der Einführung des Euro-Bargeldes verbundenen erheblichen logistischen Anforderungen liegt es auf der Hand, daß die Erstausstattung selbst innerhalb von zwei Monaten auf erhebliche praktische Umsetzungsprobleme stoßen wird. Um die Einführung zu erleichtern und zu vereinfachen, haben die EZB und die Teilnehmerstaaten entschieden, Euro-Bargeld schon vor dem 1. Januar 2002 an Banken und Einzelhandel auszuliefern bzw. den Verbrauchern zur Verfügung zu stellen.
Selbst bei Nutzung aller Ressourcen reichen die im Kredit- und Werttransportgewerbe verfügbaren Kapazitäten nicht aus, die zur Abgabe an Handel und Verbraucher benötigte Bargeldmenge in der kurzen Zeit um den Jahreswechsel 2001/2002 bei den Landeszentralbanken bzw. ihren Münzdepots abzuholen, den Kundenbedürfnissen entsprechend zu portionieren und zur Auszahlung bereitzustellen. Um Engpässe bei Transport und Verteilung der gewaltigen Bargeldmengen zu vermeiden, ist eine Vorabbelieferung von Kreditinstituten, Handel, Werttransportunternehmen und Automatenwirtschaft erforderlich. Schon ab Anfang September 2001 beginnen Deutschland, Österreich und Luxemburg (andere Teilnehmerstaaten später) damit, Euro-Bargeld an Kreditinstitute abzugeben (sog. Frontloading). Den Banken und Sparkassen steht es dann ihrerseits frei, das Geld in eigener Verantwortung an ihre Geschäftskunden, insbesondere Handel und Automatenwirtschaft, weiterzuleiten (sog. Sub-Frontloading).
In allen Euro-Ländern soll auch die Bevölkerung schon vor dem 1. Januar 2002 mit Bargeld versorgt werden. Eine Ausnahme zu der Festlegung, daß Euro-Bargeld erst ab dem 1. Januar 2002 zur Auszahlung an die Bevölkerung kommt, bilden die - aus Münz-Beuteln bestehenden - Münzhaushaltsmischungen. Auf der Grundlage einer von den EU-Finanzministern im November 1999 getroffenen Entscheidung, nach der Euro-Münzen bereits ab der zweiten Dezemberhälfte 2001 an Konsumenten abgegeben werden können, haben sich die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft und des Handels sowie die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände mit dem BMF und der Deutschen Bundesbank darauf verständigt, daß in der Bundesrepublik Münzhaushaltsmischungen ab dem 17. Dezember 2001 an die Bevölkerung abgegeben werden können. „Starter Kits“ heißen auch diese Münzbeutel schön „europäisch“, obwohl in Euro-Land noch niemand englischer Muttersprache ist. Den Bürgern geben sie Gelegenheit, sich schon einmal mit den neuen Münzen vertraut zu machen. Ferner soll sichergestellt werden, daß am 1. Januar 2002 sofort ausreichend Münzen für Zahlungen zur Verfügung stehen und einer Knappheit an Münzen im Handel vorgebeugt wird.
Der Verkauf kurz vor Weihnachten sichert die Nachfrage: Das Paket mit den glänzenden Münzen wird nicht selten den Gabentisch zieren und auch als Souvenir für die Vitrine erstanden werden. Banken und Sparkassen haben bereits etwa 55 Mio. Münzhaushaltsmischungen bestellt. Freilich gilt auch hier: Die Münzen sind erst ab dem 1. Januar 2002 gesetzliche Zahlungsmittel und werden daher von Kreditinstituten und Handel vor diesem Zeitpunkt nicht angenommen.
Die Münzhaushaltsmischungen bestehen aus folgenden 20 Münzen im Nominalwert von insgesamt 10,23 Euro:
Nominalwert in Euro Anzahl
2,00 2
1,00 3
0,50 4
0,20 4
0,10 3
0,05 2
0,02 1
0,01 1
Die Münz-Beutel werden von den Kreditinstituten zu einem Preis von 20 DM abgegeben. Mit diesem Betrag macht das BMF den Münzkäufern ein kleines „Geschenk“: 10,23 Euro entsprechen exakt 20,0081409 DM. Jeder Käufer eines Münzbeutels macht somit einen „Gewinn“ von gut 0,008 Pfennig. Andere Staaten sind großzügiger: Die Regierung der Niederlande will dem Vernehmen nach jedem Bürger eine Packung mit acht Münzen im Wert von 8,50 Euro schenken (Kostenpunkt etwa 100 Mio. Euro).
Die neuen Banknoten gibt es dagegen erst mit der offiziellen Einführung des Euro-Bargeldes am 1. Januar 2002 an Geldautomaten und im Handel.
Da weder durch das Front-Loading noch die Münzhaushaltsmischungen die gesamte (erste) Nachfrage nach Euro-Bargeld abgedeckt werden kann, werden die Landeszentralbanken ihre Geschäftszeiten um den kommenden Jahreswechsel an den üblichen Geschäftstagen ausweiten und vom letzten Dezemberwochenende (29./30. Dezember 2002) an Sonderschichten fahren. Nicht nur Handel und Kreditinstitute tauschen die rückfließenden DM-Beträge bei den Zweiganstalten der Bundesbank um; auch Privatpersonen können bei den Landeszentralbanken im „Jedermanngeschäft“ DM in Euro umtauschen. Große Ladenhäuser planen, in ihren Geschäftsräumen Wechselkassen und -automaten aufzustellen. Für die Bevölkerung empfiehlt es sich gleichwohl, DM-Bargeld, das für Geschäfte des täglichen Lebens gehalten wird, bis zum Jahresende 2001 zu reduzieren.
Erscheinungsbild des Euro-Bargeldes
Über die Optik der Euro-Geldzeichen ist in den Medien schon in vielerlei Hinsicht berichtet worden; Banken und Sparkassen sowie die Zweiganstalten der Deutschen Bundesbank (Landeszentralbanken) halten Informations- und Merkblätter mit Abbildungen der neuen Banknoten und Münzen bereit.
Während die Euro-Banknoten einheitlich gestaltet sind, werden die Euro-Münzen von Land zu Land verschieden aussehen. Die neuen Münzen verfügen über eine gemeinsame Vorderseite (Avers), die in allen Teilnehmerstaaten gleich aussieht: Sie zeigt das Gebiet der EU auf der Erdkugel. Die Rückseite (Revers) kann dagegen jeder Staat nach eigenen Vorgaben gestalten. In Deutschland werden die Euro-Münzen im Wert von 1, 2 und 5 Cent das Eichenlaub zeigen, die 10-, 20- und 50-Cent-Münzen das Brandenburger Tor, die 1- und 2-Euro-Münzen den Bundesadler.
Die vielfältigen nationalen Motive auf den Münz-Rückseiten - von Königin Beatrix bis Kaiser Augustus, vom deutschen Eichenlaub bis zur irischen Harfe - sowie die Bilder europäischer Fenster, Tore und Brücken auf den Euro-Banknoten führen den Bürgern die kulturelle Vielfalt Europas vor Augen und bringen ihnen ihre „zweite Heimat“ nahe. Zahlen kann man mit allen Münzen in jedem Teilnehmerstaat.
Herstellung, Dimensionen, Fälschungsschutz
Die Herstellung der Euro-Banknoten fällt in den Verantwortungsbereich der jeweiligen nationalen Zentralbank (z. B. der Bundesbank), die Prägung der Euro-Münzen hingegen in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Regierungen. Die Produktion des Euro-Bargeldes ist schon 1999 angelaufen. Mit der Herstellung der Euro-Banknoten sind elf Notendruckereien beauftragt; die Produktion der Euro-Münzen teilen sich 14 Prägeanstalten in zehn Ländern. Die im Bundesgebiet auszugebenden Banknoten und Münzen werden ausschließlich von zwei Druckereien und fünf Münzstätten hergestellt, die auch bisher das DM-Bargeld produziert haben.
Die Dimensionen der Bargeldumstellung machen folgende Zahlen deutlich:
Nach Schätzungen der Deutschen Bundesbank wird der Gesamtumlauf an DM-Banknoten Ende 2001 rd. 2,6 Mrd. Stück im Gesamtwert von etwa 260 Mrd. DM betragen. Der Erstausstattungsbedarf wird entsprechend auf ungefähr 2,3 Mrd. Stück im Gesamtwert von 133 Mrd. Euro geschätzt. Würden allein die Banknoten zu einem Turm aufeinander geschichtet, erreichte er eine Höhe von fast 300 Kilometern. Obwohl sich ein beträchtlicher Teil der DM-Banknoten im Ausland befindet (30 bis 40 %), wird mit einer Rückflußquote von 95 % gerechnet. Insgesamt sollen im Zuge der Bargeldumstellung EWU-weit rd. 10 Mrd. Stück Euro-Banknoten in Umlauf gebracht werden und die alten nationalen Geldscheine ersetzen. Gedruckt werden bis Ende 2001 insgesamt 14,5 Mrd. Stück im Wert von knapp 650 Mrd. Euro. Die Differenz von 4,5 Mrd. Scheinen ist als logistische Reserve vorgesehen.
Sehr viel geringer dürfte die Rückflußquote bei den DM- und Pfennig-Münzen sein. Bei einem rechnerischen Umlauf von rd. 48 Mrd. Stück (ohne Olympia- und Gedenkmünzen) wird von einem Schwund von 40 % ausgegangen, so daß mit einem Rückfluß von rd. 28 Mrd. Stück Münzen (im Nennwert von 9,5 Mrd. DM) zu rechnen ist, was einem Gewicht von 98.000 t (130 Güterzüge mit jeweils 30 Waggons) entspricht.
Im November 1999 hat die EZB einen Bericht über den rechtlichen Schutz der Euro-Banknoten veröffentlicht. Darin wird die strafrechtliche Verfolgung von Geldfälschern behandelt wie auch der urheberrechtliche Schutz und der Kopierschutz. Geregelt wurde auch der Austausch beschädigter oder abgenutzter Noten sowie die Einziehung von Euro-Scheinen.
Ausblick
Der „virtuelle“ Euro wird am 1. Januar 2002 real - „hartes“ Geld, das man anfassen und in die Tasche stecken kann. Es besteht die begründete Hoffnung, daß mit dem Umlauf der Euro-Banknoten und -Münzen die Akzeptanz der neuen Währung in der Bevölkerung zunimmt und das Vertrauen in den Euro wächst.
Fahrplan zur Einführung des Euro-Bargeldes
ab 1. September 2001: Abgabe von Euro-Banknoten und -Münzen an Kreditinstitute, Handel, Automatenindustrie, Werttransportunternehmen etc. zur Sicherstellung eines reibungslosen Übergangs
ab 17. Dezember 2001: Gebührenfreie Abgabe der Münzhaushaltsmischungen durch Kreditinstitute - 20 Münzen zu 10,23 Euro für 20 DM; die Bevölkerung soll sich mit den Münzen vertraut machen und ab 1. Januar 2002 für Zahlungen einsetzen können
1. Januar 2002: Der Euro löst die DM als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel ab; die Bundesbank gibt nur noch Euro-Banknoten und -Münzen aus
1. Januar bis 28. Februar 2002: Barzahlungen sind im Bundesgebiet sowohl in DM als auch in Euro möglich (Übergangszeit)
ab 1. März 2002: Die Landeszentralbanken tauschen auf DM lautende Banknoten und Münzen weiterhin unbefristet, unbegrenzt und unentgeltlich um. Auf der Website der Deutschen Bundesbank (www.bundesbank.de) sind alle wesentlichen Informationen zur Euro-Bargeldeinführung in einem speziellen Segment zusammengefaßt, das über den Button „Euro-Info“ angeklickt werden kann. Neben aktuellen Informationen, wie z. B. dem „Konzept zur Inverkehrgabe des Euro-Bargeldes“, findet man dort Umstellungsmodalitäten, Rechtsgrundlagen, detaillierte Hinweise zu den Euro-Banknoten und -Münzen sowie Veröffentlichungen zum Thema.
Autor: RA Dr. Carl-Theodor Samm, München