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Auf lange Sicht
23.02.2001 (GE 4/2001, 225) Man muß kein Gegner der Globalisierung, kein unverbesserlicher Grüner, kein Verächter des share holder value sein, um zu erkennen, daß es Investitionen gibt, die nicht hier und heute, sondern erst in der Zukunft, auf lange Sicht also, sinnvoll, manchmal gar rentabel in Mark und Pfennig sind.
Das gilt besonders für den Verkehr. Daß zu allen Zeiten die wahren Welt- und Handelsmächte Seemächte waren, lag einfach daran, daß das Meer die besten und billigsten Verkehrswege bot. Daß heute alle Verkehrswege - zu Lande, zur See und in der Luft - gleich wichtig sind, ist Folge der unglaublichen Intensivierung und Globalisierung allen Wirtschaftens, allen Handelns schlechthin.

Nun waren Verkehrsstrukturen schon immer teuer - selbst die Nutzung des Seeweges verlangte stets geschützte Häfen und teure Transportmittel. Doch am teuersten war immer der Landweg. Schon im römischen Reich wurden die berühmten Straßen nicht nur (teilweise) nach den Kaisern benannt, sondern (immer) auch von den Kaisern bezahlt, mindestens mitbezahlt. Erst der Unterhalt war dann allein Sache der Provinzen. Die Binnen-schiffahrtsnetze in Frankreich entstanden in dessen größter Epoche, im 17. und 18. Jahrhundert, die Kanäle in Brandenburg in Preußens stärkster Zeit. Brachte all das Gewinne, sanierte es gar die Staatskasse? Eher war das Gegenteil der Fall, wie man der folgenden Randverfügung Friedrichs des Großen auf einem Bericht des Generaldirektoriums über die Schwierigkeiten bei der Fertigstellung des Finow-Kanals entnehmen kann: „Solche Idioten und Schelme wie die Landbaumeister bei den Kammern sind in der Welt nicht zu finden, und ich befehle es so strikt als möglich, daß in den Provinzen sowohl als in Berlin die Kerls kürzer gehalten und die schlechten weggejagt werden. Es soll der Finow-Kanal ohne Raisonieren am 12. Oktober fertig sein, oder ich lasse den Landbaumeister hängen. Das Direktorium ist dafür verantwortlich.” Friedrich war ein Knauser, doch solche Bauten waren Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung, für Wohlstand und damit auch für Steuereinnahmen auf anderen Feldern.

Man muß das alles vor Augen haben, wenn man die heutige Situation beurteilen will. Da gibt es Kommentatoren, die dem Staat einreden wollen, jedwede Infrastrukturmaßnahme habe sich sofort zu rechnen. Welch ein Irrtum! Der Frankfurter Flughafen entstand als öffentlich finanzierte Veranstaltung! Heute, 30 Jahre später, ist er hoch rentabel und kann auch die Erweiterungsinvestitionen aus eigener Kraft finanzieren - nicht aber die neu herangeführte ICE-Trasse, die ihrerseits Voraussetzung für das weitere Gedeihen ist, genau wie Straßen und Autobahnen.

Margret Thatcher hatte es sich in den Kopf gesetzt, den Kanaltunnel privat zu finanzieren - das Ergebnis war ein einziges Desaster. In Deutschland wurde so lange auf die jeweilige Bundesregierung eingeschlagen - gleiche Begründung: die Trasse rechne sich nicht -, bis der Transrapid sich nach China verflüchtigte - subventioniert von der Bundesregierung mit 200 Mio. DM für den Fahrweg, immerhin 20 % der Gesamtkosten. Auf die Idee, den miserabel angebundenen Münchner Flughafen per Transrapid an die Stadt anzuschließen, kamen Deutschlands Planer erst, nachdem die Chinesen es vorgemacht hatten.

Hoffen wir nur, daß die Finanzierung des Flughafens Schönefeld nicht auch in die Falle zu hoher Privatisierungsansprüche hineinfällt. Die einhellige Ablehnung der Flugscheingebühr läßt Schlimmes befürchten. Lehnt man aber ausreichende Gebühren auf allen denkbaren Feldern ab - und dafür kann es ja gute Gründe geben -, so muß die öffentliche Hand so lange mitfinanzieren, bis sich die Sache trägt.
Ob bei Max-Planck-Gesellschaften und Fraunhofer-Instituten je ein meßbares Ergebnis herauskommt, ist nicht nachprüfbar. Wo aber stünde Deutschland, stünde seine Industrie ohne diese Institutionen?
Autor: Dietmar Otremba