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Gewerberaum
Formularmäßiger Ausschluß der Minderung
22.01.2001 (GE 2/2001, 83) Nur bei Wohnraummietverhältnissen darf das Minderungsrecht nicht eingeschränkt werden. Werden die Gewährleistungsansprüche des Gewerbemieters allerdings zu sehr beschränkt, ist die Klausel unwirksam, denn § 9 AGBG gilt auch für die Gewerbemiete.
Der Fall: Im Mietvertrag zum Betrieb einer Arztpraxis hieß es, daß die automatische Minderung gemäß § 537 BGB ausgeschlossen sei. Der Mieter war daher verpflichtet, bei einem Mangel zunächst stets die volle Miete zu zahlen. Im Mietvertrag war ferner ein Aufrechnungsverbot für den Mieter enthalten. Nachdem der Wasseranschluß für einen Behandlungsraum seit Monaten stillgelegt war, minderte der Arzt die Miete um 30 %.

Das Urteil: In seinem Urteil vom 29. September 2000 hielt das Landgericht Berlin den Minderungsanspruch grundsätzlich für berechtigt. Zwar sei bei einem Gewerbemieter der Ausschluß des Minderungsrechts formularmäßig möglich. Wenn dies aber mit einem Aufrechnungsverbot zusammentreffe, liege auch ein Verstoß gegen § 11 Nr. 10 AGBG vor, so daß der Mieter mindern könne. Ein Minderungssatz von 15 % sei allerdings überhöht. Angemessen seien 5 %.

Der Kommentar: Es ist inzwischen ständige Rechtsprechung, daß sich aus dem Zusammentreffen verschiedener Klauseln, die für sich genommen noch zulässig sind, eine Unwirksamkeit ergeben kann (Summierungseffekt). Hier waren es der Ausschluß des Minderungsrechts und das Aufrechnungsverbot. Das Landgericht Berlin wendet § 11 Nr. 10 AGBG an und verweist darauf, daß nach der alten Fassung des AGBG diese Vorschrift nur auf Kaufleute anwendbar sei, nicht jedoch auf Ärzte. Daraus könnte man schließen, daß für Mietverträge, die nach dem 30. Juni 1998 abgeschlossen wurden, etwas anderes gilt. Nach § 24 AGBG n. F. gilt nämlich § 11 AGBG seitdem nicht für Mieter, die den Vertrag in Ausübung ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit abschlossen, was also auch auf Ärzte zutrifft sowie auf andere Freiberufler. Allerdings gilt die Generalklausel des § 9 AGBG auch für Gewerbemietverträge. Über diesen Umweg gilt der Rechtsgedanke des § 11 Nr. 3 AGBG eben doch (BGH 92, 316), und damit also auch für Neuverträge. Vermieter müssen sich also entscheiden: entweder vertraglicher Ausschluß der automatischen Minderung oder Aufrechnungsverbot. Beides zusammen geht nicht.
LG Berlin, Urteil vom 29. September 2000 - 65 S 102/00 - Wortlaut GE 2/2001, Seite 139