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Fehlender Balkon ist auch beim Denkmal wohnwertmindernd
Solange der Anbau nicht zumindest vergeblich versucht wurde
23.05.2016 (GE 09/2016, S. 561) Ein fehlender Balkon ist nach der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2015 auch in einem denkmalgeschützten Gebäude wohnwertmindernd zu berücksichtigen, sofern der Vermieter nicht nachvollziehbar – etwa durch Nachweis vergeblicher Bemühungen um eine entsprechende Baugenehmigung oder durch eine abschlägig beschiedene Bauvoranfrage – vorträgt, dass ein Balkonanbau aus baulichen oder rechtlichen Gründen unmöglich oder unzulässig ist, so das Landgericht Berlin.
Der Fall: Die Klägerin (Vermieterin) verlangt von den Beklagten (Mieter) Zustimmung zur Mieterhöhung. Das Amtsgericht hatte antragsgemäß verurteilt, die Berufung der Mieter war in Teilen erfolgreich. Beide Parteien hatten im Prozess keine Einwände gegen die Anwendung des Berliner Mietspiegels 2015 vorgetragen.

Das Urteil: Ob der Berliner Mietspiegel 2015 ein qualifizierter sei, könne in diesem Falle dahingestellt bleiben, weil beide Parteien keine Einwände und Zweifel gegen den Mietspiegel vorgebracht hätten. Die ortsübliche Einzelvertragsmiete könne deshalb unter Anwendung der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel als Schätzgrundlage ermittelt werden.
Zu den im Einzelnen strittigen Merkmalen der Orientierungshilfe kam das Gericht zu folgenden Ergebnissen:


1. Der fehlende Balkon sei sehr wohl wertmindernd zu berücksichtigen. Die Vermieterin könne sich nicht darauf berufen, dass ein Balkon aus baulichen oder rechtlichen Gründen unmöglich sei, nur weil sich das Gebäude in einem denkmalgeschützten Ensemble befinde. Auch unter Aspekten des Denkmalschutzes sei der Anbau eines Balkons – beispielsweise auf der Gebäuderückseite – nicht von vornherein ausgeschlossen. In einem solchen Fall müsse der Vermieter mehr vortragen, beispielsweise, dass er sich um eine Baugenehmigung vergeblich bemüht habe, oder dass er eine abschlägig beschiedene Bauvoranfrage vorlegen könne.
2. Die Wohnung der Mieter sei zwar mit einem Breitbandkabelfluss ausgestattet, der auch die technischen Voraussetzungen für die Rückkanalfähigkeit erfülle. Das alleine reiche, entgegen den Entscheidungen einiger Amtsgerichte, nicht für eine Wohnwerterhöhung aus. Erforderlich sei vielmehr, dass der Mieter den Rückkanal nutzen könne, ohne dafür mit einem Dritten einen Vertrag abschließen zu müssen. Es komme dagegen nicht darauf an, ob die Rückkanalfähigkeit (also z. B. die Nutzung von Telefon- und Internetdiensten oder weiteren Fernsehprogrammen) für den Mieter kostenfrei sei oder er dafür an den Vermieter ein Entgelt, gegebenenfalls auch Betriebskosten zu zahlen habe.
3. Das Negativmerkmal eines schlechten Instandhaltungszustandes liege nicht vor. Die von den Mietern eingereichten Fotos dokumentierten zwar keinen optimalen, aber auch keinen überdurchschnittlich schlechten Instandhaltungszustand des Gebäudes. Auch die leichte Feuchtigkeit im Keller führe zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend handele es sich um einen Altbau, dessen Keller auch in einem ordnungsgemäßen Zustand zur Papierlagerung weder geeignet noch vorgesehen sei.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 591 und in unserer Datenbank)


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