Archiv / Suche
Mietpreisüberhöhung
Kein Bestandsschutz für "geheilte" Vereinbarung
18.12.2000 (GE 24/2000, 1665) Überschreitungen der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 % können unwirksam sein. Die Folgen eines im Laufe der Jahre schwankenden Mietzinsniveaus sind umstritten.
Der Fall: Der Vermieter hatte unter Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum eine überhöhte Miete im Sinne des § 5 WiStG verlangt. Später war die ortsübliche Vergleichsmiete gestiegen, so daß nach der Rechtsprechung des Kammergerichts die an sich teilnichtige Mietzinsvereinbarung wirksam geworden war. Als dann aber die Mietspiegelwerte wieder sanken, berief sich der Mieter auf erneut eingetretene Nichtigkeit, während der Vermieter meinte, die wirksam gewordene Mietzinsvereinbarung genieße Bestandsschutz.
Das Urteil: Der Vermieter konnte sich zum Bestandsschutz auf die Meinung von drei Mietberufungskammern des Landgerichts Berlin berufen. Die 62. Kammer war in ihrem Urteil vom 10. Februar 2000 allerdings anderer Meinung. Wenn eine Mietvereinbarung bis zu einer gewissen Höhe geheilt worden sei, heiße das nicht, daß sie durch spätere Veränderungen (erneute Senkung des Mietenniveaus) nicht wiederum gesetzeswidrig werden könnte. Der Tatbestand des § 5 WiStG greife bei jeder Geltendmachung des monatlichen Mietzinszahlungsanspruchs ein. Auch dann, wenn zu diesem Zeitpunkt keine Mangellage mehr bestanden habe, bleibe es bei der Unwirksamkeit der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung, die noch unter Ausnutzung eines geringen Angebots getroffen wurde.
Kommentar: Das Urteil ist nicht nur in formeller Hinsicht angreifbar, denn hier wäre auf jeden Fall eine Vorlage an das Kammergericht zum Erlaß eines Rechtsentscheids geboten gewesen. Die 64. Kammer des Landgerichts Berlin hat denn auch in ihrem Vorlagebeschluß vom 24. November 2000 - 64 S 267/00 - die Rechtsfrage dem Kammergericht vorgelegt. Auch materiell ist die Auffassung der 62. Kammer nicht haltbar. Zwar muß bei Verknüpfung einer Konstante (20 %) mit einer Variablen (ortsübliche Vergleichsmiete) das Ergebnis immer variabel sein, also die Schwankungen im Mietpreisniveau mitmachen. Allerdings kommt hinzu, daß § 5 Wirtschaftsstrafgesetz zwei Tatbestandsvoraussetzungen hat. Wenn, was man vertreten kann, die Meßlatte des § 5 WiStG bei jeder monatlichen Mietzahlung angelegt werden muß (anders mit beachtlichen dogmatischen Argumenten Bohnert, Ordnungswidrige Mietpreisüberhöhung, Seite 21 ff., 75 ff.), dann bitte nicht nur die Miete als Variable, sondern auch die Entwicklung des Wohnungsmarktes als solche behandeln. Im Klartext: Auch bei rechnerisch überhöhten Mieten liegt kein Verstoß gegen § 5 WiStG vor, wenn zum Zeitpunkt der rechnerischen Überhöhung wegen der Lage auf dem Wohnungsmarkt keine Knappheitssituation ausgenutzt werden kann.
LG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2000 - 62 S 359/99 - Wortlaut GE 24/2000 Seite 1686
Das Urteil: Der Vermieter konnte sich zum Bestandsschutz auf die Meinung von drei Mietberufungskammern des Landgerichts Berlin berufen. Die 62. Kammer war in ihrem Urteil vom 10. Februar 2000 allerdings anderer Meinung. Wenn eine Mietvereinbarung bis zu einer gewissen Höhe geheilt worden sei, heiße das nicht, daß sie durch spätere Veränderungen (erneute Senkung des Mietenniveaus) nicht wiederum gesetzeswidrig werden könnte. Der Tatbestand des § 5 WiStG greife bei jeder Geltendmachung des monatlichen Mietzinszahlungsanspruchs ein. Auch dann, wenn zu diesem Zeitpunkt keine Mangellage mehr bestanden habe, bleibe es bei der Unwirksamkeit der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung, die noch unter Ausnutzung eines geringen Angebots getroffen wurde.
Kommentar: Das Urteil ist nicht nur in formeller Hinsicht angreifbar, denn hier wäre auf jeden Fall eine Vorlage an das Kammergericht zum Erlaß eines Rechtsentscheids geboten gewesen. Die 64. Kammer des Landgerichts Berlin hat denn auch in ihrem Vorlagebeschluß vom 24. November 2000 - 64 S 267/00 - die Rechtsfrage dem Kammergericht vorgelegt. Auch materiell ist die Auffassung der 62. Kammer nicht haltbar. Zwar muß bei Verknüpfung einer Konstante (20 %) mit einer Variablen (ortsübliche Vergleichsmiete) das Ergebnis immer variabel sein, also die Schwankungen im Mietpreisniveau mitmachen. Allerdings kommt hinzu, daß § 5 Wirtschaftsstrafgesetz zwei Tatbestandsvoraussetzungen hat. Wenn, was man vertreten kann, die Meßlatte des § 5 WiStG bei jeder monatlichen Mietzahlung angelegt werden muß (anders mit beachtlichen dogmatischen Argumenten Bohnert, Ordnungswidrige Mietpreisüberhöhung, Seite 21 ff., 75 ff.), dann bitte nicht nur die Miete als Variable, sondern auch die Entwicklung des Wohnungsmarktes als solche behandeln. Im Klartext: Auch bei rechnerisch überhöhten Mieten liegt kein Verstoß gegen § 5 WiStG vor, wenn zum Zeitpunkt der rechnerischen Überhöhung wegen der Lage auf dem Wohnungsmarkt keine Knappheitssituation ausgenutzt werden kann.
LG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2000 - 62 S 359/99 - Wortlaut GE 24/2000 Seite 1686