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Modernisierung
Umfassende Erläuterungspflicht des Vermieters
08.01.2001 (GE 1/2001, 16) Die Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen gem. § 3 MHG setzt eine Berechnung und Erläuterung durch den Vermieter voraus. Die Gerichte legen die Meßlatte dafür immer höher.
Fall 1: Der Vermieter hatte Wärmedämmaßnahmen durchführen lassen und dann die Miete erhöht. Eine Wärmebedarfsberechnung wurde erst der Klageschrift auf Zahlung des erhöhten Mietzinses beigefügt. Im Prozeß ging es im wesentlichen darum, ob dadurch ein Mangel (das Kammergericht hält die Beifügung bei einer Mieterhöhungserklärung für wesentlich) geheilt wird.

Fall 2: Die Vermieterinnen hatten umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen durchführen lassen. Neben der Wärmedämmung waren Bleirohre ersetzt, Elektrosteigeleitungen verstärkt, eine Gemeinschaftssatellitenantenne und eine Gegensprechanlage sowie eine Zentralheizung statt der bisherigen Ofenheizungen eingebaut worden; alle Bäder wurden verfliest.

Die Urteile: In seinem Urteil vom 27. Oktober 2000 zu Fall 1 wies das Landgericht Berlin die Zahlungsklage des Vermieters ab und meinte, nach dem Rechtsentscheid des Kammergerichts stehe fest, daß die Mieterhöhungserklärung ohne Wärmebedarfsberechnung nicht ausreichend erläutert und damit unwirksam gewesen sei. Die spätere Beifügung der Wärmebedarfsberechnung in der Klageschrift hätte nur als Erläuterung für eine neue Mieterhöhung dienen können. Es sei Sache des Vermieters, klarzustellen, daß ein prozessualer Schriftsatz zugleich auch eine sachlich-rechtliche Willenserklärung wie eine Mieterhöhung darstelle. Wenn er das unterlasse, könne nicht von einer neuen Mieterhöhung ausgegangen werden.
Im Urteil vom 14. November 2000 zu Fall 2 meinte die 64. Kammer, die Erläuterung der Mieterhöhung nach § 3 MHG setze auch voraus, daß der Vermieter überhaupt begründe, warum die Baumaßnahme eine Modernisierungsmaßnahme darstelle. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Wertverbesserung auf der Hand liege wie beim Einbau einer Zentralheizung anstelle von Kohleöfen, dem erstmaligen Einbau einer Gemeinschaftsantenne oder dem Einbau einer Türöffner- und Gegensprechanlage. Die Kammer strich deshalb aus der Mieterhöhungserklärung zahlreiche Positionen aus, bei denen nicht begründet worden war (in der Mieterhöhung!), warum es sich um eine Modernisierungsmaßnahme handelte. Bei der Gegensprechanlage wurde der Mietzuschlag ebenfalls versagt, weil nur die Kosten für sämtliche Elektroarbeiten ohne Aufschlüsselung nach den einzelnen Gewerken angegeben waren. Nur die Mieterhöhung für den Einbau der Zentralheizung und die Verfliesung des Bades akzeptierte das Gericht.

Der Kommentar: Mit dem Rechtsentscheid des Kammergerichts soll davon ausgegangen werden, daß bei einer Mieterhöhung wegen Wärmedämmaßnahmen auch die Wärmebedarfsberechnung beigefügt werden muß. Ob aber eine spätere Übersendung an den Mieter unter Bezugnahme auf die Mieterhöhungserklärung ausreicht mit der Folge, daß dann durch diese nachgeholte Begründung die Mieterhöhung (für die Zukunft) wirksam wird, ist durchaus zweifelhaft. Das Erfordernis der Schriftform der Mieterhöhung ist kein Selbstzweck (LG Berlin NJW-RR 1997, 1505; LG Berlin GE 1997, 433), sondern es muß auf den Sinn der gesetzlichen Regelung abgestellt werden. Diese verlangt vom Vermieter keine überflüssige Schreibarbeit, so daß eine Bezugnahme möglich sein muß (LG Nürnberg-Fürth NJWE-MietR 1997, 27). Für eine (den Mieter ungleich härter treffende) Kündigung und deren nachgeschobene Begründung hat das Bundesverfassungsgericht das ausdrücklich festgestellt (NJW 1992, 2752). Zweifelhaft sind auch die Ausführungen der Kammer zur Nachholung der Mieterhöhung im Prozeß. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (GE 1997, 1096) liegt in der Räumungsklage die Kündigung des Mietverhältnisses, wenn darin unmißverständlich zum Ausdruck kommt, daß der Vermieter sich vom Vertrag lösen will. Entsprechend dürfte in der Erhebung der Zahlungsklage die unmißverständliche Erklärung liegen, daß eine Mieterhöhung geltend gemacht wird.
Aus dem Urteil im zweiten Fall folgt, daß nach umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen Vermieter „Bücher schreiben” müssen, um eine Mieterhöhung zu begründen. Entgegen der bisher herrschenden Meinung (Sternel III 805) muß der Vermieter begründen, warum er die Baumaßnahme als Modernisierung wertet; alsdann sind Instandsetzungskosten zu berechnen und abzuziehen. Die verbleibenden Modernisierungskosten sind nach Gewerken aufzuschlüsseln, wobei auch das nicht reicht, da auch eine Aufschlüsselung für die einzelnen Modernisierungsmaßnahmen nötig ist (LG Potsdam WuM 2000, 553). Die bloße Angabe „Elektrikerarbeiten” reicht also nicht. Ob das noch mit dem Zweck des § 3 MHG, nämlich Modernisierungsmaßnahmen zu fördern, vereinbar ist, erscheint fraglich. Auch der Mieterschutz wird dadurch in sein Gegenteil verkehrt, denn welcher Durchschnittsmieter versteht noch eine Erhöhungserklärung, die aus 20 DIN-A-4-Seiten oder mehr besteht? Eine praktikable Handhabung läßt sich vielleicht aus dem Begriff der Schlüssigkeit ableiten, der hier immer wieder zitiert wird. Aufgrund der Erläuterung zur Mieterhöhung soll sich der Mieter darüber schlüssig werden, ob das Verlangen des Vermieters bei überschlägiger Berechnung nicht zu beanstanden ist (LG Köln WuM 1989, 579). Im Zivilprozeß genügt für einen schlüssigen Vortrag das grobe Sachverhaltsraster ohne konkrete Einzelheiten. Je nach Vortrag der Gegenseite muß dann allerdings der Kläger seine Angaben ergänzen (BGH NJW 1999, 1404), so daß eine schlüssige Klage unschlüssig werden kann. Überträgt man diese Grundsätze auf das Mietrecht, sollte sich der Vermieter zunächst mit groben Angaben begnügen dürfen, die dann allerdings bei Einwendungen des Mieters zu ergänzen sind.
LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2000 - 64 S 1/00 - Wortlaut GE 1/2001, Seite 58
LG Berlin, Urteil vom 14. November 2000 - 64 S 265/00 - Wortlaut GE 1/2001, Seite 59