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Weg mit den Schrebergärten?
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18.05.2018 (GE 09/2018, S. 534) Der Berliner Tagesspiegel bezeichnet sich in seiner Eigenwerbung als Berlins Zeitung mit den meisten Immobilieneigentümern – 41 % der Leser hätten Immobilieneigentum. Das ist fast doppelt so viel wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 59 % der Leser keine Immobilieneigentümer sind. Ob das allerdings dazu zwingt, immer wieder ein Zerrbild dieser nicht gerade kleinen Lesergruppe zu malen und sie ziemlich pauschal als gierig, Miethaie, Mieterverdränger, Herausmodernisierer zu verunglimpfen, steht auf einem anderen Blatt.
Wenn man als Immobilienmensch im Tagesspiegel zur Wohnungspolitik etwas lesen will, was wenigstens halbwegs mit der Realitätswahrnehmung aus der Sicht der Wohnungswirtschaft übereinstimmt, muss man wohl große Anzeigen schalten, wie das im April der Projektentwickler Arne Piepgras gemacht hat, der in einer viertelseitengroßen Anzeige – Kosten lt. Mediadaten rund 10.000 € (der Interventionistischen Linken gab Tagesspiegelredakteur Ralf Schönball für ihre kruden Ideen denselben Platz kostenlos) – einen offenen Brief an Bausenatorin Katrin Lompscher veröffentlicht hat, in dem er mit dem ganzen Berliner Politirrsinn und seinem verkrusteten Denken abrechnet: dass mit Millionen und Abermillionen an Steuergeldern Vorkaufsrechte ausgeübt werden, wodurch keine einzige neue Wohnung entsteht, anstatt die günstige Situation zu nutzen und zu bauen, was das Zeug hält, und zwar auf den denkbar günstigsten Flächen: den Kleingärten in der Stadt, für deren Fortbestand die damaligen Beweggründe des Namensgebers Dr. Moritz Schreber längst keine argumentative Basis mehr liefern. 30 Mio. m2 nehmen, so Piepgras‘ Rechnung, die Laubenpieper in Beschlag, zwei Drittel davon in Landesbesitz. Auf den städtischen 20 Mio. m2 könne man mit einer GFZ von 2,0 rund 30 Mio. Nettowohnfläche bauen – bei einer Durchschnittsgröße von 75 m2 wären das 400.000 Wohnungen in der Stadt, die man preiswert zum Kauf oder zur Miete anbieten könnte. Und Piepgras fragt, ob das gerecht sei, dass am Ende hunderttausende Berliner wegen der steigenden Mieten ins Umland ausweichen müssten statt einiger tausend Laubenpieper. So viel Vernunft verkraftet die Berliner Politik nicht. Kleingärten waren immer Tabugelände, weil die Laubenpieper als verlässliche Stimmenlieferer für die SPD sakrosankt sind. Kleingärten stehen, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller kürzlich erklärt hat, für Wohnungsbau nur dann zu Disposition, wenn sie privaten Gesellschaften gehören. „Keine vergleichbare Metropole hat eine so große Anzahl an privat nutzbaren Gärten im unmittelbaren Einzugsbereich der Innenstadt“, freut sich die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Regine Günther, auf ihrer Internetseite. Und keine vergleichbare Metropole geht so verschwenderisch mit ihren Flächenressourcen um: In Paris leben 21.000 Einwohner pro km2, in Barcelona 16.000, in Kopenhagen 7.100 und in Berlin 4.000.
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