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Videoüberwachung
Vermieter muß Kameras entfernen
08.02.2001 (GE 3/2001, 184) In Kaufhäusern, auf Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen ist eine Videoüberwachung schon längst üblich, ohne daß sich daran jemand stört. Im Eingangsbereich von Wohnhäusern soll das anders sein.
Der Fall: In dem vom Amtsgericht Schöneberg mit Urteil vom 8. März 2000 entschiedenen Fall hatte der Vermieter mehrere Videokameras installiert, um ein Eindringen unbefugter Personen zu verhindern. Die Kamera war auch am Klingeltableau angebracht. Ein Rechtsanwalt, der in dem Haus seine Kanzlei hatte, klagte dagegen, da er befürchtete, daß Mandanten dadurch abgeschreckt werden würden.
Im zweiten Fall hatte eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schöneberg über eine einstweilige Verfügung gegen die Installation von Videokameras zu entscheiden. Hier hatte der Vermieter konkret dargelegt, daß es wiederholt zu Schmierereien an den Wänden gekommen war und der Gartenzaun mit einem Bolzenschneider durchtrennt wurde.

Die Urteile: Mit Urteilen vom 8. März und 10. Mai 2000 gaben die beiden Richter des Amtsgerichts Schöneberg dem Entfernungsverlangen der Mieter statt. Abzuwägen sei der Schutz des Eigentums für den Vermieter gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters. Letzteres habe hier ein Übergewicht; eine ständige Kontrolle sei unzumutbar.

Kommentar: Beide Urteile liegen im Trend der Rechtsprechung, die grundsätzlich eine Überwachung durch Videokameras für unzulässig hält (vgl. den zusammenfassenden Aufsatz von Horst, NZM 2000, 937). Danach ist sogar die Anbringung von Atrappen verboten, denn schon der Anschein einer Überwachung reicht aus. Das Verbot soll auch für schon weit verbreitete Kameras in Sprech- und Rufanlagen gelten. Immerhin hält das Urteil vom 8. März 2000 insoweit eine Duldungspflicht für möglich, wenn das Verfahren des § 541 b BGB (Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen) eingehalten wird. Das Landgericht Darmstadt (NZM 2000, 360) hat sogar das Recht der Mieterin, unbeobachtet in der Wohnung (vertragswidrig) der Prostitution nachzugehen, für höher erachtet als den Abwehranspruch des Vermieters. Ob eine derart ausufernde Garantie der Überwachungsfreiheit nicht doch schutzwürdige Interessen des Vermieters verletzt, ist zweifelhaft. Viele Mieter empfinden auch eine Überwachung etwa durch einen „Doorman“ durchaus als Beitrag zu einer höheren Sicherheit. Warum die Überwachung durch einen Menschen anders zu beurteilen ist als durch eine Videokamera, ist auch kaum begründbar. Vermieter müssen sich auf die strengere videofeindliche Rechtsprechung einstellen.
AG Schöneberg, Urteil vom 8. März 2000 - 7 C 471/99 - Wortlaut GE 3/2001, Seite 211
AG Schöneberg, Urteil vom 10. Mai 2000 - 12 C 69/00 - Wortlaut GE 3/2001, Seite 213