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Wohnfläche
Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Irrtum
18.12.2000 (GE 24/2000, 1664) Nach einem (durchaus zweifelhaften) Rechtsentscheid des OLG Dresden ist der Mieter nicht zur Minderung berechtigt, wenn die Wohnung kleiner ist als im Vertrag angegeben. Für das Mieterhöhungsverfahren spielt die Frage aber doch eine Rolle.
Der Fall: Der Vermieter hatte vom Voreigentümer die unrichtigen Flächenangaben aus dem Mietvertrag übernommen und darauf seine Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG gestützt, denen der Mieter zustimmte. Später verlangte er unter Berufung auf die tatsächlich kleinere Wohnfläche Rückzahlung des entsprechenden Mietzinses. Auf den Vorlagebeschluß des LG Hamburg hatte das OLG Hamburg den Erlaß eines Rechtsentscheides abgelehnt (GE 2000, 743) und auf den Rechtsentscheid des OLG Dresden verwiesen.

Das Urteil: Das Landgericht Hamburg stützt sich in seinem Urteil vom 13. Oktober 2000 auf die Auffassung der Obergerichte, wonach die Gewährleistungsregeln der §§ 537 ff. BGB nicht eingreifen. Dann ist der Weg frei für die Anwendung allgemeiner Schadensersatz- und Vertragsanpassungsvorschriften. Für ein Mieterhöhungsverfahren (auch auf einseitige Mieterhöhungen oder Betriebskostenabrechnungen dürfte das zutreffen), ist auch nach Auffassung des LG Hamburg die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich, so daß die Kammer über Treu und Glauben (Wegfall der Geschäftsgrundlage) einen Anpassungsanspruch des Mieters auf Senkung der Mieterhöhungsbeträge bejaht, und zwar auch für die Vergangenheit.

Kommentar: Das Ergebnis erscheint sachgerecht, wenn auch die Begründung mit Treu und Glauben für den Juristen stets nur den letzten Rettungsanker darstellt. Folgerichtig wäre es dann auch, bei einem beiderseitigen Kalkulationsirrtum (wie in dem vom LG Hamburg entschiedenen Fall) einen Erhöhungsanspruch des Vermieters zumindest für die Zukunft zu bejahen, wenn die Wohnfläche tatsächlich größer ist als im Vertrag und den Mieterhöhungserklärungen angegeben. Eine solche Auffassung wird allerdings unter Hinweis auf § 1 Satz 3 MHG bisher von niemandem vertreten. Überzeugender wäre es in der Begründung, wenn die Rechtsprechung sich der Erkenntnis nicht länger verschließen würde, daß eine zu kleine Wohnung nicht nur im Kaufrecht einen Mangel darstellt, sondern auch im Mietrecht (vgl. Kraemer NZM 1999, 156; WuM 2000, 522). Dazu wäre allerdings ein Rechtsentscheid des BGH nötig.
LG Hamburg, Urteil v. 13. Oktober 2000 - 311 S 184/99 - Wortlaut GE 24/2000, Seite 1688