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Immobilienverkauf
Haftung für unrichtige Beratung
18.12.2000 (GE 24/2000, 1660) Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftung kann eine unrichtige oder unvollständige Angabe in einem Immobilien-Vertriebsprospekt einen Schadensersatzanspruch des Immobilienkäufers begründen. Auch bei fehlendem Prospekt muß ein Projektplaner für unrichtige Finanzierungsberechnungen eines eingeschalteten Vermittlers einstehen. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs wird vor allem Geschädigten helfen, die von einer Unternehmensgruppe aufs Kreuz gelegt wurden.
Der Fall: Die Beklagte war als Mitglied einer „Unternehmensgruppe“ Projektplanerin für den Umbau eines ehemaligen Mädchenwohnheims in eine Eigentumswohnungsanlage. Ein anderes Mitglied der Unternehmensgruppe schloß für den Bauträger Kaufverträge ab, bei denen auch ein „Wirtschaftlichkeitsberater“ potentiellen Käufern eine von der Gruppe ausgearbeitete Immobilienberechnung vorlegte. Es kam zum Abschluß eines Kaufvertrages, bei dem die Käufer ohne Eigenkapital den gesamten Kaufpreis finanzierten, unter anderem in der Hoffnung auf eine Mietgarantie, die nicht eingehalten wurde.

Das Urteil: Mit Urteil vom 15. Juni 2000 bejahte der Bundesgerichtshof eine Schadensersatzpflicht der Projektplanerin als Mitglied der Unternehmensgruppe aus positiver Vertragsverletzung, da sie für die unrichtige Beratung einstehen müsse. Wer als „Unternehmensgruppe“ im Rechtsverkehr auftrete, dürfe die tatsächlichen Verhältnisse nicht verschleiern. Eine Unternehmensgruppe ist eine juristische Person; im Zweifel haften alle Mitglieder der Gruppe für eine Vertragsverletzung aus unrichtiger Beratung. Dem könnten sie sich auch nicht dadurch entziehen, daß sie einen selbständigen Vermittler einschalteten. Ein formularmäßiger Ausschluß der Haftung aus der Immobilienberechnung sei nach dem AGB-Gesetz unwirksam, da für eine Kardinalpflicht die Haftung nicht ausgeschlossen werden kann.

Fazit: Das Urteil ist ein Beitrag zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Wer als Unternehmensgruppe geschäftlich tätig wird, darf sich nicht später im Rechtsstreit darauf zurückziehen, daß nur eine bestimmte juristische Person aus der Gruppe zuständig gewesen sei. Käufer sollten sich allerdings nicht blind auf das Urteil verlassen, denn der Fall ist, ohne daß der BGH das angesprochen hätte, ein Musterbeispiel für ein Mitverschulden nach § 254 BGB. Ein Immobilienkauf ohne Eigenkapital ausschließlich durch Kredit finanziert, mag für Bauspekulanten erwägenswert sein, nicht jedoch für einen normalen Käufer. Bisher ist allerdings die Rechtsprechung überwiegend der Auffassung, daß das Vertrauen auf eine unrichtige Auskunft so geschützt ist, daß der Einwand des Mitverschuldens nicht berechtigt sei.
BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 - III ZR 305/98 - Wortlaut GE 24/2000, Seite 1682