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Die Rechtsprechung zu der Gestaltung von Fertighausverträgen
22.01.2001 (GE 2/2001, 95) Der Anteil des Fertighausbereichs hat in dem Marksegment Hausbau in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen.
I. Vorbemerkungen
Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau besaß im Jahre 1999 die Fertigbauindustrie bei dem Ein- und Zweifamilienhausbau einen Marktanteil von 15 %, wobei sich der Marktanteil in den neuen Bundesländern sogar auf 22,3 % belaufen soll1).
Diese wachsende Bedeutung des Fertighausbereichs soll im folgenden zum Anlaß genommen werden, einen Überblick über die juristischen Probleme von Fertighausverträgen zu verschaffen. Der Autor orientiert sich dabei an der obergerichtlichen Rechtsprechung, die sich in einer Vielzahl von Fällen bereits mit der Problematik von Fertighausverträgen auseinandergesetzt hat.
II. Rechtliche Einordnung
Es ist in diesem Zusammenhang zunächst folgende begriffliche Definition zu treffen: Fertigbau bedeutet ein fabrikmäßig vollständig fertiggestelltes Bauwerk, das auf einem entsprechenden Transporter zum Standort gefahren und nur noch an Versorgungs- und Abwasserleitungen angeschlossen wird, wie z. B. eine Garage. Bauen mit Fertigteilen, wozu auch die Errichtung eines sogenannten Fertighauses auf einem dafür eigens angelegten Fundament - oftmals mit Keller - gehört, bedeutet die Verwendung möglichst großer Mengen vorgefertigter Teile am Bau (z. B. Wand-, Decken- oder Dachtafeln) mit dem Ziel, im Verhältnis zur herkömmlichen Bauweise eine immer größere Anzahl vorgefertigter Elemente zu verarbeiten. Entscheidend für die Abgrenzung des Begriffes des Fertighauses zum sonstigen - konventionellen - Bauen dürfte die Frage sein, ob im Einzelfall eine Rohbauabnahme der für die Standsicherheit wesentlichen Teile erfolgen muß; ist dies zu bejahen, so dürfte nicht mehr von einem Fertighaus gesprochen werden2).
Ausschlaggebende Bedeutung für die rechtliche Einordnung kommt den von dem Unternehmer übernommenen Pflichten zu. Der typische, die Errichtung des Fertighauses einschließende Fertighausvertrag ist regelmäßig ein reiner Werkvertrag3).
III. Fertighausverträge und AGB-Gesetz
Hat der Unternehmer das genormte Baumaterial, also die Fertigteile, nur zu liefern, erbringt er keine werkvertragliche Leistung, weshalb in diesem Fall allein die Vorschriften über den Kauf (§§ 433 ff. BGB) zur Anwendung kommen4). Der Bundesgerichtshof möchte den Erwerb eines Bausatzhauses zur Eigenherstellung als gemischten Vertrag behandelt wissen, sofern der Veräußerer einzelne werk- oder dienstvertragliche Zusatzleistungen übernimmt5).
Anzumerken bleibt, daß der Fertighausvertrag, der auf die durch den Unternehmer zu erbringende Bauleistung abzielt, auch nicht als Werklieferungsvertrag einzustufen ist. Im Verhältnis zu dem vom Unternehmer geschuldeten Material ist nämlich das Grundstück des Bestellers als Hauptsache anzusehen, weshalb schon nach § 651 Abs. 2 BGB allein Werkvertragsrecht gilt6). Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß der Bauherr durch die Verbindung der Bauteile mit seinem Grundstück kraft Gesetzes Eigentümer des Fertighauses (§§ 94, 946 BGB) wird, womit für eine rechtsgeschäftliche Übereignung nach § 651 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Raum verbleibt7). Dies hat auch zur Folge, daß das Verbraucherkreditgesetz auf den Fertighausvertrag keine Anwendung finden kann8).
Sofern der Fertighausvertrag mit dem Erwerb des Grundstücks eine rechtliche Einheit darstellt, bedarf nach Sinn und Zweck des § 313 Satz 1 BGB auch der Vertrag über die Errichtung des Fertighauses der notariellen Beurkundung. Ein solcher rechtlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn der Fertighausvertrag nach dem Willen einer Partei mit dem Erwerb des Grundstücks „stehen und fallen” soll. Dabei reicht es aus, daß nur eine Vertragspartei einen solchen Verknüpfungswillen erkennen läßt und die andere Partei diesen Willen anerkennt oder hinnimmt, unabhängig davon, ob an den beiden Rechtsgeschäften auch jeweils dieselben Vertragspartner beteiligt sind, und ob die beiden Verträge in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt sind9).
Nach einem Urteil des OLG Köln ist auch dann von einer rechtlichen Einheit auszugehen, wenn der Verkäufer eines Fertighauses durch die Werbung den Eindruck erweckt, er werde auch ein geeignetes Grundstück vermitteln, der Vertrag über die Bestellung des Fertighauses dann davon ausgeht, daß ein Grundstück vorhanden ist, und tatsächlich ein entsprechender Grundstückskaufvertrag von dem Verkäufer vorbereitet wurde10).
In der Praxis verwenden die Anbieter von Fertighäusern in der Regel vorformulierte Vertragstexte, weshalb sich häufig die Frage stellt, ob einzelne Regelungen mit dem AGBG in Einklang zu bringen sind.
Die Rechtsprechung geht auch dann nicht von einem Aushandeln im Sinne von § 1 Abs. 2 AGBG oder von einer Individualabrede im Sinne von § 4 AGBG aus, wenn der Verwender den „gesetzesfremden“ Kerngehalt nicht zur Disposition stellt, sondern die Klausel lediglich dem Einzelfall angepaßt wird11).
Eine formularmäßige Vereinbarung einer obligatorischen Schiedsgutachterklausel ist in einem Vertrag über die Lieferung eines Fertighauses nach § 9 AGBG unwirksam12).
In der gerichtlichen Praxis haben sich immer wieder formularmäßige Regelungen über die Fälligkeit von Abschlagszahlungen als Streitgegenstand herausgebildet. Aber auch formularmäßige Vertragsstrafen bzw. die Regelungen über die der Höhe nach festgesetzten Schadensersatzansprüche des Unternehmers, im Falle der Kündigung durch den Besteller, haben die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt.
Im Hinblick auf die Fälligkeitszahlungen in der konventionellen Bauweise richtet sich die Fälligkeit der Abschlagszahlungen im allgemeinen nach dem Baufortschritt (vgl. § 16 Nr. 1 VOB/B).
Dies ist auch beim Fertighausbau zu berücksichtigen, um dem Auftraggeber eine Prüfungsmöglichkeit in Hinsicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB oder ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB einzuräumen.
Eine vorformulierte Klausel in einem finanzierten Fertighausvertrag, die vorschreibt, daß 14 Tage nach der (Roh-) Montage des Hauses 90 % der Vergütung zur Zahlung fällig sind, ohne daß es auf den Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen ankommt, ist nach § 9 AGB-Gesetz unwirksam; liegen die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffes vor, kann der Auftraggeber dies auch der Bank entgegenhalten13).
Ebenso trifft dies auf AGB eines Fertighausherstellers zu, wonach die „Kaufsumme“ für das Fertighaus sowie für zusätzliche Lieferungen und Leistungen zu 60 % am zweiten Aufstellungstag, weitere 30 % bei Inbetriebnahme der Heizungsanlage und die restlichen 10 % nach Fertigstellung der vertraglichen Leistungen vor Einzug fällig werden sollen. Auch diese Klausel verstößt zumindest gegen § 9 AGB-Gesetz, da es unzulässig ist, die Fälligkeit der Abschlagszahlung in Höhe von mehr als der Hälfte der Gesamtvergütung allein vom Zeitablauf und nicht vom Leistungsstand im Rahmen des Baufortschritts sowie der Erbringung etwa zusätzlicher Lieferungen und Leistungen abhängig zu machen14).
Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Fertighausherstellers, die für den Fall der Kündigung seitens des Auftraggebers zugunsten des Verwenders eine pauschalierte Vergütung vorsehen, sind im Einzelfall auf die Angemessenheit der Pauschale zu überprüfen, um § 10 Nr. 7 AGBG Rechnung zu tragen.
Welcher Prozentsatz als eine im Sinne des § 10 Nr. 7 AGBG nicht mehr angemessene Pauschale anzusehen ist, hat die Rechtsprechung für Fertighausverträge noch nicht abschließend entschieden.
Der BGH hält eine Pauschale von 5 % der Auftragssumme für zulässig15). Andererseits hat der BGH eine Pauschale in Höhe von 18 % der vereinbarten Vergütung im Hinblick auf die Zulässigkeit als „äußerst zweifelhaft“ bezeichnet16). In einer Entscheidung vom 23. März 1995 hat der BGH ein Urteil des OLG Koblenz aufgehoben, welches ohne weitere Aufklärung eine Pauschale in Höhe von 10 % für unangemessen im Sinne von § 10 Nr. 7 AGBG erachtete17).
IV. Pflichten des Verkäufers eines Fertighauses
Soweit ein Fertighaushersteller sich durch eine formularmäßige Klausel vorbehält, den Auslieferungstermin des Fertighauses bis zu sechs Wochen über den individuell vereinbarten Liefertermin hinauszuschieben, ist eine solche Vereinbarung gemäß §§ 10 Nr. 1 und 11 Nr. 8 AGBG unzulässig18).
Eine Aufklärungspflicht des Unternehmers besteht, wenn der Vertragspartner die Aufklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrsauffassung redlicherweise erwarten darf. Bei der Frage, ob im konkreten Einzelfall eine Aufklärung erwartet werden darf, ist eine Grenze zu ziehen zwischen dem berechtigten Gewinnstreben einerseits und der Pflicht zur Wahrung der Interessen der Gegenpartei andererseits. Das Gewinnstreben einer Partei darf nicht so weit gehen, daß die Unerfahrenheit einer Partei dazu ausgenutzt wird, einen Vertrag abzuschließen, den die andere Partei nicht durchführen kann. Der Verkäufer eines Fertighauses muß daher den Kunden, der sich zur Beratung an ihn wendet, darauf hinweisen, daß Zahlungsverpflichtungen aus dem Abschluß eines Fertighausvertrags in nicht unerheblicher Höhe selbst dann entstehen, wenn eine Finanzierung des Objektes nicht möglich ist. Eine Verletzung dieser Pflicht führt zu Schadensersatzansprüchen des Käufers nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung mit der Folge, daß der Käufer von Ansprüchen des Verkäufers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung freizustellen ist19).
Sofern der Fertighaushersteller auch Architektenaufgaben übernommen hat, wie z. B. die Erstellung der Genehmigungsplanung und Einholung der Bauerlaubnis, hat er im Einzelfall den Auftraggeber davor zu bewahren, daß dieser bereits vor Erteilung der Baugenehmigung weitere Bauleistungen in Auftrag gibt20).
Selbstverständlich hat der Werkunternehmer bei der Herstellung des Fertighauses die Regeln der Baukunst zu wahren und das Haus nach der Leistungsbeschreibung zu errichten.
Dem Erwerber eines Fertighauses steht daher gemäß § 634 BGB bzw. § 13 Nr. 6 VOB/B ein Minderungsrecht zu, wenn
die Gesamtwohnfläche des Hauses geringer ist als im Vertrag vorgesehen und dies der Werkunternehmer zu vertreten hat. Die Minderung berechnet sich in diesem Falle nach dem Quadratmeterpreis, der sich aus der vertraglich vorgesehenen Gesamtwohnfläche und dem vereinbarten Gesamtpreis für das Haus errechnet21).
Auch eine unzureichende Trittschalldämmung vermag Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers zu begründen22).
Fußnoten:
1) vgl. http:// www.bdf-ev.de/Leistungen/PR/Marktanlyse/body_marktanalyse.html
2) vgl. den Fertighauserlaß des Innenministers von Baden-Württemberg in GABl. 1978, 568
3) BGHZ 76, 43, 45 f. und Sturies in BB 1982, 1631, 1632
4) BGHZ 78, 375, 378
5) vgl. Fußnote 4
6) OLG Düsseldorf in BauR 1982, 164, 165
7) Graba in MDR 1974, 975, 977
8) noch zur Geltung des Abzahlungsgesetzes OLG Frankfurt in BauR 1982, 261 ff.
9) BGH in NJW 1994, 721; OLG Hamm in BauR 1995, 705
10) OLG Köln in NJW-RR 1996, 1484 f.
11) BGH in BauR 1992, 226 ff.
12) BGH in BauR 1992, 223 ff.
13) BGH in BauR 1986, 694
14) vgl. Fußnote 11
15) BGHZ 87, 112, 120
16) BGH in BauR 1985, 79, 82
17) BGH in BauR 1995, 546, 547
18) BGH in BauR 1984, 639 ff.
19) LG Berlin in NJW-RR 1997, 852 f.
20) OLG Frankfurt in BauR 1992, 763 f.
21) so OLG Düsseldorf in BauR 1981, 476 f.
22) OLG Düsseldorf in NJW-RR 1994, 341 f.
Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau besaß im Jahre 1999 die Fertigbauindustrie bei dem Ein- und Zweifamilienhausbau einen Marktanteil von 15 %, wobei sich der Marktanteil in den neuen Bundesländern sogar auf 22,3 % belaufen soll1).
Diese wachsende Bedeutung des Fertighausbereichs soll im folgenden zum Anlaß genommen werden, einen Überblick über die juristischen Probleme von Fertighausverträgen zu verschaffen. Der Autor orientiert sich dabei an der obergerichtlichen Rechtsprechung, die sich in einer Vielzahl von Fällen bereits mit der Problematik von Fertighausverträgen auseinandergesetzt hat.
II. Rechtliche Einordnung
Es ist in diesem Zusammenhang zunächst folgende begriffliche Definition zu treffen: Fertigbau bedeutet ein fabrikmäßig vollständig fertiggestelltes Bauwerk, das auf einem entsprechenden Transporter zum Standort gefahren und nur noch an Versorgungs- und Abwasserleitungen angeschlossen wird, wie z. B. eine Garage. Bauen mit Fertigteilen, wozu auch die Errichtung eines sogenannten Fertighauses auf einem dafür eigens angelegten Fundament - oftmals mit Keller - gehört, bedeutet die Verwendung möglichst großer Mengen vorgefertigter Teile am Bau (z. B. Wand-, Decken- oder Dachtafeln) mit dem Ziel, im Verhältnis zur herkömmlichen Bauweise eine immer größere Anzahl vorgefertigter Elemente zu verarbeiten. Entscheidend für die Abgrenzung des Begriffes des Fertighauses zum sonstigen - konventionellen - Bauen dürfte die Frage sein, ob im Einzelfall eine Rohbauabnahme der für die Standsicherheit wesentlichen Teile erfolgen muß; ist dies zu bejahen, so dürfte nicht mehr von einem Fertighaus gesprochen werden2).
Ausschlaggebende Bedeutung für die rechtliche Einordnung kommt den von dem Unternehmer übernommenen Pflichten zu. Der typische, die Errichtung des Fertighauses einschließende Fertighausvertrag ist regelmäßig ein reiner Werkvertrag3).
III. Fertighausverträge und AGB-Gesetz
Hat der Unternehmer das genormte Baumaterial, also die Fertigteile, nur zu liefern, erbringt er keine werkvertragliche Leistung, weshalb in diesem Fall allein die Vorschriften über den Kauf (§§ 433 ff. BGB) zur Anwendung kommen4). Der Bundesgerichtshof möchte den Erwerb eines Bausatzhauses zur Eigenherstellung als gemischten Vertrag behandelt wissen, sofern der Veräußerer einzelne werk- oder dienstvertragliche Zusatzleistungen übernimmt5).
Anzumerken bleibt, daß der Fertighausvertrag, der auf die durch den Unternehmer zu erbringende Bauleistung abzielt, auch nicht als Werklieferungsvertrag einzustufen ist. Im Verhältnis zu dem vom Unternehmer geschuldeten Material ist nämlich das Grundstück des Bestellers als Hauptsache anzusehen, weshalb schon nach § 651 Abs. 2 BGB allein Werkvertragsrecht gilt6). Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß der Bauherr durch die Verbindung der Bauteile mit seinem Grundstück kraft Gesetzes Eigentümer des Fertighauses (§§ 94, 946 BGB) wird, womit für eine rechtsgeschäftliche Übereignung nach § 651 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Raum verbleibt7). Dies hat auch zur Folge, daß das Verbraucherkreditgesetz auf den Fertighausvertrag keine Anwendung finden kann8).
Sofern der Fertighausvertrag mit dem Erwerb des Grundstücks eine rechtliche Einheit darstellt, bedarf nach Sinn und Zweck des § 313 Satz 1 BGB auch der Vertrag über die Errichtung des Fertighauses der notariellen Beurkundung. Ein solcher rechtlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn der Fertighausvertrag nach dem Willen einer Partei mit dem Erwerb des Grundstücks „stehen und fallen” soll. Dabei reicht es aus, daß nur eine Vertragspartei einen solchen Verknüpfungswillen erkennen läßt und die andere Partei diesen Willen anerkennt oder hinnimmt, unabhängig davon, ob an den beiden Rechtsgeschäften auch jeweils dieselben Vertragspartner beteiligt sind, und ob die beiden Verträge in unterschiedlichen Urkunden niedergelegt sind9).
Nach einem Urteil des OLG Köln ist auch dann von einer rechtlichen Einheit auszugehen, wenn der Verkäufer eines Fertighauses durch die Werbung den Eindruck erweckt, er werde auch ein geeignetes Grundstück vermitteln, der Vertrag über die Bestellung des Fertighauses dann davon ausgeht, daß ein Grundstück vorhanden ist, und tatsächlich ein entsprechender Grundstückskaufvertrag von dem Verkäufer vorbereitet wurde10).
In der Praxis verwenden die Anbieter von Fertighäusern in der Regel vorformulierte Vertragstexte, weshalb sich häufig die Frage stellt, ob einzelne Regelungen mit dem AGBG in Einklang zu bringen sind.
Die Rechtsprechung geht auch dann nicht von einem Aushandeln im Sinne von § 1 Abs. 2 AGBG oder von einer Individualabrede im Sinne von § 4 AGBG aus, wenn der Verwender den „gesetzesfremden“ Kerngehalt nicht zur Disposition stellt, sondern die Klausel lediglich dem Einzelfall angepaßt wird11).
Eine formularmäßige Vereinbarung einer obligatorischen Schiedsgutachterklausel ist in einem Vertrag über die Lieferung eines Fertighauses nach § 9 AGBG unwirksam12).
In der gerichtlichen Praxis haben sich immer wieder formularmäßige Regelungen über die Fälligkeit von Abschlagszahlungen als Streitgegenstand herausgebildet. Aber auch formularmäßige Vertragsstrafen bzw. die Regelungen über die der Höhe nach festgesetzten Schadensersatzansprüche des Unternehmers, im Falle der Kündigung durch den Besteller, haben die Gerichte in den letzten Jahren beschäftigt.
Im Hinblick auf die Fälligkeitszahlungen in der konventionellen Bauweise richtet sich die Fälligkeit der Abschlagszahlungen im allgemeinen nach dem Baufortschritt (vgl. § 16 Nr. 1 VOB/B).
Dies ist auch beim Fertighausbau zu berücksichtigen, um dem Auftraggeber eine Prüfungsmöglichkeit in Hinsicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB oder ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB einzuräumen.
Eine vorformulierte Klausel in einem finanzierten Fertighausvertrag, die vorschreibt, daß 14 Tage nach der (Roh-) Montage des Hauses 90 % der Vergütung zur Zahlung fällig sind, ohne daß es auf den Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen ankommt, ist nach § 9 AGB-Gesetz unwirksam; liegen die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffes vor, kann der Auftraggeber dies auch der Bank entgegenhalten13).
Ebenso trifft dies auf AGB eines Fertighausherstellers zu, wonach die „Kaufsumme“ für das Fertighaus sowie für zusätzliche Lieferungen und Leistungen zu 60 % am zweiten Aufstellungstag, weitere 30 % bei Inbetriebnahme der Heizungsanlage und die restlichen 10 % nach Fertigstellung der vertraglichen Leistungen vor Einzug fällig werden sollen. Auch diese Klausel verstößt zumindest gegen § 9 AGB-Gesetz, da es unzulässig ist, die Fälligkeit der Abschlagszahlung in Höhe von mehr als der Hälfte der Gesamtvergütung allein vom Zeitablauf und nicht vom Leistungsstand im Rahmen des Baufortschritts sowie der Erbringung etwa zusätzlicher Lieferungen und Leistungen abhängig zu machen14).
Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Fertighausherstellers, die für den Fall der Kündigung seitens des Auftraggebers zugunsten des Verwenders eine pauschalierte Vergütung vorsehen, sind im Einzelfall auf die Angemessenheit der Pauschale zu überprüfen, um § 10 Nr. 7 AGBG Rechnung zu tragen.
Welcher Prozentsatz als eine im Sinne des § 10 Nr. 7 AGBG nicht mehr angemessene Pauschale anzusehen ist, hat die Rechtsprechung für Fertighausverträge noch nicht abschließend entschieden.
Der BGH hält eine Pauschale von 5 % der Auftragssumme für zulässig15). Andererseits hat der BGH eine Pauschale in Höhe von 18 % der vereinbarten Vergütung im Hinblick auf die Zulässigkeit als „äußerst zweifelhaft“ bezeichnet16). In einer Entscheidung vom 23. März 1995 hat der BGH ein Urteil des OLG Koblenz aufgehoben, welches ohne weitere Aufklärung eine Pauschale in Höhe von 10 % für unangemessen im Sinne von § 10 Nr. 7 AGBG erachtete17).
IV. Pflichten des Verkäufers eines Fertighauses
Soweit ein Fertighaushersteller sich durch eine formularmäßige Klausel vorbehält, den Auslieferungstermin des Fertighauses bis zu sechs Wochen über den individuell vereinbarten Liefertermin hinauszuschieben, ist eine solche Vereinbarung gemäß §§ 10 Nr. 1 und 11 Nr. 8 AGBG unzulässig18).
Eine Aufklärungspflicht des Unternehmers besteht, wenn der Vertragspartner die Aufklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrsauffassung redlicherweise erwarten darf. Bei der Frage, ob im konkreten Einzelfall eine Aufklärung erwartet werden darf, ist eine Grenze zu ziehen zwischen dem berechtigten Gewinnstreben einerseits und der Pflicht zur Wahrung der Interessen der Gegenpartei andererseits. Das Gewinnstreben einer Partei darf nicht so weit gehen, daß die Unerfahrenheit einer Partei dazu ausgenutzt wird, einen Vertrag abzuschließen, den die andere Partei nicht durchführen kann. Der Verkäufer eines Fertighauses muß daher den Kunden, der sich zur Beratung an ihn wendet, darauf hinweisen, daß Zahlungsverpflichtungen aus dem Abschluß eines Fertighausvertrags in nicht unerheblicher Höhe selbst dann entstehen, wenn eine Finanzierung des Objektes nicht möglich ist. Eine Verletzung dieser Pflicht führt zu Schadensersatzansprüchen des Käufers nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung mit der Folge, daß der Käufer von Ansprüchen des Verkäufers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung freizustellen ist19).
Sofern der Fertighaushersteller auch Architektenaufgaben übernommen hat, wie z. B. die Erstellung der Genehmigungsplanung und Einholung der Bauerlaubnis, hat er im Einzelfall den Auftraggeber davor zu bewahren, daß dieser bereits vor Erteilung der Baugenehmigung weitere Bauleistungen in Auftrag gibt20).
Selbstverständlich hat der Werkunternehmer bei der Herstellung des Fertighauses die Regeln der Baukunst zu wahren und das Haus nach der Leistungsbeschreibung zu errichten.
Dem Erwerber eines Fertighauses steht daher gemäß § 634 BGB bzw. § 13 Nr. 6 VOB/B ein Minderungsrecht zu, wenn
die Gesamtwohnfläche des Hauses geringer ist als im Vertrag vorgesehen und dies der Werkunternehmer zu vertreten hat. Die Minderung berechnet sich in diesem Falle nach dem Quadratmeterpreis, der sich aus der vertraglich vorgesehenen Gesamtwohnfläche und dem vereinbarten Gesamtpreis für das Haus errechnet21).
Auch eine unzureichende Trittschalldämmung vermag Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers zu begründen22).
Fußnoten:
1) vgl. http:// www.bdf-ev.de/Leistungen/PR/Marktanlyse/body_marktanalyse.html
2) vgl. den Fertighauserlaß des Innenministers von Baden-Württemberg in GABl. 1978, 568
3) BGHZ 76, 43, 45 f. und Sturies in BB 1982, 1631, 1632
4) BGHZ 78, 375, 378
5) vgl. Fußnote 4
6) OLG Düsseldorf in BauR 1982, 164, 165
7) Graba in MDR 1974, 975, 977
8) noch zur Geltung des Abzahlungsgesetzes OLG Frankfurt in BauR 1982, 261 ff.
9) BGH in NJW 1994, 721; OLG Hamm in BauR 1995, 705
10) OLG Köln in NJW-RR 1996, 1484 f.
11) BGH in BauR 1992, 226 ff.
12) BGH in BauR 1992, 223 ff.
13) BGH in BauR 1986, 694
14) vgl. Fußnote 11
15) BGHZ 87, 112, 120
16) BGH in BauR 1985, 79, 82
17) BGH in BauR 1995, 546, 547
18) BGH in BauR 1984, 639 ff.
19) LG Berlin in NJW-RR 1997, 852 f.
20) OLG Frankfurt in BauR 1992, 763 f.
21) so OLG Düsseldorf in BauR 1981, 476 f.
22) OLG Düsseldorf in NJW-RR 1994, 341 f.
Autor: RA Dirk Domrich